Leber © Sebastian Kaulitzki / fotolia.com
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Lebererkrankungen – Teil 6

AUF DEM VORMARSCH

Leberkrebs, auch hepatozelluläres Karzinom (HCC) genannt, entsteht auf der Grundlage einer chronisch geschädigten Leber. In 90 Prozent der Fälle liegt eine Leberzirrhose zugrunde.

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Der Leberzellkrebs ist eine bösartige Erkrankung, die sich primär in der Leber entwickelt. Sie darf nicht mit Lebermetastasen verwechselt werden, die dort als Folge anderer Tumorarten wie zum Beispiel Magen- oder Darmkrebs entstehen. Ursprung des HCC sind hingegen die Hepatozyten selbst. In fast allen Fällen entsteht der Krebs als Spätfolge einer chronisch geschädigten Leber, meist einer Leberzirrhose.

Ist diese Zirrhose aufgrund einer Hepatitis B- oder C-Infektion entstanden, steigt das Krebsrisiko noch einmal deutlich an. In den westlichen Industrieländern gibt es zudem neben den Fällen, in denen ein HCC durch Leberschädigungen aufgrund von Alkoholabusus ausgelöst wird, eine zunehmende Anzahl, bei denen eine Fettleber Ursache ist. Leberkrebs ist somit in gewisser Weise auch eine Wohlstandskrankheit.

Männer weitaus häufiger betroffen Weltweit ist der Leberzellkrebs die fünfthäufigste Krebsart und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. In Deutschland erkrankten im Jahr 2014 schätzungsweise etwa 9000 Menschen, davon zwei Drittel Männer. Meist bricht die Krankheit erst im höheren Alter aus. Männer erkranken durchschnittlich mit 70, Frauen mit 74 Jahren. Dass Menschen unter 45 Jahren so gut wie nicht betroffen sind, erklärt sich daraus, dass die Leber ein sehr belastbares Organ ist. Sie kann sich über Jahre, sogar Jahrzehnte regenerieren, bevor ihre Zellen chronisch und irreparabel geschädigt sind.

Operation bringt nur mäßigen Erfolg Das macht allerdings auch den Leberkrebs so gefährlich. Sieben von zehn Leberzellkarzinomen werden erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, denn die Symptome zeigen sich erst, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Dann können Schmerzen im Oberbauch auf eine bereits bestehende Kapselspannung der Leber hinweisen. Auch Bauchwassersucht , anhaltendes Fieber und starker Gewichtsverlust können auftreten. Dann hat sich der Krebs meist schon so weit ausgebreitet, dass nur noch eine sehr schlechte Prognose besteht. Ohne Behandlung liegt sie im Durchschnitt bei sechs Monaten.

»Dass Menschen unter 45 Jahren so gut wie nicht betroffen sind, erklärt sich daraus, dass die Leber ein sehr belastbares Organ ist.«

Da Lebertumoren fast gar nicht auf Zytostatika ansprechen, prüft man zunächst die Möglichkeit, den Tumor chirurgisch durch Resektion der betroffenen Leberregion zu entfernen. Dazu muss er jedoch operabel sein und es muss nach der Operation ausreichend gesundes Gewebe verbleiben, das die Funktion der Leber gewährleistet. Doch auch bei erfolgreicher Operation ist die Rückfallquote mit 40 bis 60 Prozent sehr hoch.

Neues Organ Bessere Chancen bietet die Lebertransplantation. Sie wird gewählt, wenn die Leber aufgrund der Zirrhose ihre Aufgabe ohnehin nicht mehr erfüllen kann. Ob eine Transplantation infrage kommt, entscheidet sich nach den „Mailand-Kriterien“. Danach darf der Krebs noch nicht in andere Organe gestreut haben und es dürfen nur entweder drei Tumoren nicht größer als drei Zentimeter oder ein Tumor nicht größer als fünf Zentimeter vorliegen. Zudem müssen Pfortader oder Lebervene unbeeinträchtigt sein. Patienten, die rechtzeitig genug diagnostiziert und transplantiert werden, haben eine recht gute Prognose, zwei Drittel von ihnen leben noch vier Jahre nach der Transplantation.

DIAGNOSE
Mithilfe von Ultraschall, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie kann Leberkrebs eindeutig diagnostiziert werden. Wichtig ist, dass bei diesen Bilduntersuchungen ein Kontrastmittel gespritzt wird. Sind die Bildbefunde auch nach mehrmaligem Einsatz nicht eindeutig, kann eine Gewebeprobe Klarheit schaffen, die unter dem Mikroskop untersucht wird. Jeder diagnostizierte Lebertumor soll mit einer Magnetresonanztomografie dahingehend beurteilt werden, wie stark er
sich in der Leber ausgebreitet hat und in die Blutgefäße eingewachsen ist. Werden mehrere Herde gefunden oder ist der Krebs schon in die Blutgefäße der Leber eingedrungen, sollen die Ärzte mit einer Computertomografie des Brustkorbs klären, ob der Tumor bereits gestreut hat (Quelle: www.leitlinienprogramm-onkologie.de).

Palliative Maßnahmen Kommt keine Transplantation in Frage oder ist der Leberzellkrebs inoperabel, stehen verschiedene Therapien zu Wahl, die dem Patienten immer wieder einige Monate schenken können, indem sie den Tumor an Ort und Stelle durch Hitze oder Kälte zerstören. Das Tumorgewebe vernarbt dann oder wird vom Körper resorbiert, aber die verbliebenen Tumorzellen wachsen weiter. Mit dem Wirkstoff Sorafenib steht seit 2007 eine orale Therapie zur Verfügung, die die Blutversorgung der Krebszellen hemmt und ihr Wachstum verlangsamt. Allerdings kann auch mit Sorafenib das Überleben nur um wenige Monate verlängert werden.

Engmaschige Kontrolle Menschen, die Risikofaktoren für Leberzellkrebs aufweisen (chronische Hepatitis, Fettleber, Leberzirrhose) sollten das Organ alle sechs Monate per Ultraschall untersuchen lassen. Ergibt die halbjährliche Kontrolle einen Verdacht auf HCC, kann die Erkrankung mit einem Kontrastmittel-Ultraschall, per Computertomografie oder Angiografie diagnostiziert werden. Nur in seltenen Fällen, wenn die bildgebenden Verfahren nicht aussagekräftig sind, wird eine Leberbiopsie vorgenommen. Vorbeugen kann man einer Leberschädigung und somit auch dem Leberkrebs, indem man übermäßigen Alkoholgenuss meidet und sich ausgewogen und fettarm ernährt. In Studien hat sich auch ein mäßiger Kaffeekonsum als vorbeugend herausgestellt.

Hier finden Sie die anderen Teile der Artikelreihe:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/15 ab Seite 146.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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