Puck auf dem Eis © Solovyova / iStock / Getty Images
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Bewegung Statt Bettruhe

DER KAMPF UM DEN PUCK

Eishockey kann gefährlich sein: Die Spieler fahren mit Karacho ineinander, bekommen den harten Puck gegen den Körper oder den Schläger vor den Kopf. Trotz Schutzkleidung kommt es mitunter zu Verletzungen.

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Eishockey gilt als härteste, schnellste, brutalste und kälteste Mannschaftssportart der Welt. Sie findet auf einer 60 Meter langen und 30 Meter breiten Eisfläche mit starrer Spielfeldbegrenzung statt, auf der zwei Teams, bestehend aus je fünf Feldspielern und einem Torwart, versuchen, den Puck in das gegnerische Tor zu befördern. Üblicherweise beträgt die Spielzeit dreimal 20 Minuten, wobei die Uhr bei jeder Unterbrechung stoppt und ein Spiel somit auch mal bis zu zweieinhalb Stunden andauern kann. Eishockey ist nicht nur ein schneller, sondern auch ein körperbetonter Sport, bei dem es zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen den Spielern kommt.

Sogenannte Bodychecks, bei denen man den Gegner seitlich abdrängt, um an den Puck zu gelangen, sind erlaubt. Verstöße wie High-Sticking (Spieler verwendet den Stock über der Schulterhöhe oder über der Querlatte eines Tores) sowie der Cross Check (der Check findet mit dem Eishockey-Schläger in waagerechter Position statt) sollten vom Schiedsrichter geahndet werden. Die Wintersportart ist sehr anstrengend und erfordert ein hohes Maß an Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer sowie eine möglichst rasche Regenerationsfähigkeit. Lassen die Kondition und Konzentration im Verlauf des Matches nach, nimmt die Verletzungshäufigkeit überproportional zu. Ungefähr 80 Prozent der Verletzungen im Eishockey sind akut, während die restlichen 20 Prozent aus Überlastungsschäden resultieren.

Prävention durch geeignetes Material Beim Eishockey tragen die Spieler eine Schutzausrüstung, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt. Die untere Schicht, die am Körper liegt, besteht aus Schwitzwäsche, einer Halskrause, einem Mund-, Bein- und Brustschutz sowie aus einem Tiefschutz, der die Geschlechtsorgane schützt. Zu den sichtbaren Teilen der Ausrüstung gehören der Helm mit Gitter oder Visier, kurze, gepolsterte Hosen, Stutzen, das Trikot und Handschuhe.

In Deutschland müssen Frauen und Spieler unter 18 Jahren einen Helm mit Gitter tragen, danach dürfen männliche Spieler selbst entscheiden, ob sie dabei bleiben oder die Variante mit Visier wählen. Da der Eishockeytorwart besonderen Belastungen in Form von scharfen Torschüssen ausgesetzt ist, trägt er einen Brustpanzer, höhere Beinschoner, eine Halskrause, einen Spielerhelm mit Gitter oder einen besonderen Kopf- und Gesichtsschutz für Torhüter. Jeder Spieler benötigt neben der Schutzausrüstung Schlittschuhe und einen Schläger, der Torwart verwendet einen speziellen Torwartschläger, einen Stock- und einen Fanghandschuh.

Gewalt im Eishockey Insbesondere in Amerika werden bei Eishockeyspielen heftige Schlägereien geduldet, teilweise sind sie von Profis und Fans sogar erwünscht. In der NHL scheint es sogar Spieler zu geben, die wegen ihrer „Schlagfertigkeit“ Angebote von Vereinen erhalten. Diese Spieler werden als Enforcer bezeichnet und haben die Funktion, durch Bodychecks oder provozierte Schlägereien den Spielfluss des gegnerischen Teams zu stören und die Stürmerstars aus der eigenen Mannschaft zu beschützen. Verletzungen wie Gehirnerschütterungen, Schwellungen im Gesicht oder ausgekugelte Schultern sind im Rahmen von Eishockey-Spielen daher keine Seltenheit.

Beben im Kopf Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Kämpfe in der NHL zu Hirnschäden führen können. Der Eishockeyspieler Derek Boogaard beendete im Jahre 2011 sein Leben durch Suizid. Nach seinem Tod stellte sich heraus, dass er im fortgeschrittenen Stadium an einer chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE), auch als Boxer-Syndrom bekannt, litt. Die Erkrankung tritt als mögliche Langzeitfolge nach leichten Schädel-​Hirn-Traumata inklusive Gehirnerschütterungen auf und geht mit Depressionen, Demenz-Symptomen in Form von kognitiven Einbußen, starken Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen einher.

Zwei weitere Enforcer der National Hockey League (Rick Rypien und Wade Belak) suizidierten ebenfalls im Jahr 2011 aufgrund von Depressionen, sodass die Spielerrolle stark in die Kritik geriet. Auch der frühere deutsche Eishockey-Profi und Nationalspieler Stefan Ustorf spürt die Spätfolgen seiner Gehirnerschütterungen täglich und zwar in Form von Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen. Seine Ärzte vermuten, dass er während seiner Karriere etwa 20 bis 25 Gehirnerschütterungen erlitten habe und es sehr wahrscheinlich sei, dass er auch an CTE erkranke. Jetzt hat Ustorf es sich zur Aufgabe gemacht, Aktive für die Gefahr, die von Kopfverletzungen ausgeht, zu sensibilisieren.

Schnelltest Der Mannschaftsarzt sollte nach einem Zusammenprall bei den betroffenen Sportlern rasch eine Diagnostik durchführen, indem er sie mit einfachen Fragen wie „Welcher Tag ist heute? Welches Spiel findet gerade statt? In welchem Drittel befinden wir uns?“ konfrontiert. Beim ersten Check stellt er Personen mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung auf ein Bein, während sie die Augen schließen, den Finger mit ausgestrecktem Arm zur Nase führen und dabei die Monate rückwärts aufzählen. Wird eine Gehirnerschütterung diagnostiziert, ist erst einmal Ruhe angezeigt: Spieler sollten sich zur Regeneration ausreichend Zeit nehmen bevor sie aufs Eis zurückkehren, um Spätfolgen zu vermeiden. Zu Schnitt- und Platzwunden kommt es zum Beispiel, wenn ein Spieler an einer ungeschützten Stelle von einem Puck getroffen wird.

Dieser kann durch einen kräftigen Schlag eine Geschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern (km/h) erreichen. Die Wunden können häufig vor Ort versorgt oder genäht werden, sodass der Sportler gleich weiterspielen kann. Durch Stockschläge oder durch den Aufprall gegen die Bande entstehen trotz Schulterprotektoren und gepolsterter Handschuhe mitunter Brüche, Prellungen, Kapsel- oder Bänderrisse. Auch abgebrochene oder ausgeschlagene Zähne sind keine Seltenheit, wenn Spieler (zum Beispiel im Training) ihren Mundschutz nicht tragen. An den Beinen entstehen gelegentlich Kapsel-Bandverletzungen des Kniegelenks durch ein sogenanntes Valgustrauma, eine Abspreizbewegung des Unterschenkels bei fixiertem Oberschenkel.

Fair Play Eine wichtige Präventionsmaßnahme zur Vermeidung von Verletzungen ist die Umsetzung der Spielregeln, damit es möglichst zu wenigen Kollisionen kommt. Eine entscheidende Rolle ist in diesem Zusammenhang dem Schiedsrichter zuzuschreiben, der unbedingt auf eine korrekte Regelausführung achten und bei Verstößen hart durchgreifen sollte. Bedeutsam zur Prophylaxe von Muskelverletzungen und Langzeitschäden ist eine ausgiebige Aufwärmphase vor dem Training sowie vor dem Wettkampf.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/19 ab Seite 126.

Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin

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