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Psychische Störungen

DER GEIST AUF ABWEGEN

Schizophrene haben massive Störungen des Verhaltens, Denkens und der Emotionen. Betroffene leiden unter Wahnvorstellungen und treten oft aus dem sozialen Leben zurück.

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Das Wort Schizophrenie kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „gespaltene Seele”. Der Begriff beschreibt dabei aber keine einzelne, eng umschriebene Erkrankung, sondern ist ein Oberbegriff für eine Reihe von Störungen, die mit Veränderungen im Bereich der Wahrnehmung und des Denkens einhergehen. Betroffene erfassen ihre Umwelt anders.

Sie haben einen veränderten Gefühlsausdruck und ein andersartiges emotionales Erleben. Es können Phasen auftreten, in denen ihr Denken ungeordnet ist und es zu ungewöhnlichen sprachlichen Äußerungen kommt. Die Erkrankung ist ernst, aber heutzutage gut behandelbar. Im ICD-10 ist sie unter F20 gelistet.

Diffuses Ich Man unterscheidet zwischen positiven und negativen Symptomen. Typisch positiv sind Halluzinationen. Häufig treten akustische Illusionen auf. Betroffene hören Stimmen, die Befehle aussprechen oder ihre Handlungen kommentieren, ohne dass tatsächlich jemand in ihrer Nähe redet. Ferner gehört die Wahnsymptomatik zu den Positivsymptomen. Dabei kommt es zu verkehrten oder verzerrten Beurteilungen der Realität. Patienten sind fest von etwas überzeugt, das nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Alle Fakten, die dies objektiv bestätigen, bringen sie nicht von ihrem Glauben ab.

Beim Verfolgungswahn zum Beispiel gehen die Personen davon aus, dass sie von anderen Menschen bedroht, überwacht oder eben verfolgt werden. In ihrer Wahrnehmung ist die Umwelt ihnen feindlich gesonnen. So können harmlose Menschen um sie herum zur Bedrohung werden. Beim Größenwahn erleben sich Betroffene als hervorstechende Persönlichkeiten mit besonderem Wert und übernatürlichen Fähigkeiten. Halluzinationen und Wahn sind wahrscheinlich die landläufig prominentesten Erscheinungen der Psychose. Erkrankte zeigen oft wirre Denk- und Sprechweisen: Sie reden am Gesprächspartner vorbei, unterbrechen die Kommunikation mitten im Satz oder äußern sich nur bruchstückhaft.

Zur schizophrenen Negativsymptomatik gehören eine Verarmung der Sprache und des Denkens, eine eingeschränkte Mimik und Gestik sowie verringerte Emotionen. Die Patienten stehen Ereignissen in ihrer Umwelt gleichgültig gegenüber. Auch ihr Antrieb ist reduziert. Betroffene wirken teilnahmslos, wenig gefühlsbetont und desinteressiert. Gelegentlich treten depressive Symptome auf.

Arten der Schizophrenie Aufgrund der Symptomatik kann man sie in verschiedene Typen einteilen. Bei der paranoiden Schizophrenie leiden Patienten vorwiegend unter Halluzinationen. Sie nehmen Stimmen wahr oder bemerken den Geruch giftiger Substanzen. Bei der hebephrenen Form (F20.1) stehen Denk- und Gefühlsstörungen im Vordergrund.

Die katatone Schizophrenie (F20.2) kennzeichnet sich durch Bewegungs- und Antriebsstörungen. Betroffene können erstarren, eigenartige Haltungen einnehmen oder zwanghaft Bewegungen anderer Personen imitieren. Die Schizophrenia simplex (F20.6) tritt schleichend im Erwachsenenalter ein. Die Personen erleben insbesondere die Negativsymptomatik. In schweren Fällen kann die dritte Form im Suizid enden.

Ursachen des Wahnsinns Bei der Entstehung werden verschiedene Faktoren diskutiert. Neben genetischen Einflüssen hat man festgestellt, dass auffällige Veränderungen im Bereich der Neurotransmitter im Gehirn eine Rolle spielen. Dopaminerge Nervenzellen sollen in bestimmten Bereichen über-, in anderen Arealen unteraktiv sein.

Aktuelle Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit den typischen Veränderungen im Gehirn. Sie können sowohl dessen Stoffwechsel als auch die Struktur oder Funktion betreffen. Körperliche Belastungen wie Krankheiten oder Stressoren aus der Umwelt wirken sich unter Umständen ungünstig auf einen Ausbruch der Schizophrenie aus.

Diagnose Anders als bei körperlichen Erkrankungen gibt es keine klaren biologischen Marker, die man messen könnte, um direkt eine Schizophrenie zu diagnostizieren. Vielmehr wird ein Psychiater oder Psychologe im Gespräch mit den Patienten deren Symptomatik explorieren und so zu einer entsprechenden Diagnose kommen. Es gibt standardisierte Klassifikations- und Diagnosesysteme, die genau festlegen, wie viele Symptome welcher Unterkategorie über welchen Zeitraum auftreten müssen, wenn die Krankheit besteht (ICD-10 oder DSM-IV).

Hilfe für das Gehirn Betroffene müssen dauerhaft von Fachärzten für Psychiatrie betreut werden, da es sich um eine chronische Erkrankung handelt. Fast immer findet gleichzeitig ein psychotherapeutisches Verfahren statt. Bei der medikamentösen Therapie werden typische und atypische Antipsychotika eingesetzt. Sie haben einen starken Effekt auf den Neurotransmitter Dopamin und wirken gegen die Positivsymptomatik. Häufig kommt es zu unerwünschten Begleiterscheinungen wie Benommenheit, Mundtrockenheit, Gewichtszunahme, emotionaler Abstumpfung, Ruhelosigkeit oder extrapyramidal-motorischen Störungen.

Haloperidol und Fluspirilen gehören zu den typischen Antipsychotika. Atypische Antipsychotika stellen eine Weiterentwicklung dieser anfänglichen Substanzen dar. Darunter fallen Wirkstoffe wie Clozapin, Sulpirid, Risperidon oder Olanzapin. Ihr Vorteil ist, dass sie weniger extrapyramidale Begleiterscheinungen aufweisen. Bei Bedarf werden zusätzlich Antidepressiva oder Tranquilizer verordnet. Die Auswahl der geeigneten Medikamente bleibt letztlich eine Einzelfallentscheidung des behandelnden Arztes.

Schizophrenie ist auch heutzutage eine schwere psychische Krankheit mit unterschiedlicher Prognose. Bei etwa einem Drittel der Patienten bildet sich die Psychose behandelt sowie unbehandelt komplett zurück. Der Rest der Betroffenen muss mit weiteren akuten Schüben oder im schlimmsten Fall mit schweren psychosozialen Beeinträchtigungen leben.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/12 auf Seite 76.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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