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Säuglinge und Kleinkinder

DER GROSSE DURCHBRUCH

Bei vielen Säuglingen erfolgt der Zahndurchbruch nahezu schmerzlos, bei anderen geht das Zahnen mit großem Quengelalarm, Schreiattacken und schlaflosen Nächten einher. Wie können die Eltern helfen?

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Die Entwicklung der Zähne beginnt schon im Mutterleib. Während der Schwangerschaft entstehen im Gaumen die Zahnknospen, aus welchen später die Milchzähne hervorgehen. Das Wachstum der Zähne im Kiefer erfolgt dann schubweise, und schon lange bevor sie sich zeigen, kann es bei manchen Kindern zu Zahnungsbeschwerden kommen. Die damit verbundenen Symptome sind von Kind zu Kind und von Zahn zu Zahn unterschiedlich.

Der erste Zahn Er ist ein großes Ereignis und wird von den Eltern meist sehnlichst erwartet. Den Durchbruch der Zähne kann man aber nicht beschleunigen. Der Zeitpunkt des Zahnens ist individuell verschieden. Da er genetisch festgelegt ist, zahnt der eine früher, der andere später. Eines von 2000 Babys wird bereits mit einem Zahn geboren. Andere Säuglinge müssen bis zum ersten Geburtstag auf ihn warten. Meistens zeigt sich die erste weiße Zahnspitze zwischen dem sechsten und neunten Lebensmonat. Zuerst schieben sich die zentralen Schneidezähne im Unter- und Oberkiefer durch, danach kommen die ersten großen Backen- sowie die Eckzähne und später folgen die zweiten großen Backenzähne. Etwa um den dritten Geburtstag herum ist das Milchgebiss mit 20 Zähnen vollständig.

Typische Symptome Bevor es zum Durchbruch des Zahns und somit zum Reißen der Schleimhaut kommt, schwillt das Zahnfleisch an, ist gerötet und gereizt. Typischerweise ist das Kind dann unruhiger als sonst, leicht reizbar und quengelig, da schon zu diesem Zeitpunkt Schmerzen möglich sind. Auffällig ist zudem das Bedürfnis des Säuglings, seine Finger oder die ganze Faust ständig in den Mund zu stecken und darauf herum zu kauen.

Zugleich zeigt ein vermehrter Speichelfluss, dass sich der erste Zahn seinen Weg bahnt. Vom vielen Sabbern kann das Kind einen roten Hautausschlag auf dem Kinn bekommen. Breitet er sich weiter aus, können sich auch die Bäckchen stark röten. Wenn die Zähne endlich durch das Zahnfleisch stoßen, sind so starke Schmerzen möglich, dass sie sogar bis in die Ohren strahlen. Meist ist der Durchbruch der scharfen und flachen Schneidezähne aber weniger schmerzhaft als das Hervortreten der Backenzähne, die eine viel größere Fläche haben.

Achtung bei „Zahnungsfieber“ Manchmal wird das Zahnen von einer erhöhten Temperatur begleitet. Steigt das Thermometer aber auf Werte über 38,5°C, dann sind das in der Regel keine normalen Zahnungsbeschwerden mehr. Fieber lässt sich gewöhnlich nicht auf den Durchbruch der Zähne selber zurückführen. Vielmehr kommt es durch die körperliche Belastung beim Zahnen zu einer Schwächung der kindlichen Immunabwehr. Damit steigt die Infektanfälligkeit des Säuglings und es kann sich begleitend eine fieberhafte Erkrankung entwickeln. Bei Fieber ist daher immer der Kinderarzt zu konsultieren, damit dieser die eigentliche Ursache für die erhöhte Körpertemperatur diagnostiziert und eine eventuell notwendige Behandlung einleiten kann.

Kauen tut gut Kinder bekämpfen ihre Schmerzen beim Zahnen bereits selber, indem sie ihre Hand in den Mund nehmen und darauf herum beißen. Durch das Kauen erzeugt der Säugling einen Gegendruck, der seine Zahnungsschmerzen lindert. Unterstützen können die Eltern dies, indem sie ihm einen Beißring oder etwas Hartes zum darauf Herumkauen anbieten. Diese Dinge müssen natürlich speichelecht und ungiftig sein. Besonders wirkungsvoll sind kalte Gegenstände, die allerdings nur im Kühlschrank gekühlt und nicht im Gefrierschrank gefroren sein dürfen, damit die Schleimhaut nicht daran festkleben bleibt und abreißt.

Oftmals wird auch der Tipp genannt, dem Kind Karotten, Äpfel oder Brotkanten zu geben. Dabei besteht jedoch die Gefahr des Verschluckens, zudem kann der unter Umständen in den Nahrungsmitteln enthaltene Zucker Karies auslösen. Veilchenwurzeln, die früher oft empfohlen wurden, haben den Nachteil, dass sie bakteriell belastet sein können. Daher muss ihre Abgabe immer mit dem Hinweis auf regelmäßiges Auskochen erfolgen. Manchmal verschafft es dem Säugling bereits ausreichende Linderung, wenn die Eltern mit einem Finger über den geschwollenen Gaumen reiben.

Hilfe aus der Apotheke Reichen verstärktes Kauen oder eine Zahnfleischmassage zur Schmerzbekämpfung nicht aus, hilft es, die Zahnleiste mehrmals täglich mit lokalanästhetischem Nelkenöl oder entzündungshemmenden Kamillen- oder Salbeiteeauszügen zu betupfen. Möglich ist auch das Auftragen antiseptischer Zahngele, die zusätzlich ein Lokalanästhetikum wie Lidocain enthalten. Allerdings haften diese in der feuchten Mundhöhle nicht gut, sodass der lokalanästhetische Effekt meist nur von kurzer Dauer ist. Zu beachten ist außerdem, dass die Zubereitungen höchstens zwei- bis dreimal täglich angewendet werden dürfen.

Ein Tipp an die Eltern ist, diese Zubereitungen dem Säugling nicht direkt vor dem Stillen zu applizieren, da nicht nur der Gaumen, sondern auch die Zunge des Säuglings betäubt werden kann. Das erschwert dem Säugling dann das Saugen, sodass er nicht mehr in der Lage ist richtig zu trinken. Sind die Schmerzen besonders stark, können auch kurzfristig Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen in altersentsprechenden Dosierungen verabreicht werden. Homöopathisch sind die Einzelmittel Belladonna, Chamomilla, Magnesium phosphoricum und Pulsatilla Mittel der Wahl. Bewährt haben sich auch Kombinationspräparate, die als Globuli, Zäpfchen oder Tropfen zur Verfügung stehen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 76.

Gode Chlond, Apothekerin

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