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CHRONISCH KRANKE AM MEISTEN BETROFFEN

Arzt, Apotheker und Patient werden täglich aufs Neue mit der Problematik des AMNOG konfrontiert. Wann ist eine Arzneimittelsubstitution zu verantworten, wann stellt sie die Therapie in Frage?

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Während einer Pressekonferenz der Desitin Arzneimittel GmbH wurde die Problematik am Beispiel der Epilepsie von verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Partner der Diskussion waren Dr. Jürgen Bausch, Ehrenvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Apotheker Prof. Dr. Hartmut Morck, Universität Marburg, Susanne Fey, Gründerin des Epilepsie Bundes-Elternverbandes und der Sprecher der Desitin-Geschäftsführung, Dr. Martin Zentgraf.

Alle Beteiligten waren sich einig, dass eine Arzneimittelsubstitution nur dann stattfinden sollte, wenn weder die Compliance noch die Therapiesicherheit gefährdet werde. Doch damit stehen die Partner des Gesundheitswesens teilweise im Konflikt mit dem AMNOG, das neuerdings auch den Austausch von Fertigarzneimitteln bei nicht übereinstimmenden Packungsgrößen oder Indikationen erlaubt. Eine konstante Therapie kann somit nicht immer sichergestellt werden – für bestimmte Patientengruppen eine fatale Entwicklung. Gemeint sind überwiegend chronisch kranke Patienten, deren Behandlung durch ein enges therapeutisches Fenster geprägt ist, oder solche, bei denen eine Abweichung der Medikation die Therapieziele und die Compliance in Frage stellt.

Beispiel: Epilepsiepatienten Die Medikation der Betroffenen ist so individuell abgestimmt, dass ein Präparatewechsel für den Patienten verheerende gesundheitliche und für die Kassen hohe finanzielle Folgen haben kann. „Generische Produkte dürfen hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit nach oben bis zu 25 Prozent und nach unten bis zu 20 Prozent abweichen“, erläuterte so Prof. Dr. Hartmut Morck. Erhebliche Blutspiegelschwankungen und neue epileptische Anfälle könnten die Folge sein. Gerade bei neurologischen Indikationen, wie der Epilepsie, trage das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt wesentlich zum Erfolg der Therapie bei. Deshalb sollte in die Patient-Arzt-Beziehung nicht eingegriffen werden.

Lösung: Aut-idem oder Pharmazeutische Bedenken Der Ehrenvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Dr. Jürgen Bausch, sieht eine Lösung im Sinne einer optimalen Therapiesicherheit darin, dass entweder der Arzt auf dem Rezept ein Aut-idem Kreuz setzt oder der Apotheker Pharmazeutische Bedenken äußert. Eine konstante Medikation sei bei dieser Patientengruppe besonders wichtig, allein schon aufgrund der multifaktoriellen Therapie und des langwierigen Einstellungsprozesses. Dies bestätigte auch Susanne Fey vom Epilepsie-Bundes-Elternverband. „Nach der Diagnose wird der Patient durch eine spezialisierten Neurologen behandelt, der je nach vorliegendem Syndrom auf ein bestimmtes oder auf mehrere ineinandergreifende Medikamente einstellt. Bei guter Einstellung sind die Patienten anfallsfrei und können am sozialen Leben teilnehmen.“

Problematisch für die Betroffenen seien jedoch zum Teil die Folgerezepte, die von Kinder- oder Hausärzten ausgestellt werden. Diesen sei oft nicht klar, dass ein unkontrollierter Austausch verheerende Folgen haben kann. Es könne zu erneuten Anfällen kommen, ein normales Leben sei dann nicht mehr möglich. Kinder seien dann beispielsweise extrem im Straßenverkehr gefährdet. Bei Erwachsenen könne der Beruf gegebenenfalls nicht mehr ausgeübt werden. Der Führerschein müsse ebenfalls abgegeben werden. Morck dazu: „Im Interesse des Patienten sollte der Arzt bei einer derart kritischen Indikation wie der Epilepsie den Austausch mit dem Autidem- Kreuz untersagen. Nach bisher vorliegenden Daten machen das aber nur 15 Prozent der Ärzte mit fallender Tendenz.“ So sei es von größter Bedeutung, dass der Apotheker unnötige Austauschverordnungen kritisch hinterfrage und gegebenenfalls Rücksprache mit dem Arzt hält.

Zusammenarbeit gefragt „Arzt und Apotheker sollten bei Arzneimittelgruppen, bei denen eine Substitution kritisch zu bewerten ist, sehr eng zusammenarbeiten. Ein vergessenes Aut-idem Kreuz kann durch das Äußern Pharmazeutischer Bedenken aufgefangen werden“, erklärt Dr. Martin Zentgraf, Sprecher der Desitin-Geschäftsführung. Gegenseitige Information und Aufklärung zwischen allen Partnern im Gesundheitswesen seien wichtige Parameter für die Therapiesicherheit chronisch kranker Patienten. Auch die Industrie unterstütze dies durch Studien zur Therapiesicherheit und Compliance. Einige davon können auf der Internetplattform www.Pharmazeutische-Bedenken.de nachgelesen werden. 
Quelle: Pressekonferenz „Therapie-Unsicherheit im Zeichen des AMNOG.“ 14. April 2011, Berlin. Veranstalter: Desitin Arzneimittel GmbH.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 64.

Elke Engels, Apothekerin

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