Repetitorium

ASTHMA – TEIL 2

Die Folgen mangelhafter Asthma-Therapie kosten die Gesellschaft laut Schätzungen allein für Deutschland pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro. Wichtige Hilfestellung, um die Therapie zu optimieren, kann die Apotheke geben.

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Ziel der Asthmabehandlung ist abhängig vom Alter und von Begleiterkrankungen der Betroffenen die Verbesserung der Lebensqualität und der Prognose, indem

  • akute und chronische Krankheitserscheinungen vermieden werden,
  • bei Kindern und Jugendlichen krankheitsbedingte Beeinträchtigungen der körperlichen, psychischen und geistigen Entwicklung verhindert werden,
  • bei Erwachsenen keine krankheitsbedingten Beeinträchtigungen der körperlichen und sozialen Aktivitäten im Alltag auftreten,
  • Verschlechterungen, Komplikationen, Folgeschäden vorgebeugt wird,
  • das Erreichen einer möglichst normalen Lungenfunktion und Reduktion der bronchialen Hyperreagibilität angestrebt wird,
  • asthmabedingte Todesfälle minimiert werden.

Dabei besteht die Therapie sowohl aus der notwendigen Pharmakotherapie als auch aus nichtmedikamentösen Maßnahmen. Ursachen „schlechter“

Therapieerfolge Faktisch ist das Krankheitsbild Asthma mittlerweile sehr gut behandelbar. „Schlechte“ Therapieerfolge haben als Ursache meistens Unzulänglichkeiten, die in der Person des Asthmatikers begründet sind. Im Wesentlichen sind dies:

  • Fehlende Krankheitseinsicht: Der Patient wird sein Leben nicht an die Krankheit adaptieren. Der Patient ist nicht bereit, die auslösenden Noxen zu beseitigen.
  • Die Therapiebereitschaft fehlt oder lässt zu wünschen übrig.
  • Schlechte Compliance, da viele Asthmatiker immer noch dazu neigen, nur die Akut-Therapie mit dem Bronchodilatator durchzuführen, weil deren Effekt sofort spürbar ist, und die einzig korrekte prophylaktische antientzündliche Langzeit-Therapie abzusetzen, weil deren Effekt nur bei regelmäßiger Anwendung und verzögert auftritt.
  • Ein zu komplizierter Therapieplan oder ein Inhaliergerät, mit dem der Asthma-Patient nicht zurecht kommt .

In all diesen Fällen können nur eingehende Informationgespräche und Schulungen oder besser noch intensive pharmazeutische Betreuung helfen.

Die Asthma-Schulung – erfolgsentscheidend Asthmatiker profitieren im Gegensatz zu vielen anderen chronischen Erkrankungen sehr zeitnah von einer Schulung und Optimierung der angesetzten Therapie. Meist kann schon innerhalb vier Wochen die Lebensqualität deutlich verbessert werden, Alltagsaktivitäten, die schwer fielen, gelingen wieder normal. Mittels guter pharmazeutischer und ärztlicher Betreuung lernt der Patient seine Erkrankung selbst zu managen, also Aspekte der Pharmakotherapie, Inhalationstechnik und allgemeinen Lebensweise für sich zu berücksichtigen und umzusetzen.

Als Grundlage sollte dabei dienen, die Therapie für den Betroffenen so einfach wie möglich zu gestalten, also nur sie viel Medikamente einzusetzen wie nötig. PEF-Messungen sollten geübt werden, die Inhalationstechnik demonstriert und kontrolliert werden. Anhand der verordneten Dosen und dem Inhalt des verordneten Inhaliergerätes kann überschlagsmäßig auf die Patienten-Compliance geschlossen werden.

Prävention und nichtmedikamentöse Therapie Die strukturierte, verhaltensbezogene, bei Kindern und Jugendlichen die Familie einbeziehende Patientenschulung ist somit unterlässlicher Bestandteil einer guten Asthmatherapie. Die erfolgreiche Anleitung zum Selbstmanagement mit besserer Symptomkontrolle, Verringerung von Asthmaanfällen und Notfallsituationen trägt – aufgrund geringerer Krankenhaus-, Arbeitsunfähigkeits- oder Schulfehltage – auch wirtschaftlich gesehen zu einer positiven Kosten-Nutzen-Relation bei. Im Rahmen der Prävention sollten Asthmatiker zuallererst bekannte Asthmaauslöser meiden. Dies kann in der Konsequenz sogar Berufswechsel, etwa beim Bäckerasthma bedeuten, oder die Abschaffung von Haustieren, die ein Fell haben.

Auch ein Klimawechsel, etwa Aufenthalt und Urlaub in allergenarmen Zonen, hilft zeitweise gut. Angepasst an den Gesundheitszustand ist körperliches Training (Schulsport, Teilnahme an Lungensportgruppen) wesentlich, um die Belastbarkeit zu verbessern und die Asthmasymptomatik zu verringern. Flankierend kann eine physiotherapeutische Atemtherapie mit dem Ziel Atemnot, Hustenreiz und Angst zu reduzieren, helfen. Für rauchende Asthmapatienten sollte Tabakentwöhnung Pflicht sein. Die Lungenfunktion verbessert sich bereits sechs Wochen nach der letzten Zigarette durchschnittlich um 15 Prozent, wie Untersuchungen zeigen.

Da gelegentlich Asthma auch eine psychosomatische Komponente zugrunde liegt, können Psychotherapien teilweise eine Besserung bewirken. Übergewichtigen Asthmatikern ist eine Gewichtsreduktion zu empfehlen. Ernährungsumstellung zu Vollwertkost beziehungsweise intermittierendes Fasten kann den Peak Flow (Atemstrom) häufig signifikant verbessern und auch die Biomarker für Entzündungen im Blutserum reduzierten sich laut gegenwärtiger Studienlage deutlich.

Medikamentöse Therapie Bei einer Allergie gegen ein bekanntes Allergen (allergisches Asthma) kann eine De- beziehungsweise Hyposensibilisierung als kausale Therapie günstige Effekte zeigen. Da allerdings so mancher allergischer Asthmatiker gegen eine Vielzahl verschiedener, teilweise unbekannter Auslöser sensibilisiert ist und zudem Komplikationen, im Extremfall ein anaphylaktischer Schock bei Allergenverabreichung, auftreten können, ist diese Therapieform nur eingeschränkt anwendbar und umstritten. Ziel der symptomatischen Pharmakotherapie ist die Unterdrückung der asthmatischen Entzündung, Senkung der bronchialen Hyperreagibilität und der Atemwegsobstruktion mit dem Ziel, den Status eines kontrollierten Asthmas zu erreichen.

Die Medikamente werden in Bedarfstherapeutika („Reliever“) zur raschen symptomatischen Therapie und in Langzeittherapeutika zur Dauermedikation („Controller“) unterteilt. Die inhalative Applikation der Wirkstoffe wird – so möglich – bevorzugt, da hiermit in den Bronchien wirksame Arzneistoffspiegel erreicht werden, eine systemische Wirkung oder Nebenwirkung jedoch deutlich reduziert wird.

Bedarfsmedikamente Die Bedarfs- oder Akutmedikamente werden bei einem akuten Asthmaanfall – oder wenn sich ein solcher ankündigt – eingesetzt. Die Bronchien sollen mit den Wirkstoffen schnell, aber kurzfristig erweitert werden, um Erleichterung zu schaffen. Schnell wirkende beta2-Sympathomimetika, abgekürzt RABA (rapid acting beta-2-agonists), sind Mittel der ersten Wahl und damit die am häufigsten genutzten Notfall- und Bedarfsmedikamente. Durch Erregung der Beta-2- Rezeptoren des Sympathikus, eines Anteils des vegetativen Nervensystems, entspannen sie die Atemwegsmuskulatur. Der Bronchospasmus wird aufgehoben, die Bronchien können sich wieder ausdehnen, betroffene Asthmatiker bekommen bei einer akuten Asthma-Attacke schnell wieder besser Luft.

Ferner steigern sie durch Anregung der Flimmerbewegung der Zilien die mukoziliäre Clearance und wirken, indem sie die Freisetzung von Entzündungsmediatoren hemmen, in begrenztem Umfang auch etwas Asthma-prophylaktisch. Zu den rasch wirkenden Betasympathomimetika gehören die Wirkstoffe Fenoterol, Salbutamol und Terbutalin. Da ihre Wirkung auch nur kurz anhält, findet sich in der Literatur auch häufig die Abkürzung SABA (short acting beta-2-agonist). Auch der Wirkstoff Formoterol ist schnell wirksam. Da seine Wirkung zusätzlich aber länger anhält, zählt er zusätzlich zu den lang wirksamen beta2-Sympathomometika (LABA, long acting beta-2 agonists) und findet ebenfalls in der Langzeittherapie seinen Einsatz. Nebenwirkung dieser Bedarfsmedikamente können insbesondere bei zu hoher Dosierung oder zu häufiger Benutzung Herzrasen, Unruhe, Zittern sein.

Alternative Bedarfsmedikamente mit geringerer Wertigkeit sind:

  • Das Anticholinergikum Ipratropiumbromid, das den Parasympathikus als Anteil des vegetativen Nervensystems blockiert und dadurch bronchospasmolytisch wirkt. Die Wirkung tritt etwa drei bis fünf Minuten nach Inhalation ein und hält etwa vier bis sechs Stunden an, ist somit etwas langsamer und insgesamt schwächer als die schnell wirkenden beta2-Sympathomimetika. Als Nebenwirkung wird in seltenen Fällen Mundtrockenheit als Ausdruck einer Speichelsekretionshemmung beobachtet.
  • Kombinationspräparate, die ein schnell wirksames beta2-Sympathomimetikum (SABA) wie den Wirkstoff Fenoterol mit dem Anticholinergikum Ipratropiumbromid fix enthalten. Wenn eine schwere Bronchialobstruktion vorliegt oder bei der Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren kommt diese Kombination laut NVL öfters zum Tragen.
  • Das Xanthin-Derivat Theophyllin ist wie die beta2- Sympathomometika ein starkes Bronchospasmolytikum, lässt also die verkrampfte Bronchialmuskulatur erschlaffen, wobei der Wirkmechanismus im Einzelnen noch nicht vollständig geklärt ist. Zudem wird die Freisetzung von Entzündungsmediatoren gehemmt, was den Einsatz des Wirkstoffs auch in der Langzeittherapie erklärt. Als Bedarfsmedikament wird die Substanz, um schnell zu wirken, als Tropfen oder Lösung verabreicht. Problematisch an diesem Wirkstoff sind allerdings die enge therapeutische Breite und die bei höheren Plasmaspiegeln zu erwartenden erheblichen Nebenwirkungen. Zu nennen sind hier insbesondere zentralnervöse Störungen, wie Unruhe, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen, aber auch Tachykardie (Herzrasen) und Tachyarrhythmien (Herzrhythmusstörungen).
  • Zur oralen Verabreichung in Tablettenform werden schnell wirkende beta2-Sympathomimetika sowie systemische Glukokortikoide wegen der vergleichsweise hohen Nebenwirkungen nur noch selten in der Bedarfsmedikation angewandt. Kortisol und Kortison-Derivate gehören zu den stärkste antientzündlichen Stoffen, sodass durch Unterdrückung der Entzündung die Asthma- Symptome gelindert werden. In höheren Dosen entfalten die Glukokortikoide sogar direkt eine bronchospasmolytische Wirkung.

Der „Status asthmaticus“ Ein akuter Asthmaanfall kann auch dramatisch verlaufen. Die Maximalvariante ist der Status asthmaticus, ein Asthmaanfall, der nicht nach einiger Zeit zu Ende geht, sondern sich entweder sehr schnell oder auch über Stunden ständig verschlechtert. Da dies neben der anhaltenden Verengung der Atemwege auch zu Störungen der Herzfunktion führt, ist dies unmittelbar lebensbedrohlich. Wenn die Inhalation eines kurz wirksamen beta2-Sympathomimetikum nicht mehr hilft, sollte umgehend der Notarzt gerufen werden. Dieser kann mit mechanischer Sekretentfernung, atemerleichternder Lage, Sauerstoffzufuhr über eine Sonde oder Maske, kurz wirksamen beta2-Agonisten inhalativ, aber auch subcutan oder intravenös, eventuell Ipratropiumbromid inhalativ, Glukokortikoiden oral oder intravenös, seltener auch oral oder intravenös gegebenem Theophyllin Abhilfe schaffen.

Tipp 1: Eine Tabelle mit Bedarfsmedikamenten und Langzeittherapeutika finden Sie hier.
Tipp 2: Über Complianceprobleme bei Antiasthmatika informiert Sie unser TATORT APOTHEKE auf der Seite 72 in diesem Heft.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/11 ab Seite 48.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin, Journalistin

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