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Heilpflanzen

BEINWELL

Beinwell ist bereits seit der Antike eine geschätzte Arzneipflanze. Noch heute haben vor allem Zubereitungen aus ihrer Wurzel in der modernen Phytotherapie einen festen Stellenwert.

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Symphytum officinale L. ist eine bis zu einem Meter große, rauhaarige Staude, die zur Familie der Raublattgewächse gehört. Sie gedeiht in Europa und Asien in den gemäßigten Zonen und bevorzugt feuchte Standorte. Somit findet man sie an Bach- und Flussufern, auf feuchten Wiesen und an Waldrändern. Die verästelten Stängel der Pflanze sind kräftig und wachsen aus einem mächtigen, krakenförmigen Wurzelstock, der bis zu zehn Kilogramm schwer werden kann. Er ist außen schwarz und innen weiß und sondert beim Aufschneiden einen zähen Schleim ab.

Die bis zu 25 Zentimeter großen Blätter sind lanzettförmig und weißlich-grau behaart. Von Mai bis August erscheinen rot-violette, manchmal auch gelblich-weiße Blüten. Sie sind in Trauben angeordnet und hängen nickend herab. Medizinisch kommen das Kraut (Symphyti herba) und die Wurzeln (Symphyti radix) zur Anwendung, wobei die unterirdischen Organe als Arzneidroge bevorzugt werden. Der Wurzelstock wird nach der Blüte im Herbst gesammelt.

Heilmittel bei Verletzungen Symphytum officinale L. gehört mit zu den ältesten Heilpflanzen der Kulturgeschichte. Schon bei den Griechen wurde sie zur Heilungsförderung von Knochenbrüchen eingesetzt, wie bereits der Gattungsname andeutet. Er geht auf das griechische sympho = ich wachse zusammen zurück. Die deutsche Bezeichnung Beinwell oder Wallwurz konkretisiert, was zusammenwachsen soll: So steht „Bein“ für „Knochen“ und „well“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „wallen“ ab, was so viel wie „zusammenheilen“ bedeutet.

Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. hatte Beinwell seinen festen Platz im medizinischen Repertoire der damaligen Ärzte und wurde in Form von Kompressen, Umschlagpasten oder Breiumschlag eingesetzt. Dioskurides beschreibt die Pflanze in seinem Werk De Materia medica und empfiehlt sie bei äußerlichen Entzündungen und frischen Wunden. Ebenso berichtet Plinius der Ältere in der Naturalis historia über die Anwendung von Beinwell bei Quetschungen, Verrenkungen und Wunden.

»Die in der Volksmedizin innere Verwendung der gepulverten Droge ist nicht mehr zulässig.«

Im Mittelalter war die Pflanze weiterhin bei diesen Indikationen sehr geschätzt und durfte in keinem Kräutergarten fehlen. Leonhart Fuchs schließt seine Ausführungen über Beinwell in seinem New Kreuterbuch mit dem Hinweis, dass die Heilpflanze zu „allerlei Wunden und Beinbrüchen nützlich sei und darum bei Wundärzten in großen Ehren gehalten werden soll“.

Wirkung in Studien bestätigt Das Wissen der alten Heilkundigen zu den traditionellen Wirkungen des Beinwells wurde inzwischen in wissenschaftlichen Studien und Anwendungsbeobachtungen überprüft. Heute findet sich eine Positiv-Monografie zur Beinwellwurzel unter den Aufbereitungsmonografien der Kommission E. Die Gutachter bestätigen die traditionellen Anwendungsgebiete und empfehlen die Beinwellwurzel für die äußere Applikation bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen. Zudem finden Zubereitungen der Heilpflanze inzwischen noch bei weiteren Indikationen Verwendung.

Verschiedene Studien konnten vor allem bei Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates wie beispielsweise Rückenschmerzen eine abschwellende, entzündungshemmende und schmerzreduzierende Wirkung bei guter Verträglichkeit bescheinigen. Darüber hinaus beschleunigt Beinwell die Wundheilung, indem Granulation und Gewebsneubildung gefördert werden. Als wirksame Inhaltsstoffe der Beinwellwurzel wurden Allantoin, Rosmarinsäure und andere Hydroxyzimtsäurederivate, ein Glykopeptid und Schleimstoffe identifiziert, wobei der Gesamtextrakt als Wirkstoff angesehen wird.

Nur äußerlicher Gebrauch Da die Beinwellwurzel lebertoxische Pyrrolizidinalkaloide enthält, sind Zubereitungen aus der Arzneidroge nur für den äußerlichen Gebrauch auf intakter Haut geeignet. Dabei darf die Anwendungsdauer von vier bis sechs Wochen nicht überschritten werden. Bei Fertigarzneimitteln entfällt die Beschränkung, sofern eine kultivierte Sorte Verwendung findet, bei der die toxischen Stoffe unter der behördlich festgelegten Sicherheitsgrenze von 100 ppm liegen. Zudem erfolgt die Herstellung meist mit einem Spezialverfahren, bei dem die Pyrrolizidine entfernt werden.

Die in der Volksmedizin übliche innere Verwendung der gepulverten Droge bei Gastritis und Magengeschwüren ist also nicht mehr zulässig. Auch sollte Beinwell weder als Tee getrunken noch als Gemüse oder Salat verzehrt werden, wie es früher traditionell üblich war.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/14 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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