Seifenblase © Tatiana Peteliaeva / 123rf.com
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PTA-Fortbildung 06/15

BLASENINFEKTE: DAUERBRENNER

Harnwegsinfektionen sind ein tägliches Problem in der Apotheke. Ihre Behandlung richtet sich nach ihrer Lokalisation und dem Vorliegen oder Fehlen komplizierender Faktoren.

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Klagen die Kunden über Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen , starken Harndrang und häufiges Wasserlassen (Pollakisurie), leiden sie meist an einer Infektion der Harnwege. Bleibt die Entzündung auf den unteren Harntrakt begrenzt, liegt definitionsgemäß eine Blasenentzündung (Zystitis) vor.

Typischerweise können nur kleine Urinmengen abgegeben werden und die Betroffenen verspüren zudem leichte Druckschmerzen oder schwache Krämpfe im Unterbauch bei der Blasenentleerung. Der Urin kann einen eigentümlichen Geruch aufweisen und durch Blutbeimengungen dunkel oder rot verfärbt sein. Fieber tritt im Allgemeinen nicht auf.

Aufsteigende Infektion Auslöser für eine Blasenentzündung sind größtenteils gramnegative Bakterien der eigenen Darmflora. Die Erreger dringen durch die äußere Öffnung der Harnröhre ein, steigen in die Blase auf, vermehren sich dort und entzünden die Schleimhaut. Escherichia coli (E. coli) ist mit fast 80 Prozent der häufigste Erreger, gefolgt von Staphylococcus saprophyticus und Proteus mirabilis. Problemkeime wie Klebsiellen, Enterokokken oder Pseudomonas spielen bei komplizierten oder Krankenhausinfektionen eine Rolle.

Steigen die Erreger über die Harnleiter weiter in die Niere auf, können sie eine Entzündung des Nierenbeckens (Polynephritis) auslösen. Typische Symptome sind Blutbeimengungen im Urin sowie Rücken- oder Klopfschmerzen in Höhe der Nieren, die mit Fieber über 38 °C und einem beeinträchtigten Allgemeinbefinden einhergehen. Eine Nierenbeckenentzündung gilt als kompliziert, da sich bei unzureichender Behandlung die Erreger im ganzen Körper über das Blutsystem ausbreiten und eine lebensbedrohliche Blutvergiftung (Urosepsis) hervorrufen können.

COMPLIANCE
Entscheidend für einen Therapieerfolg ist neben der Wirkstoffauswahl die Therapielänge. Die Dauer der Einnahme wird auf den jeweiligen Harnwegsinfekt abgestimmt. Während ein Ciprofloxacin bei einer unkomplizierten Blasenentzündung lediglich drei Tage verabreicht werden muss, erfordert das Fluorchinolon eine bis zu zehntägige Behandlung bei einer Nierenbeckenentzündung. Weisen Sie Ihren Kunden darauf hin, dass er das Antibiotikum ohne Rücksprache mit dem Arzt nicht vorzeitig absetzen darf. Nicht nur ein Therapieversagen kann die Folge sein, auch die Entwicklung resistente Keime ist möglich. Sollte es unter der Antibiotikabehandlung zu Symptomen wie Fieber, Schmerzen in der Nierengegend oder einem schweren Krankheitsgefühl kommen, muss der Betroffene erneut zum Arzt geschickt werden. Möglicherweise haben sich die Erreger von den unteren auf die oberen Harnwege ausgebreitet, sodass auf ein anderes Antibiotikum umgestellt werden muss.

Auch bleibende Nierenparenchymschäden oder ein Nierenversagen sind gefürchtet. Ist lediglich isoliert die Schleimhaut der Harnröhre (Urethra) entzündet, spricht man von einer Harnröhrenentzündung (Urethritis). Sie wird zumeist sexuell übertragen. Bei der spezifischen Urethritis ist das Bakterium Neisseria gonorroehae der Auslöser, die unspezifische Urethritis wird zumeist durch Chlamydien verursacht.

Rückfall oder Neuinfektion Circa 20 bis 25 Prozent derjenigen, die schon einmal eine Blasenentzündung durchgemacht haben, erleiden innerhalb eines Jahres einen weiteren Infekt. Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten muss man zwischen einem Rückfall und einer Neuinfektion unterscheiden. Kehren die Beschwerden trotz Therapie und anfänglicher Besserung innerhalb von zwei Wochen wieder, geht man von einem Rückfall beziehungsweise Therapieversagen aus. Mögliche Ursachen können mangelnde Compliance (z. B. eine zu kurz durchgeführte Antibiose), bisher nicht erkannte Risikofaktoren (wie Anomalie der Harnwege mit Harnabflussstörungen) oder resistente Erreger sein.

Neben E. coli und anderen Enterobakterien spielen bei einem Rückfall auch Problemkeime eine Rolle. Kommt es erst zwei Wochen nach der Erstbehandlung zu einem Rezidiv, handelt es sich meist um eine erneute Infektion. Vorliegende Erreger können mit dem des Erstinfekts identisch sein, es werden aber auch andere gefunden.

Vorwiegend weibliches Problem Typischerweise leiden Frauen an Harnwegsinfektionen. Mindestens jede zweite Frau erkrankt mindestens einmal in ihrem Leben daran. Etwa jede dritte ist sogar mehrmals im Jahr betroffen. In der Regel handelt es sich um unkomplizierte Infektionen, die gut behandelbar sind und ohne gravierende Komplikationen verlaufen. Die Ursache für die hohe Prävalenz bei Frauen liegt in der weiblichen Anatomie. D

ie im Vergleich zu Männern erheblich kürzere Harnröhre, die beim weiblichen Geschlecht zudem in unmittelbarer Nähe zur kontaminierten Analregion liegt, kann viel leichter von Keimen überwunden werden. Eine falsche Genital- und Analhygiene trägt ihr Übriges dazu bei. In der Schwangerschaft weitet sich die Harnröhre durch den veränderten Hormonhaushalt zudem noch, sodass die Erreger in dieser Zeit besonders einfach in die Blase gelangen können. Häufiger und intensiver Geschlechtsverkehr erhöht das Risiko für Harnwegsinfektionen, weshalb sie auch den Namen „Honeymoon-Zystitis“ tragen.

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Blasenentzündungen, da die abnehmende Estrogenproduktion in den Wechseljahren eine Infektion begünstigt. Die Schleimhäute

der Scheide, Harnröhre und Blase werden bei Estrogenmangel dünner und damit reizempfindlicher und büßen folglich ihre Abwehrkraft ein. Durch die hormonelle Umstellung verändert sich zudem der pH-Wert des Vaginalsekrets. Im gebährfähigen Alter liegt er durch das abgegebene Laktat der Milchsäurebakterien unter 4,5. Dieses saure Milieu stellt einen wirksamen Schutz gegen die Besiedelung der Scheide durch Bakterien, Pilze oder Protozoen dar.

Nach der Menopause verschiebt sich der pH-Wert in den alkalischen Bereich, was der Vermehrung von Krankheitserregern und damit der Entstehung von Harnwegsinfektionen Vorschub leistet. Zu einer Verschiebung des physiologischen pH-Wertes in der Scheide tragen auch Spermizide zur Kontrazeption, alkalische Seifen, Intimsprays und Scheidenspülungen bei.

Infektionsbegünstigendes Verhalten Bei beiden Geschlechtern kann eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme den Weg für Harnwegsinfektionen bahnen. Die Bakterien können sich dann in der Harnröhre leichter festsetzen als bei Personen, die ausreichend viel trinken und durch entsprechend häufiges Wasserlassen krankmachende Keime ausspülen. Zudem schwächt psychischer Stress oder körperliche Belastung das Immunsystem und erhöht damit das Erkrankungsrisiko.

Unterkühlung legt auch die Abwehr lahm, da sich bei Kälte die Blutgefäße verengen. Auf diese Weise verschlechtert sich die lokale Durchblutung der Blasenhaut, wodurch weniger Immunzellen in den Harnwegen patrouillieren und potenzielle Erreger liquidieren. Daher sind Blasenentzündungen nach längerem Tragen von nasser Badekleidung oder durch Sitzen auf kalten Steinen keine Seltenheit.

Problem Prostata Während bei jüngeren Männern Harnwegsinfekte selten auftreten, nähert sich das Erkrankungsrisiko mit zunehmendem Alter dem der Frauen an. Ursache ist eine altersbedingte Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostata). Prostatahyperplasien führen zur Einengung der Harnwege mit nachfolgenden Urinabflussstörungen mit verbleibendem Restharn in der Blase, in der sich die Keime ungestört vermehren können.

Nächtlicher Harndrang, ein schwacher Urinstrahl und Schmerzen beim Wasserlassen können aber auch Hinweise auf Prostataerkrankungen wie Prostatakrebs oder eine Entzündung der Prostata (Prostatitis) sein, die wie auch eine gutartige Prostatahyperplasie ärztlich behandelt oder zumindest überwacht werden müssen. Daher gilt eine Harnwegsinfektion bei Männern grundsätzlich als kompliziert.

Weitere Risikogruppen Definitionsgemäß wird ein Harnwegsinfekt als kompliziert eingestuft, wenn Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf bestehen oder Folgeschäden oder Therapieversagen zu befürchten sind. Ein komplizierter Harnwegsinfekt liegt beispielsweise bei anatomischen Anomalien wie einem vesikorenalen Reflux vor, bei dem Harn aus der Blase über die Harnleiter bis in das Nierenbecken zurückfließt. Diese Komplikation wird zumeist im Kindesalter manifest, weshalb Kinder eine Risikogruppe darstellen, die sich bei einer Harnweginfektion immer dem Arzt vorstellen müssen.

Auch Schwangere gehören dazu, da sie zu einer Nierenbeckenentzündung neigen, die eine Fehl- oder Frühgeburt verursachen kann. Ebenso sind Patienten mit einer Immunsuppression (z. B. Patienten unter Chemotherapie) oder Stoffwechselstörung (wie Diabetes mit instabiler Stoffwechsellage) prädestiniert, komplizierte Harnwegsinfektionen zu entwickeln. Ebenso bedingen eine Niereninsuffizienz oder andere urologischen Erkrankungen wie das Vorliegen von Harnsteinen (Urolithiasis) sowie funktionelle Störungen wie eine neurogene Blasenentleerungsstörung mit Restharnbildung komplizierte Verläufe.

SICHERUNG DER DIAGNOSE
Betroffene, die in ihrem Leben schon einmal an einer Blasenentzündung litten, können die typischen Beschwerden schnell einordnen. Zur eindeutigen Bestätigung der Diagnose und Abgrenzung zu anderen urogenitalen Erkrankungen wie einer Reizblase oder einer Harninkontinenz kann der Urin mit Urinteststreifen auf Bakterien geprüft werden. Für diese Untersuchung wird der Mittelstrahlurin in einem sauberen Behälter gesammelt und mit einem Teststreifen untersucht. Dabei wird insbesondere Nitrit, ein Abbauprodukt vieler Bakterien, nachgewiesen. Zudem kann auf Leukozyten getestet werden, da diese ein Leitsymptom für Entzündungen darstellen. Weitere Option ist der Nachweis von Erythrozyten, die aus den Blutbeimengungen im Urin stammen. Bei häufig wiederkehrenden oder komplizierten Infekten wird zusätzlich zur Identifizierung des Erregers eine Urinkultur angelegt, um eine erregerspezifische Antibiotikatherapie einzuleiten.

Patienten mit einem Blasenkatheter zählen ebenfalls zu den Risikogruppen. Hier spielen Problemkeime wie beispielsweise Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und Bakterien mit Enzymen zur erweiterten Spaltung von beta- Laktam-Antibiotika, den extended- spectrum beta-lactamases (ESBL), eine besondere Rolle.

Kompliziert – unkompliziert Bei gesunden Frauen ohne vorliegende Risikofaktoren, die an einer akuten unkomplizierten Blasenentzündung erkrankt sind, kann zunächst versucht werden, im Rahmen der Selbstmedikation ohne eine Antibiotikagabe auszukommen. Wie Studien zeigen, führen unkomplizierte Blasenentzündungen selbst im Fall eines Rezidivs nicht zu schwerwiegenden Komplikationen. Zudem können sie in etwa 30 bis 50 Prozent der Fälle innerhalb einer Woche spontan ausheilen. Komplizierte Harnwegsinfektionen gehören hingegen immer in die Hand eines Arztes.

Werden sie nicht adäquat behandelt, besteht die Gefahr, dass sich aus einer unteren Harnwegsinfektion eine obere entwickelt, die chronisch werden oder gravierende Folgeerkrankungen nach sich ziehen kann. Daher müssen Betroffene der oben beschriebenen Risikogruppen immer an den Arzt weitergeleitet werden.

Auch jene, bei denen die Beschwerden schon länger als fünf Tage andauern, die Fieber haben, über Blut im Urin oder von Rücken- und Flankenschmerzen berichten, sind ein Fall für den Arzt, da man eine Nierenbeckenentzündung vermuten muss, die eine Antibiose erfordert. Ebenso sollten sich Betroffene mit häufigen Rezidiven, also mit drei oder mehr Harnwegsinfektionen in den letzten zwölf Monaten oder zwei pro Halbjahr, einer ärztlichen Kontrolle unterziehen.

Leitlinienempfehlung Obwohl es sich in der Praxis bewährt hat, bei gesunden Frauen eine unkomplizierte Blasenentzündung nicht generell antibiotisch zu behandeln, empfiehlt die Leitlinie „Harnwegsinfektion“, die federführend von der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) in Abstimmung mit anderen Fachgesellschaften 2010 erstellt wurde, grundsätzlich alle Personengruppen mit einer akuten unkomplizierten Blasenentzündung antibiotisch zu behandeln. Ihre Begründung dafür ist, die Symptome möglichst schnell zum Abklingen zu bringen, was nachgewiesenermaßen mit einer Antibiotikagabe möglich ist.

Allerdings wird in der Leitlinie auch das Minderheitenvotum der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) aufgeführt. Für die DEGAM stellt eine alleinige symptomatische Therapie eine vertretbare Alternative bei der akuten Blasenentzündung dar, wobei die Art der Behandlung nicht genauer definiert wird. Beide Gesellschaften sind sich aber einig, dass Antibiotika bei einer Nierenbeckenentzündung immer notwendig sind. Sie sollen so früh wie möglich zum Einsatz kommen. Man hofft, mit einer rechtzeitig eingeleiteten antibiotischen Therapie einen Nierenparenchymschaden zu vermeiden.

Die Leitlinie erwähnt auch eine asymptomatische Bakteriurie. Sie ist definiert als eine Harntraktbesiedlung ohne Symptome. Es können also im Urin mikrobiologisch Erreger nachgewiesen werden, die jedoch keine Beschwerden auslösen. In diesem Fall ist meistens weder eine Diagnostik noch eine antibiotische Therapie nötig, da nur ein sehr geringer Prozentsatz der Betroffenen einen symptomatischen Harnwegsinfekt entwickelt.

Bei Schwangeren ist allerdings das Infektionsrisiko erhöht und die Gefahr für Geburtskomplikationen steigt deutlich, sodass diese Personengruppe antibiotisch behandelt werden sollte. Ebenso müssen Betroffene, die sich einem urologischen Eingriff unterziehen werden, eine Antibiose durchführen.

Betroffene differenzieren Die Auswahl der Antibiotika ist zum einen abhängig von der Erkrankung. Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung werden andere Antibiotika als Mittel der ersten Wahl als bei einer Nierenbeckenentzündung empfohlen. Zum anderen wird die Antibiose auf verschiedene Patientengruppen individuell abgestimmt. Es werden weibliche, männliche, jüngere und ältere Betroffene differenziert. Zudem wird unterschieden, ob die Personen ansonsten gesund sind, unter Diabetes mellitus mit stabiler oder instabiler Stoffwechsellage leiden oder ob eine Schwangerschaft vorliegt.

Im folgenden werden die Therapievorschläge für gesunde Frauen in der Prämenopause näher vorgestellt, da diese zu den häufigsten Betroffenen mit Harnwegsinfektionen zählen. Während bei der Therapie von Harnwegsinfektionen von älteren Frauen in der Postmenopause oder von Diabetikern mit stabiler Stoffwechsellage in den Leitlinien die gleiche Vorgehensweise wie bei gesunden Frauen in der Prämenopause empfohlen wird, erfordern andere Personengruppen wie beispielsweise Schwangere und Männer teilweise andere Therapieregime. Genauere Informationen zur Antibiotikaauswahl und Dosierung sind unter www. awmf.org in der Leitlinie „Harnwegsinfektionen“ nachzulesen.

Empirische Antibiotikatherapie Da man die Symptome einer Harnwegsinfektion in der Regel möglichst rasch lindern möchte, werden Antibiotika kalkuliert eingesetzt, das heißt ohne vorige mikrobiologische Erregerbestimmung. Die Antibiotikawahl erfolgt also empirisch nach der größten Erregerwahrscheinlichkeit und der erwarteten Resistenzsituation.

Bei der unkomplizierten Blasenentzündung wird eine Kurzzeittherapie präferiert, die je nach Wirkstoffauswahl ein bis sieben Tage dauert. Die Behandlung der unkomplizierten Nierenbeckenentzündung erfordert eine 5- bis 14-tägige orale Gabe von Antibiotika. Bei schweren Verlaufsformen wird mit einer parenteralen Therapie begonnen, die nach Besserung auf eine orale Behandlung umgestellt wird.

Leitliniengerechte Antibiotikaauswahl Als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung einer unkomplizierten Blasenentzündung bei ansonsten gesunden Frauen sieht die Leitlinie Fosfomycin und Nitrofurantoin vor. Die beiden Substanzen werden heute bevorzugt, da ihre Resistenzraten sehr niedrig sind, sie eine gute Verträglichkeit aufweisen und die körpereigene Bakterienflora nur wenig beeinträchtigen. Bei Fosfomycin reicht eine Einmalgabe von 3000 Milligramm aus, wobei sich im Urin über drei Tage therapeutische Wirkspiegel finden.

Die Einnahme von 100 Milligramm Nitrofurantoin als Retardform erfolgt zweimal täglich fünf Tage lang. Alternativ können viermal täglich 50 Milligramm unretardiertes Nitrofurantoin über sieben Tage zum Einsatz kommen. Das früher standardmäßig drei bis fünf Tage lang verordnete Cotrimoxazol (Trimethoprim/ Sulfamethoxazol) wird nicht mehr als First-line-Antibiotikum empfohlen.

Diese Kombination weist regional hohe Resistenzraten auf, die häufiges Therapieversagen und schwere Krankheitsverläufe nach sich ziehen. Es soll nur noch bei Kenntnis der lokalen Resistenzsituation zum Einsatz gelangen, das heißt, wenn die Resistenzraten nachweislich unter 20 Prozent liegen.

Auch die Verordnung von Ciprofloxacin soll gemäß der Leitlinie nicht mehr an erster Stelle stehen. Ciprofloxacin ist zwar wie die anderen Fluorchinolone Norfloxacin, Levofloxacin und Ofloxacin bei ansonsten gesunden Frauen als Drei-Tagestherapie zur Behandlung der unkomplizierten Zystitis gut wirksam, soll aber anderen Indikationen vorbehalten bleiben. Daher ist Ciprofloxacin ebenso wie das Cephalosporin Cefpodoxim nur noch Mittel der zweiten Wahl.

Beide Antibiotika kommen aber bei einer leichten bis mittelschweren Nierenbeckenentzündung sieben bis zehn Tage lang zum Einsatz, wobei Fluorchinolone als Mittel der ersten Wahl und Cefpodoxim sowie Ceftibuten als mögliche Alternative gelten. Amoxicillin mit Clavulansäure sowie Cotrimoxazol werden nicht mehr empirisch, sondern nur noch gezielt bei Erregersicherung und nachgewiesener Empfindlichkeit durch ein entsprechendes Antibiogramm empfohlen, dann mit einer längeren Therapiedauer von 14 Tagen.

Rezidive behandeln Wiederholte Harnwegsinfektionen erfordern ein abgewandeltes Vorgehen. Hinweise zu ihrer Behandlung finden sich in der Leitlinie „Harnwegsinfektionen“. Außerdem gibt die DEGAM- Leitlinie „Brennen beim Wasserlassen“ eine Therapieempfehlung (siehe auch www.degam.de).

Bei einem Rezidiv innerhalb von 14 Tagen sollten die Betroffenen urologisch untersucht und eine Urinkultur angelegt werden. Zudem wird ein anderes Antibiotikum verordnet als bei der Erstinfektion. Gegebenenfalls wird nach Vorliegen des Ergebnisses der Bakterienkultur noch gezielt auf ein adäquates Antibiotikum gewechselt. Neuinfektionen, also Harnwegsinfektionen, die zwei Wochen nach Erstinfektion auftreten, werden wieder mit einer Kurzzeittherapie behandelt.

Rezidive vermeidenDie DEGAM-Leitlinie macht auch Vorschläge zur Rezidivprophylaxe. Dieser kommt bei immer wiederkehrenden Harnwegsinfektionen eine besondere Bedeutung zu. Es gilt, die Entwicklung chronischer Infektionen oder einer Reizblase zu verhindern. Eine Möglichkeit, die in der Leitlinie erwähnt wird, ist die Chemoprophylaxe mit Antibiotika in niedriger Dosierung direkt im Anschluss an die Akuttherapie.

Genaue Angaben zur Durchführung fehlen zwar in der Leitlinie, die antibiotische Langzeittherapie ist aber seit langem gängige Praxis der Urologen. Dafür nehmen die Patienten über einen Zeitraum von drei Monaten bis zu einem Jahr (in seltenen Fällen noch länger) abends nach dem letzten Wasserlassen ein niedrig dosiertes Antibiotikum ein. Mittel der Wahl sind 50 Milligramm Nitrofurantoin oder 50 Milligramm Trimethoprim. Alternativen sind bei beginnenden Beschwerden eine Kurzzeittherapie in Eigenregie oder eine einmalige Behandlung mit einem Antibiotikum nach dem Geschlechtsverkehr (beides zuvor mit dem Arzt abgesprochen!).

»Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung kann bei ansonsten gesunden Frauen versucht werden, diese im Rahmen der Selbstmedikation zu behandeln.«

Möglich ist zudem die orale Einnahme eines Bakterienextraktes aus uropathogenen Stämmen. Frauen nach der Menopause profitieren von der Gabe vaginaler Estrogene. Da die Entstehung von Harnwegsinfektionen durch eine nach den Wechseljahren veränderte Vaginalflora begünstigt wird, kann mit einer lokalen Estrogenapplikation eine Reduktion von Harnwegsinfekten erzielt werden. In der Praxis wird auch versucht, Rezidive über eine Ansäuerung des Urins mit L-Methionin zu verhindern, da ein saures Milieu das Wachstum vieler Krankheitserreger unterbindet.

Die Wirkung der Aminosäure soll darüber hinaus auf eine Hemmung des Anheftens pathogener Keime an das Epithel der ableitenden Harnwege zurückzuführen sein. Allerdings ist die Wirksamkeit nur bei neurogener Blasenstörung und bei Katheter-Patienten belegt, sodass sich die Methode nicht allgemein durchgesetzt hat. Gängige Methode, die in der Leitlinie erwähnt wird, ist hingegen eine pflanzliche Rezidivprophylaxe.

Möglichkeiten der Selbstmedikation Phytopharmaka haben in der allgemeinen Behandlungspraxis und im Apothekenalltag einen großen Stellenwert, auch wenn sie in der Leitlinie kaum Beachtung finden. Pflanzliche Mittel sind bei den ersten Anzeichen oder bei leichten Beschwerden einer akuten Blasenentzündung eine gute und gängige Therapieoption. Phytopharmaka können auch therapiebegleitend zur Antibiose angeraten werden, um diese wirkungsvoll zu unterstützen, besonders bei komplizierten und wiederholt auftretenden Infektionen. Ebenso sind sie nach erfolgter Antibiotikatherapie ein guter Tipp zur Rezidivprophylaxe.

Pflanzliche Durchspülungstherapie Bei den ersten Anzeichen einer Harnwegsinfektion sollte der Betroffene unverzüglich reagieren und viel trinken (mindestens zwei Liter am Tag). Durch eine reichliche Flüssigkeitszufuhr werden die Harnwege durchspült und pathogene Erreger ausgeleitet. Die Durchspülungstherapie ist eine Domäne der Phytotherapie und hat eine lange Tradition.

TIPPS ZUR REZIDIVPROPHYLAXE
+ ausreichend trinken, mindestens zwei Liter Flüssigkeit pro Tag.
+ vollständig und regelmäßig die Blase entleeren (auch nach Geschlechtsverkehr!).
+ richtige Analhygiene betreiben (Abwischen des Afters von vorne nach hinten).
+ keine übertriebene Genitalhygiene.
+ keine Scheidendiaphragmen oder spermizide Kontrazeptiva verwenden.
+ untere Körperpartien warm und trocken halten.

Es kommen vor allem Arzneidrogen mit entwässernder Wirkung wie Brennnesselblätter und -kraut, Schachtelhalm-, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Birken-, Orthosiphonblätter oder Queckenwurzelstock zum Einsatz. Für das Goldrutenkraut nimmt man zusätzlich krampflösende und entzündungshemmende Eigenschaften an. Die Pflanzen wirken über ihre Flavonoidfraktion aquaretisch, indem sie die Harnausscheidung über eine Erhöhung der Nierendurchblutung und der glomerulären Filtrationsrate sowie einer Hemmung der Wasserrückresorption im Sammelrohr im Sinne einer Verdünnungsdiurese verstärken.

Dabei greifen sie im Gegensatz zu chemischen Diuretika nicht in den Elektrolythaushalt ein. Dennoch sind pflanzliche Aquaretika nicht zum eigenmächtigen Dauergebrauch geeignet, sondern sollten nur kurzfristig verwendet werden. Kontraindiziert sind sie bei Patienten mit Ödemen infolge einer Herz- und Niereninsuffizienz. Traditionell werden pflanzliche Aquaretika als Nierenund Blasentees angeboten. Vor allem sind sie als lose Teedrogen, in Teebeuteln oder als lösliche Pulver erhältlich, wobei die letzteren beiden Darreichungsformen besonders praktisch in der Handhabung sind und damit die Compliance erhöhen.

Genereller Vorteil aller Teezubereitungen ist, dass der Betroffene automatisch viel trinkt. Entscheiden sich die Betroffenen für Frischpflanzensäfte, Elixiere oder feste Darreichungsformen wie Dragees oder Kapseln, sollte bei deren Abgabe auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr hingewiesen werden.

Pflanzliche Harndesinfizientien Neben pflanzlichen Aquaretika stehen auch Heilpflanzen mit einer keimabtötenden Wirkung zur Verfügung. Bei leichten Beschwerden schätzt man den desinfizierenden Effekt der Bärentraubenblätter. Für die antibakterielle Wirkung wird der Hauptinhaltsstoff Arbutin verantwortlich gemacht. Arbutin ist ein Prodrug, das erst im Körper in das aktiv wirksame Hydrochinon umgewandelt wird.

Hydrochinon tötet insbesondere gramnegative Bakterien wie E. coli ab, sodass das Wachstum der häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen gehemmt wird. Enthaltene Tannine verhindern zudem ein Anheften der Erreger an der Schleimhaut, sodass diese keinen Halt mehr an der Blasenwand finden und mit dem Harnstrahl herausgespült werden. Zudem wirken sie antiphlogistisch. Bärentraubenblätter sollten am besten in Drageeform oder als Kaltmazerat zum Einsatz kommen, da sie als herkömmlicher Teeauszug aufgrund ihres hohen Gerbstoffgehaltes zu einer Reizung der Magenschleimhaut führen können.

Eine Einnahme zur Nacht ist sinnvoll, damit sich der Wirkstoff im Harn anreichern kann. Eine Alkalisierung ist – wie man heute weiß – entgegen der früheren Annahme nicht notwendig. Aufgrund des Verdachts auf mutagene und lebertoxische Effekte arbutinhaltiger Arzneimittel, sollten diese maximal eine Woche und nicht öfter als fünf Mal im Jahr eingenommen werden.

Pflanzliche Fixkombinationen Außerdem wird zur Bekämpfung der Erreger eine definierte Zusammensetzung aus Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel eingesetzt. Die beiden Pflanzen enthalten Senföle, deren Isothiocyanate ein breites antibakterielles Wirkspektrum im grampositiven und gramnegativen Bereich aufweisen. Sie sollen sogar gegen resistente Formen von E. coli und Problemkeime wie MRSA (Methicilin-resistenter Staphylococcus aureus) effektiv wirken.

Da keine Anwendungsbeschränkungen hinsichtlich der Einnahmedauer bestehen, kommen sie auch zur Langzeitanwendung bei häufig wiederkehrenden Infekten als Rezidivprophylaxe zum Einsatz. Ebenso hat sich eine Kombination aus den Extrakten von Rosmarinblättern, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut zur Vermeidung von wiederkehrenden Harnwegsinfektionen bewährt.

ZUSATZINFORMATIONEN
Zur Vorbeugung Cranberries
Die DEGAM-Leitlinie erwähnt Cranberries zur Rezidivprophylaxe. Sie sind auch als Kranichbeere, Großfruchtige Moosbeere oder nordamerikanische Preiselbeere bekannt. Ihnen wird schon seit Jahrzehnten eine günstige Wirkung auf die Blasengesundheit nachgesagt. Vermutlich weisen in den Früchten enthaltene Tannine (Pro- und Anthocyanidine) eine protektive Wirkung vor immer wiederkehrenden Harnwegsinfektionen auf. Auf einen bereits bestehenden Harnwegsinfekt scheinen sie keinen Nutzen zu haben.

Wie in Studien gezeigt werden konnte, verhindern die Substanzen das Andocken von E. coli am Zellgewebe der Harnwege und können so deren Vermehrung im Harntrakt blockieren. Da die Cranberry-Tannine lediglich die Bakterien von der Blasenschleimhaut fernhalten und nicht abtöten, bleibt die natürliche Flora von Darm und Vagina erhalten und eine Resistenzbildung der Bakterien ist nicht zu erwarten. Allerdings ist bislang nicht geklärt, welche Art der Zubereitung am wirksamsten und wie hoch die Dosierung zu wählen ist.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/15 ab Seite 34.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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