Meerschweinchen © Ellende / iStock / Getty Images Plus
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Tiere in der Apotheke

ARTGERECHTE HALTUNG

Meerscheinchen zählen in Deutschland zu den beliebtesten Heimtieren. Die Nager aus Südamerika brauchen für ein glückliches Meerschweinchen-Dasein aber bestimmte Bedingungen.

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Was sie auf jeden Fall brauchen, sind Artgenossen, ausreichend Platz und einen gut strukturierten Lebensraum – dies muss bei ihrer Haltung berücksichtigt werden, denn laut Tierschutzgesetz sind Tierhalter verpflichtet, ihre Haustiere den tierartspezifischen Bedürfnissen entsprechend unterzubringen und für deren Wohlbefinden zu sorgen.

Soziale Tiere Das Verhalten der domestizierten Art unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der Wildmeerschweinchen, die in Mittel- und Südamerika leben. Das bedeutet unter anderem, dass Meerschweinchen viel Freiraum und Auslauf benötigen. Meerschweinchen besitzen außerdem ein sehr ausgeprägtes soziales Verhalten und dürfen daher nie einzeln gehalten werden, sondern mindestens zu zweit, besser sind sogar mindestens drei Meerschweinchen, da sich die geselligen Tiere in der Gruppe aktiver und lebhafter verhalten als in der Paarhaltung. Besonders pflegeleicht sind Meerschweinchen-Gruppen, die nur aus Weibchen oder Männchen bestehen, in gemischten Gruppen müssen die Böckchen kastriert werden. Kaninchen sind aufgrund der unterschiedlichen Körpersprache keine geeigneten Partner für Meerschweinchen. Generell ist zu beachten, dass Meerschweinchen eine durchschnittliche Lebenserwartung von sechs bis acht Jahren haben, was eine langjährige Verantwortung bedeutet, die auch mit Kosten und Zeitaufwand verbunden ist.

Haltung Die häufigste Unterbringungsform in der privaten Meerschweinchenhaltung ist ein handelsübliches Gehege mit einer Bodenschale aus Plastik. Pro Tier wird eine Grundfläche von mindestens einem Quadratmeter empfohlen – es darf aber durchaus mehr Platz sein. Das ist wichtig, um den Tieren die Möglichkeit zur Flucht zu bieten und um den anderen Artgenossen ausweichen zu können. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) empfiehlt eine Mindestgröße von 120 Zentimeter Länge x 60 Zentimeter Breite x 50 Zentimeter Höhe. Das Gehege sollte zudem immer erhöht stehen oder mindestens auf Tischhöhe aufgestellt sein. Steht es auf dem Boden oder verursacht die Umgebung Lärm oder ständige Unruhe, können Dauerstress und übermäßige Aggressivität gefördert werden.

Gehege, die in die Höhe gebaut sind und auf den einzelnen Etagen nur eine kleine Grundfläche bieten, sind nicht geeignet. Besser ist eine möglichst große durchgehende Lauffläche, da sich Meerschweinchen generell auf ebenem Boden am wohlsten fühlen, wobei aber auch Aussichtsplätze auf erhöhten Liegeflächen beliebt sind. Vorsicht ist bei steilen Rampen geboten, da Meerschweinchen leicht abstürzen. Als Einstreu eignet sich vor allem Heu, weniger dagegen Stroh, da es zu Augenverletzungen führen kann. Auch bei ausreichend Platz im Gehege sollten die Tieren mindestens einmal täglich Freilauf für ein bis drei Stunden mit Rückzugsmöglichkeiten haben. Beim Freilauf sollten die Meerschweinchen beaufsichtigt werden, unter anderem wegen Risiken wie Überhitzung oder Absturzgefahr (Balkon). Bei einer Außenhaltung muss das Gehege zudem gegen Fressfeinde und Ausbruchversuche gesichert sein, und es müssen Bereiche zur Verfügung stehen, die vor Witterungseinflüssen schützen.

Schöner Wohnen für Meerschweinchen Auch die Einrichtung des Geheges ist wichtig, denn Meerschweinchen sind Fluchttiere und brauchen daher Versteckmöglichkeiten in Form von Röhren, Wurzeln, Ästen und Häuschen, wobei jedem Meerschweinchen ein Häuschen oder eine andere Unterschlupf- oder Rückzugsmöglichkeit zur Verfügung stehen sollte, damit sich die Tiere aus dem Weg gehen können. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten können Schreckhaftigkeit, Fluchtverhalten und Angstreaktionen verursachen oder verstärken. Ganz wichtig ist geeignetes Nagematerial wie Heu oder frische Zweige, um dem Nagebedürfnis der Tiere gerecht zu werden und auch, um Langeweile und damit Verhaltensstörungen entgegenzuwirken. Denn fehlt geeignetes Nagematerial, kann es zum Gitternagen und Fellbeißen (Trichophagie) kommen.

Hygiene im Meerschweinchengehege Die Einstreu darf nicht feucht werden und sollte deshalb mindestens einmal wöchentlich gewechselt werden, ebenso der Untergrund. Einrichtungsgegenstände, Futternäpfe und Trinkgefäße sollten täglich mit heißem Wasser gereinigt werden. Da immer genügend Rohfaser und Nagematerial zur Verfügung stehen muss, wird Raufutter als Hauptbestandteil des Nahrungsangebotes gefüttert, am besten Heu ad libitum. Auch Frischfutter als Saftfutter, Obst und Gemüse ist Bestandteil einer artgerechten Fütterung. Körnerfutter und Belohnungen in Form von gezuckerten Drops sollten nur restriktiv angeboten werden. Die Tiere müssen stets Zugang zu frischem Trinkwasser haben, das täglich erneuert werden muss.

Wichtig: Bei Meerschweinchen sollte auf eine ausreichende Vitamin-C-Versorgung über das Futter geachtet werden, denn sie sind nicht in der Lage, Vitamin C selbst zu synthetisieren. Der tägliche Bedarf eines gesunden adulten Meerschweinchens an Vitamin C beträgt 10 bis 20 Milligramm/Kilogramm Körpergewicht. Bei einer Unterversorgung mit Vitamin C kann es schnell zu klinischen Symptomen wie Gewichtsabnahme und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen und Blutungen des Zahnfleisches mit Zahnlockerungen kommen. Weitere Anzeichen sind Bewegungsunlust, verdickte und schmerzhafte Gelenke, Arthritis und verzögerte Wundheilung. Die Meerschweinchen weisen dann auch allgemein ein ungepflegtes Erscheinungsbild auf. Die Therapie besteht aus einer Vitamin-C-Substitution. Außerdem sollte für eine kontinuierliche ausreichende Vitamin-C-Zufuhr gesorgt werden. Futtermittel mit einem hohen Vitamin-C-Anteil sind beispielsweise Hagebutten, Brennnesseln, Paprika und Petersilie. Gegebenenfalls kann dem Trinkwasser Ascorbinsäure zugesetzt werden.

Gesundheitscheck Es wird ein regelmäßiger Gesundheitscheck der Tiere empfohlen. Das heißt: Der Gesundheitszustand sollte täglich kontrolliert werden und zwar Analregion, Pfoten, Krallenlänge, Augen, Maulregion und zudem, ob Futter aufgenommen wird. Denn wenn ein Tier das Futter verweigert oder weniger als gewöhnlich frisst, muss umgehend, noch am gleichen Tag, der Tierarzt aufgesucht werden.

Fazit Die artgerechte Haltung und Fütterung ist wesentlich für das Wohlbefinden der Meerschweinchen. Damit können auch Verhaltensstörungen, die aufgrund von Reizarmut und Langeweile auftreten können, vermieden werden. Hierzu zählen die Automutilation, bei der es es sich um ein übersteigertes Putzen und Belecken handelt, oder Apathie, die sich in Zurückziehen, Desinteresse und Anorexie äußert. Grundsätzlich ist ein sanfter und verhaltensgerechter Umgang wichtig, denn Meerschweinchen sind eher scheu und reagieren oft schreckhaft. Daher sollte man sich mit ihnen sehr vorsichtig und behutsam beschäftigen, damit sie handzahm werden und man sie, auch wegen des Gesundheitschecks, auf den Arm nehmen kann.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 11/2020 ab Seite 100.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin

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