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Shisha-rauchen

ALLES VÖLLIG ENTSPANNT?

Mit Freunden entspannt zusammensitzen und ab und zu einen Zug aus der Wasserpfeife nehmen. Shisha-Rauchen hat ein cooles Image. Doch das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor den Gesundheitsgefahren der Wasserpfeife.

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Auf der Geburtstagsparty fehlte es an nichts: Essen vom Food Truck, Nachtisch vom Eiswagen und später der Shisha-Lieferservice, komplett mit Wunsch-Aroma und persönlichem Mundstück. Traf man sich bisher in Bars und Cafés zum gemeinsamen Rauchen, ist das nun auch im privaten Rahmen möglich. Doch ist das Shisha-Rauchen tatsächlich ein ungetrübtes Vergnügen? Nein! Der Dampf enthält Nikotin, Teer, Benzol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, dazu viel Kohlenmonoxid.

Uralte Form des Rauchens Der Ursprung der Shisha-Pfeife lässt sich bis nach Indien verfolgen. Das Prinzip: In einer Tonschale glimmen unter glühender Holzkohle Kugeln aus Tabakstaub, der mit Melasse gebunden ist. Der Rauch wird in ein wassergefülltes Bodengefäß („Huka“) geleitet und durch einen Bambusstock oberhalb des Wasserspiegels eingesogen. Die Wasserpfeife in der heutigen Form entwickelte sich im 16. Jahrhundert in Ägypten und verbreitete sich in der gesamten arabischen Welt. Das Gefäß besteht heute aus buntem Glas und das Wasser ist oft mit Rosenblättern aromatisiert, durch die der Rauch leicht gefiltert wird. Wenn Männer sich um die Wasserpfeife versammeln, ist das ein Zeichen für eine gastfreundliche Gemeinschaft.

Nicht geraucht, sondern verdampft Inzwischen hat sich die Shisha auch in westlichen Ländern etabliert, auch als Alternative zur Zigarette. Bei der Wasserpfeife fehlt jedoch der Filter und die Schadstoffe werden bei der Passage durch das Wasser nur teilweise verdünnt. Man inhaliert mehr Nikotin als bei einer Zigarette – und der Dampf bleibt länger in der Lunge, denn durch den Unterdruck im Gefäß inhaliert man automatisch Luft, Dampf, Rauchpartikel und Aromastoffe. Auf dem Pfeifenkopf lagert Rohtabak, der durch Zusatz von Glycerin und Melasse feucht bleibt und mit fruchtigen oder süßen Aromen versetzt ist. So kann zwischen den verschiedensten Früchten, Cappucino, Karamell, Lakritz, Gummibärchen oder Cola-Geschmack gewählt werden. Auch nikotinfreier Tabak aus Zuckerrohr ist erhältlich. Unter den glühenden Kohlen werden Tabak, Feuchtigkeitsmittel und Aromastoffe erhitzt und verdampfen. Shisha-Tabak wird also nicht geraucht, sondern bei niedrigeren Temperaturen verschwelt. Dabei entstehen Benzol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, zwei Substanzen, die krebserregend wirken. Ebenso können nikotinfreie Shisha-Steine (‚Shiazo‘) aufgelegt werden, das sind poröse Mineralkomplexe, die die Aromastoffe besonders gut aufnehmen.

Der angepriesene Effekt: Voller Geschmack und dichter Dampf. Tatsächlich bilden sich Nebelfluide, die gesundheitlich umstritten sind, gerade weil die Zusammensetzung nicht definiert ist. Verdampfen die diversen Zusatz- und Aromastoffe, ist auch das nicht unproblematisch. Es kann zu Lungenfunktionsstörungen, Atemwegsreizungen, Husten und Augenreizungen kommen. Beim Verglühen der Holz- oder Naturkohle bildet sich Kohlenmonoxid, ein gesundheitsgefährdendes Gas. Als Alternative werden zwar selbstzündende Kohlen angeboten. Sie sind jedoch mit Schwefel, Magnesium und/oder Kaliumnitrat versetzt und bilden nach dem Erhitzen giftige Dämpfe.

Wie das Risiko bewertet wird Aus diesen Gründen kam das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im November 2016 zu der Einschätzung, dass sowohl Zigaretten als auch Shishas gesundheitsschädlich sind. Jeweils werden Nikotin, Teer und Kohlenmonoxid aufgenommen - beim Shisha-Rauchen sogar mehr Kohlenmonoxid und mehr Nikotin als bei der Zigarette. Nikotin macht süchtig, denn es stimuliert die verschiedensten Hirnareale. Nikotin wird innerhalb von zwei Stunden abgebaut, sodass das Verlangen schnell wiederkehrt. Langjähriger Wasserpfeifenkonsum kann die Lungenfunktionen verschlechtern und das Risiko erhöhen, an einem Tumor zu erkranken, so die Bewertung des BfR. Frauen, die während der Schwangerschaft Wasserpfeife rauchen, sind stärker gefährdet, ein Kind mit niedrigem Geburtsgewicht zu bekommen. Die Auswirkungen von Shisha und Zigarette auf den Stoffwechsel können mit Hilfe von Cotinin, dem Abbauprodukt des Nikotins, verglichen werden. So führte der tägliche Konsum von einer Wasserpfeife zu einem Cotiningehalt im 24-Stunden-Urin, der dem täglichen Konsum von zehn Zigaretten entspricht. Raucht man gelegentlich, innerhalb von vier Tagen, eine Wasserpfeife, entspricht der Cotiningehalt im 24-Stunden-Urin dem Konsum von zwei Zigaretten pro Tag.

Warnung vor Kohlenmonoxid-Vergiftung Dass es beim Genuss der Shisha auch zu völlig unerwarteten, notfallmedizinischen Komplikationen kommen kann, darauf verwies die Universitätsklinik Leipzig im Juni 2015. Intensivmediziner mussten einen Patienten mit einer schweren, potenziell lebensbedrohlichen Kohlenmonoxid-Vergiftung nach dem Rauchen einer Wasserpfeife behandeln. Die Ärzte gaben an, dass im Vergleich zu Zigaretten eine zehnfache Dosis an Kohlenmonoxid aufgenommen werden kann. Im Gegensatz dazu sei die Menge an Teer und krebsauslösenden Giftstoffen, die man aufnimmt, gleich. Da die Symptome einer Kohlenmonoxid-Vergiftung unspezifisch sind - Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit, manchmal sogar Bewusstlosigkeit - würde bei zeitlicher Verzögerung niemand an die Shisha als Ursache denken. Eine Therapie muss jedoch möglichst innerhalb der ersten vier Stunden eingeleitet werden, damit die Gefahr von neurologischen Spätschäden gebannt wird.

Was wird empfohlen? 14 Prozent der Jugendlichen in Deutschland rauchten mindestens einmal im Monat Wasserpfeife, das zeigte eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2007. Heute, zehn Jahre später, dürfte der Anteil und die Häufigkeit weiter zugenommen haben. Da Shisha-Rauchen den Einstieg in das Zigarettenrauchen erleichtern könnte, sollten gerade Jugendliche davor geschützt werden, so das BfR. Bei der gesundheitlichen Aufklärung sollte nicht nur auf die Gesundheitsgefahren durch das Zigarettenrauchen hingewiesen werden, sondern auch auf die Risiken im Zusammenhang mit dem Shisha-Rauchen. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/17 ab Seite 146.

Dr. Christine Reinecke, Diplom-Biologin

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