Wolfgang Amadeus Mozart © Georgios Kollidas / fotolia.com
© Georgios Kollidas / fotolia.com

Krankheiten berühmter Persönlichkeiten

DAS LETZTE REQUIEM

Wurde das Musikgenie Wolfgang Amadeus Mozart aus Neid, Hass oder einfach aus Versehen vergiftet? War die Medizin der Zeit einfach noch nicht soweit? Fragen, die gerade beim frühen Tod des Komponisten eine Rolle spielen.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Wolfgang Amadeus Mozart wurde nur 35 Jahre alt. Das frühe Ableben hat nicht nur Laien, sondern auch Musikhistoriker und Mediziner gerne zu Spekulationen verleitet: Nierenkrankheit- und versagen, Lues (Syphilis), gar Mord? Oder doch eher eine Hirnblutung als mögliche Todesursache, Fleckfieber, eine Herzerkrankung oder eine defekte Leber?

Krank auf Reisen Fakt ist nach Recherchen von Medizinern, die sich aus heutiger Zeit mit dem Thema beschäftigten: Mit sechs, sieben und acht Jahren litt Mozart an einem Katarrh, Erythema nodosum und starken Gelenkbeschwerden, vermutlich rheumatisches Fieber aufgrund einer schlecht ausgeheilten Knotenrose, mit neun Jahren Typhus abdominalis, im darauffolgenden Jahr erneut Katarrh und Gelenkbeschwerden, mit elf Jahren Pocken.

Mit vierzehn Jahren Kälteschäden der Hände, Katarrh, Zahnschmerzen, Schläfrigkeit, dies erneut mit 15 und 18 Jahren, mit 22 Jahren grippaler Infekt, mit 24 Katarrh, mit 27 Jahren die echte Grippe, mit 28 Jahren Koliken nach Erkältung, mit 34 Jahren „rheumatische“ Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Schlaflosigkeit, mit 35 „letzte Erkrankung“ und Tod. Eine zur damaligen Zeit durchaus übliche Krankengeschichte. Allerdings blieben auf den langen, stressigen Konzertreisen durch Europa, die der ehrgeizige Vater Leopold mit Sohn Wolfgang Amadeus und Tochter „Nannerl“ unternahm, um beide als „Wunderkinder“ zu präsentieren, viele Erkrankungen sicherlich unausgeheilt.

Allheilmittel Behandelt wurde zudem mit den üblichen Therapiegewohnheiten der damaligen Zeit, insbesondere Schwarzpulver und Markgrafenpulver. Beide Mittel gehörten zu den Standardmedikamenten vieler Ärzte und Apotheker und auch von Vater Leopold, der die medizinische Versorgung seiner Familie gerne persönlich in die Hand nahm.

Schwarzpulver „Pulvis epilepticus niger“ bestand aus unterschiedlichsten Bestandteilen, insbesondere Lindenholzkohle, Austernschalen, Elfenbein, Hirschhorn und Bernstein. Lange wurde es zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt, hatte auch den Ruf gegen Erkältungen, Übelkeit, Schmerzen aller Art zu helfen. 1774 wurde es allerdings aus den Arzneibüchern gestrichen – wegen „Wirkungslosigkeit“. Dies hielt Leopold und später auch den erwachsenen Wolfgang Mozart jedoch nicht davon ab, es sich trotzdem reichlich von Apothekern zubereiten zu lassen.

»Mord? Oder doch eher eine Hirnblutung als mögliche Todesursache, Fleckfieber, eine Herzerkrankung oder eine defekte Leber?«

Markgrafenpulver, das aus neun bis zehn Einzelbestandteilen zusammengemischt wurde, darunter Pfingstrosenwurzeln, die bei abnehmendem Mond ausgegraben wurden, Elfenbein, Eichenmisteln, Korallen und dem Farngewächs Elendsklaue, war wegen seiner breiten Indikationsmöglichkeiten bei Ärzten und Apothekern ähnlich beliebt. Das Besondere war allerdings seine Darreichungsform: Eingewickelt in ein Stückchen Blattgold wurde es wie eine vergoldete Pille heruntergeschluckt. Die Wirkung der Kräuter sollte dadurch deutlich verstärkt sein.

Gesichert ist nur, dass Blattgold beim Einnehmen keinen Schaden anrichtet und das Medikament sich durch diesen Zusatz gewaltig verteuerte. Sicher ist auch: Mozart hat zeitlebens bei seinen Leiden beide Pulverzubereitungen reichlich und sicherlich auch häufig überdosiert zu sich genommen.

Die „letzte Erkrankung“ Nichtsdestotrotz: Am 15. Juli 1791, einem heißen Wiener Sommertag, erhielt Mozart von einem ominösen Mann in grauem Mantel und grauer Kapuze, sodass das Gesicht nicht zu erkennen war, den Auftrag ein Requiem, eine Todesmesse zu komponieren. Mozart war irritiert, fürchtete, dass man ihm nach dem Leben trachtete, sein Ende bevorstand.

Tatsächlich war der Komponist fünf Monate später tot, das Requiem blieb von ihm unvollendet. Und seitdem ranken sich zahlreiche Legenden um seinen Tod und die Rolle, die der „Mann in Grau“ dabei gespielt hat. Mit dem Musiker ging es im Herbst des Jahres 1791 körperlich immer stärker bergab. Ab dem 20. November konnte Mozart sein Bett nicht mehr verlassen, er hatte hohes Fieber, Schmerzen am Leib, extrem geschwollene Arme und Beine.

Behandelt wurde er von zwei Ärzten: Thomas Franz Closset und Mathias von Sallaba, Letzterer ein „Experte für Vergiftungen“ in der damaligen Zeit. Die Ärzte waren sich jedoch weder über das Leiden, das sie laut der wenigen vorhandenen Unterlagen „hitziges Frieselfieber“ oder auch „rheumatisches Entzündungsfieber“ nannten, noch über die Behandlungsstrategie einig. Von seinen Ärzten, die der I. Wiener Medizinischen Schule verpflichtet waren, wurden ihm neben einigen Drogen Salze von Quecksilber (Sublimat oder Kalomel), Antimon (Brechweinstein) oder Arsen (zum Beispiel in Fowlerscher Lösung ) verordnet, daneben wurden Aderlässe durchgeführt.

Am Abend des 4. Dezember bekam Mozart sehr hohes Fieber, unerträgliche Kopfschmerzen und im Beisein von Dr. Closset starb der Erkrankte nachts um ein Uhr. Bestattet wurde er am nächsten oder übernächsten Tag in einem mehrfach belegten Schachtgrab. Circa eine Woche später wurde erstmals im Berliner „Musikalischen Wochenblatt“ der Verdacht geäußert, Mozart sei vergiftet worden.

Der ungeklärte Tod Seit über zwei Jahrhunderten versuchen Experten mittlerweile im Nachhinein zu klären, ob Mozart das Opfer einer Vergiftung oder einer Krankheit und ihrer Behandlung wurde. Beim Gedanken an Milos Formans Film und Mozarts Komponistenkollegen und Rivalen Salieri liegt natürlich auch ein Mord im Bereich des Möglichen. Der ominöse graue Bote war es mit Sicherheit nicht: Er hatte nur im Auftrag des Grafen Franz von Walsegg-Stuppach das Requiem zum Andenken an dessen verstorbene Frau bestellt. Über achtzig Theorien, die Mozarts Tod erklären wollen, existieren gegenwärtig. Keine ist wirklich gesichert. Sicher ist bisher nur: Die genaue Todesursache ist bis heute unerkannt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/15 ab Seite 70.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

×