Homöopathie

BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN BEI KINDERN

Speziell Eltern fragen in der Offizin häufig nach homöopathischen Arzneien. Diese wirken insbesondere im Kindesalter sehr effektiv und zugleich nebenwirkungsarm.

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Bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen ist der Organismus sehr reaktionsfreudig, beispielsweise neigen Kinder dazu, rasch und heftig Fieber zu entwickeln. Ebenso entwickeln sie kräftige Heilreaktionen – die „feinen“ homöopathischen Reize können die Störung der Regulation meist erfreulich gut beeinflussen.

Was ist bei der Abgabe zu beachten?Ebenso wie bei Erwachsenen können Sie im Rahmen der homöopathischen Beratung nicht allein aufgrund der vorliegenden Erkrankung automatisch eine homöopathische Arznei empfehlen. Sie sind, wie immer in der Homöopathie, darauf angewiesen, etwas über die individuelle Ausprägung der Beschwerden zu erfahren. Je jünger die Kinder sind, umso mehr steht für die Auswahl einer passenden Arznei die Beobachtung und Schilderung der Eltern im Vordergrund.

Bei welchen Krankheiten homöopathisch beraten? Ähnlich wie bei Erwachsenen bezieht sich die homöopathische Beratung in der Offizin vorwiegend auf akute, nicht auf chronische oder wiederkehrende Erkrankungen . Beispielsweise kann eine akute Krankheit, eine Mittelohrentzündung oder die Entzündung der Nasennebenhöhlen mit homöopathischen Arzneien meist problemlos überwunden werden (organotrope Homöopathie). Dies führt in der Regel jedoch nicht zu einer Besserung der chronischen Situation, dem wiederkehrenden Auftreten des Infektes. Um diese chronische Ebene zu beeinflussen, bedarf es einer umfassenden Behandlung durch einen versierten homöopathischen Therapeuten (konstitutionelle Homöopathie).

Homöopathie für Kinder Im Folgenden werden einige Arzneien für die Beratung und Behandlung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen beschrieben. Die homöopathische Potenz D12 hat sich auch in dieser Altersgruppe als wirksame und zugleich praktisch nebenwirkungsfreie Darreichung bewährt. Die Häufigkeit der Einnahme richtet sich nach der Aktualität der Beschwerden. Bei sehr akuten Schmerzen kann das passende Arzneimittel zunächst stündlich eingenommen werden, bei weniger heftigen Symptomen reicht meist die zwei- bis viermalige tägliche Einnahme. Zwischen dieser und einer Mahlzeit sollte ein Abstand von zumindest zehn Minuten liegen, dabei ist es egal, ob die Gabe vor oder nach dem Essen erfolgt.

Arnika Das typische Verletzungsmittel, wenn es um die Behandlung von Blutergüssen durch Prellungen oder Quetschungen geht, ist eine oft erstaunlich schnell heilende Arznei. Wegen seiner Wirkung bei einer Gehirnerschütterung ist Arnika auch später, wenn die Kleinen zum Beispiel vom Wickeltisch oder noch später beim Spielen stürzen, fast alternativlos. Im Rahmen der Wundversorgung ist Arnika bei Quetschwunden der Haut (der Finger klemmt z. B. in der Autotür) angezeigt. Kommt es dagegen zu einer Hautverletzung mit Substanzverlust, einer großen Riss- oder Schürfwunde, ist Calendula off. (innerliche Gabe) der passende Wirkstoff, um die Granulation anzuregen.

Chamomilla Bei verschiedenen Krankheiten im Säuglings- und Kindesalter, die mit ausgesprochener Unruhe, Launenhaftigkeit, Reizbarkeit und Zorn einhergehen, ist Chamomilla angezeigt. Ein typisches Beispiel ist die Blähungskolik (Dreimonatskolik) in den ersten Lebensmonaten. Der Stuhl ist oft auffallend grün und stark wund fressend. Leitend ist auch die deutliche Besserung durch Tragen und Schaukeln des Kindes. Stehen die Bauchkrämpfe im Vordergrund, führt das Anziehen der Beinchen und Krümmen des Körpers zur Erleichterung, zum Beispiel beim typischen „Fliegergriff “, könnte Colocynthis die passende Wahl sein. Bei ausgeprägten Blähungen mit Auftreibung des Bäuchleins, insbesondere am Nachmittag, denken Sie bitte zunächst an Lycopodium. Auch Nux vomica ist für diese Kinder eine häufige Option.

Bekannt wurde Chamomilla wegen seiner günstigen Wirkung bei erschwerter Zahnung – vorausgesetzt, die Kinder sind in der typischen Stimmung! Bei hohem Fieber im Rahmen der Zahnung mit rotem, heißen Gesicht und kalten Extremitäten könnte dagegen Belladonna angezeigt sein. Bei begleitender Schwellung des Zahnfleisches mit stark vermehrtem Speichelfluss Mercurius solubilis.

Pulsatilla Die charakteristischen Symptome dieses typischen Kindermittels sind die gelb-schleimigen Absonderungen der Schleimhäute, die Besserung an frischer Luft und die Verschlechterung in warmer, stickiger Umgebung. Auch die seelische Verfassung gibt deutliche Hinweise auf die Notwendigkeit der Arznei: viel Weinen und Anhänglichkeit in der Krankheit mit Besserung durch Nähe, Trost und Zuspruch. Pulsatilla ist im Kindesalter zum Beispiel bei Infekten der Atemwege, Schnupfen, Entzündung des Mittelohres oder der Nasennebenhöhlen häufig angezeigt – wenn die genannten Beschwerden und Modalitäten vorliegen.

Bei Atemwegsinfekten kommen weitere Arzneien in Frage und müssen gegen Pulsatilla differenziert werden: Belladonna zeichnet sich durch die Heftigkeit der Beschwerden aus (plötzlich hohes Fieber, starke Schmerzen). Auch Chamomilla kann zum Beispiel bei einer Ohrenentzündung angezeigt sein – leitend ist die typische Stimmung! Für Ferrum phosphoricum ist der gute Allgemeinzustand mit gering ausgeprägtem Krankheitsgefühl bei einem Infekt oder im Fieber charakteristisch.

Nux vomica Entgegen der Meinung, die Arznei sei nur für „gestresste“ Berufstätige angezeigt, ist Nux vomica ein bewährtes und häufig angezeigtes Kindermittel. Die physiologische Grundlage für den Einsatz ist das Vorliegen einer vegetativen Dysregulation. Anspannung und Verkrampfung der (glatten) Muskulatur des Magen-Darm-Traktes, Reizbarkeit, Ungeduld und Frösteln sowie die ausgeprägte Verschlechterung aller Beschwerden und des Allgemeinzustandes am Morgen charakterisieren die Beschwerden.

Nux vomica ist das Hauptmittel für die Obstipation nach der Geburt – für das Neugeborene und die Mutter! Hinweisend wäre auch ein erfolgloser, frustraner Stuhldrang, insbesondere am Morgen. Beim Säuglingsschnupfen mit schniefender Atmung durch die Verlegung kann auch Nux vomica angezeigt sein. Zwei weitere Arzneien sind bei dieser Indikation ebenfalls in Erwägung zu ziehen: Bei Lycopodium wird der Schnupfen von ausgeprägten Blähungen begleitet, die Verschlechterungszeit ist der Nachmittag. Um Sambucus nigra empfehlen zu können, erwarten wir zusätzlich zur verlegten Nasenatmung starke Schwitzattacken des Säuglings, insbesondere in der Nacht.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 74.

Dr. med. M. Berger Facharzt für Allgemeinmedizin, Homöopathie

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