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Giftpflanzen

BITTERMANDEL

Der Verzehr roher Bittermandeln ist mit Vorsicht zu genießen, da bereits der Genuss kleiner Mengen zu Vergiftungserscheinungen durch Blausäure führt – eines der am stärksten wirkenden Gifte.

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Prunus dulcis ist ein äußerst genügsamer, hitzeverträglicher und windfester Baum mit länglich- lanzettlichen Blättern, der bis zu acht Meter hoch werden kann. Der Mandelbaum gehört zu der Familie der Rosengewächse (Rosaceae), was an den rosafarbenen fünfzähligen Blüten mit ihren gelben Staubblättern deutlich zu erkennen ist. Da der Mandelbaum im Mittelmeergebiet bereits im Januar zu blühen anfängt, gilt er dort als ein Symbol der Wachsamkeit und der Wiedergeburt.

Ursprünglich stammt der kleine Baum aus China und Kleinasien. Doch bereits in vorchristlicher Zeit wurde er über Persien nach Syrien und Ägypten gebracht. Im 5. Jahrhundert erreichte er Griechenland und das Römische Reich und damit auch die Alpen. Karl der Große erwähnte die Mandeln in seiner Capitulare de villis (Ländergüterverordnung) und ordnete deren Kultivierung an. Im späten Mittelalter gelangte der Mandelbaum in die heutigen Anbaugebiete der mediterranen Länder. Zudem finden sich seit dem 17. Jahrhundert zahlreichre kommerzielle Plantagen in Kalifornien.

Dulcis oder amara Die Art Prunus dulcis unterteilt sich in mindestens drei Varietäten: Prunus dulcic Var. dulcis = Süßmandel mit süß schmeckenden Samen, Prunus dulcis Var. fragilis (Borkh.) Buchheim = Krachmandel mit süß schmeckenden Samen in dünn brüchiger Schale des Steinkerns und Prunus dulcis Var. amara (D.C.) Buchheim = Bittermandel mit bitter schmeckenden, schon in kleinen Mengen giftigen Samen.

In den europäischen Anbaugebieten wachsen sowohl Bäume mit bitteren als auch Bäume mit süßen Mandeln. Zudem tragen die Süßmandelbäume zu einem geringen Prozentsatz auch immer bittere Mandeln (bis zu einem Prozent der Ernte). Die bitteren Mandeln sind optisch kaum von den süßen zu unterscheiden. Sie sind meist etwas kleiner und spitzer als ihre süßen Vertreter.

Mandeln und Mandelöl Prunus dulcis ist eine einsamige pflaumengroße Steinfrucht, deren Fruchtfleisch mit der Reife aufplatzt und die darin eingeschlossene Steinschale mit ihrem darin liegenden Samen, der eigentlichen Mandel, freigibt. Mandeln weisen einen hohen Nährstoffgehalt auf. Sie enthalten zu etwa 50 Prozent fettes Öl (überwiegend ungesättigte Fettsäuren wie Öl- und Linolsäure) und tragen mit 22 Prozent Eiweiß zur Deckung des Proteinbedarfs bei. Zudem sind hohe Konzentrationen an Magnesium, Kalzium und Kalium sowie große Mengen an B-Vitaminen und Vitamin E enthalten.

Sowohl aus den Samen der Varietät dulcis als auch amara wird offizinelle Mandelöl (Amygdalae Oleum) durch Kaltpressung gewonnen, das zu den kostbarsten Ölen zählt. Zwischen den beiden Ölen besteht kein Unterschied, da die Bestandteile, welche die bitteren von den süßen Mandeln unterschieden, im Presskuchen zurückbleiben. Der Pressrückstand wird gemahlen als Mandelkleie zur Hautreinigung vertrieben.

Bittermandel Darunter versteht man sowohl die in geringen Mengen vorkommenden bitteren Süßmandeln der Variätat dulcis als auch die Mandeln der Unterart Prunus amygdalus amara. Bittermandeln sind roh nicht für den Genuss geeignet, da sie circa drei bis fünf Prozent Amygdalyn, ein cyanogenes Glykosid, enthalten, das während des Verdauungsprozesses durch enzymatische Hydrolyse in Benzaldehyd und den giftigen Cyanwasserstoff, auch Blausäure genannt, gespalten wird. Blausäure ist eines der am stärksten und schnellsten wirkenden Gifte.

NAMENSGEBUNG
Der Gattungsname Prunus leitet sich vomgriechischen Proumnon = Pflaume ab, die eine Verwandte der Mandel ist. Die Artnamen dulcis = süß und amara = bitter verweisen jeweils auf den Geschmack der Samen, dem Mandelkern.

Circa zehn Mandeln gelten für Kinder und circa 60 Stück für Erwachsene als letale Dosis. Allerdings sind Bittermandeln aufgrund ihres bitteren Geschmacks roh kaum genießbar, sodass es selten zu schweren Vergiftungsfällen kommt. Kocht man hingegen die Bittermandel, verflüchtigt sich die hitzeempfindliche Blausäure auf eine unbedenklich Menge, sodass sie verzehrbar werden. Bittermandeln finden bei der Herstellung von Mandelöl, Marzipan, Schokolade, Süßwaren, Likören und Kosmetika Verwendung.

Vergiftungserscheinungen Blausäure, HCN, ist ein starkes Gift der Zellatmung. Es legt innerhalb weniger Sekunden durch Blockade der Cytochromoxidase die Zellatmung lahm. Intoxikationen verursachen zunächst heftige Magen-Darmbeschwerden (Erbrechen, Bauchschmerzen), Gesichtsrötung, Herzrasen, Luftnot, Kopfschmerzen, Schwindel und Angstgefühl.

Später folgen Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Atemstillstand und Herzkreislaufversagen. Bei Blausäurevergiftungen werden in der Regel 4- DMAP, ein Methämoglobinbildner, und Natriumthiosulfat injiziert, um einerseits das Cyanid von der Cytochromoxidase ans Methämoglobin zu locken, andererseits in unschädliches Rhodanid zu verwandeln.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/15 ab Seite 110.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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