© Die PTA in der Apotheke
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Tatort Apotheke

ANTIDEPRESSIVA

Antidepressiva haben ihren festen Platz in der Schmerztherapie. Patienten, die darüber nicht informiert sind, lehnen diese Medikation aus Angst vor der Einnahme von Psychopharmaka häufig ab.

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Frau Sieglinde Schumacher wendet sich bei ihrem heutigen Apothekenbesuch an die PTA ihres Vertrauens. Sie schildert der Apothekenmitarbeiterin, dass sie momentan wieder stärkere Rückenschmerzen habe und nun einmal die neuen Wärmepflaster aus der Werbung probieren wolle. Die PTA fragt nach, ob Frau Schumacher in letzter Zeit bei ihrem Arzt war und die Beschwerden abgeklärt worden seien.

Daraufhin erzählt die Patientin, dass sie sogar wegen der Bandscheibenproblematik beim Orthopäden gewesen sei und dieser ihr Tabletten verordnet habe. Im Nachhinein sei sie aber nicht zufrieden, denn der Mediziner habe sie wohl nicht ernst genommen – vermutlich dachte er, ihre Rückenprobleme würde sie sich nur einreden. Die PTA Stefanie Hilfreich hakt nach. Nun rückt Frau Schumacher mit der Sprache heraus: Sie habe ein Antidepressivum, Amitriptylin 25 Milligramm verordnet bekommen, es sogar zwei Tage eingenommen, aber überhaupt nicht vertragen. Zu diesem Arzt ginge sie sicherlich nicht mehr.

Pharmakologischer Hintergrund Amitriptylin ist ein trizyklisches Antidepressivum. Es hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin in das präsynaptische Neuron. In Dosierungen zwischen 75 und 150 Milligramm pro Tag wird es zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Schon niedrige Dosierungen von 25 bis 50 Milligramm haben bereits einen analgetischen Effekt.

Trizyklische Antidepressiva haben ihren festen Platz in dem Stufenschema der WHO zur Schmerztherapie. Ihre analgetische Wirkung ist noch nicht vollständig erklärt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Übertragung von Schmerzimpulsen auf der Ebene des Rückenmarks verändert wird. Dabei werden die Botenstoffe, die für die Schmerzwahrnehmung und Weiterleitung ins Gehirn verantwortlich sind, gehemmt. Von Nachteil sind die anticholinergen Nebenwirkungen, die trizyklische Antidepressiva auslösen. Gerade zu Beginn der Therapie werden Symptome wie Mundtrockenheit, Herzrasen und Unruhegefühl als unangenehm empfunden.

Zurück zum Fall Die PTA versteht die Enttäuschung der Patientin. Sie könne ihr aber versichern, dass der Arzt sie sicher ernst genommen habe und dass sie vor den Amitriptylintabletten keine Angst haben müsse. Einfühlsam erläutert sie Frau Schumacher, dass die Verordnung des Orthopäden leitliniengemäß war und viele Patienten mit neuropathischen oder Rückenschmerzen von einer solchen Behandlung profitieren.

Sie erklärt, dass Amitriptylin die Botenstoffe, die für die Schmerzwahrnehmung wichtig sind, beeinflusst und dass die vom Arzt vorgegebene Dosierung von 25 Milligramm bis maximal 50 Milligramm pro Tag viel niedriger sei als die in der Therapie von Depressionen verwendetet Tagesdosen.

Sie rät Frau Schumacher dazu, die Tabletten noch einmal zu versuchen, weist sie aber auch daraufhin, dass die verspürten Nebenwirkungen ganz normal sind und diese sich nach einer mehrtägigen Gewöhnungsphase des Körpers wieder reduzieren werden. Die Apothekenmitarbeiterin stellt der Kundin in Aussicht, dass sie dann auch von anderen Schmerzmitteln möglicherweise weniger benötigen werde. Das gewünschte Wärmepflaster könne sie aber ruhig zwischendurch als physikalische lindernde Maßnahme anwenden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/12 auf Seite 77.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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