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Gefahrstoffe

ACHTUNG: GEFAHRSTOFFKONTROLLE

Hoher Blutdruck, Übelkeit und hochroter Kopf sind nur einige der Symptome, die auftreten, wenn sich der Pharmazierat ankündigt. Vorbereitung und Kontrollen sind dabei die beste Prophylaxe.

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Nachdem gefahrstoffrechtliche Grundlagen auf nationaler und internationaler Ebene beleuchtet wurden, sollen nun konkrete Praxisbeispiele folgen. Je nach Bundesland kündigt sich der Pharmazierat an oder erscheint unangemeldet in der Offizin. Unabhängig von diesem Vorgehen löst diese Information meist ein mulmiges Gefühl aus. Dieses gilt nicht nur für den verantwortlichen Apotheker, sondern auch für PTA, die sich in den meisten Apotheken um die Rezeptur kümmern. Abgesehen von den Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung und des Arzneimittelrechts steht auch die gefahrstoffrelevante Dokumentation auf der Agenda des Pharmazierats.

Im turbulenten Alltag zwischen Lieferengpässen, telefonischen Rücksprachen mit Ärzten und aufwendigen Rezepturen bleibt oft nur wenig Zeit sich ausgiebiger mit den wichtigsten Vorgaben des Gefahrstoffrechts zu beschäftigen. Daher sollen in dieser Ausgabe der Gefahrstoffreihe die wichtigsten Punkte aufgegriffen werden, bei denen der Pharmazierat sein Häkchen setzt. Beginnend bei den offensichtlichen Aushängen, die auf den ersten Blick erkennbar sein sollen, sind Betriebsanweisungen wichtige Gedächtnisstützen.

Diese schriftlichen Anweisungen sorgen für eine regelmäßige Erinnerung des angebrachten Verhaltens. Außer vor Gefahren zu warnen, werden auch Erste-Hilfe-Maßnahmen und richtiges Verhalten im Notfall kurz und knapp kenntlich gemacht. Damit diese Anweisungen auch wirklich verinnerlicht werden, muss mindestens einmal im Jahr durch den Apothekenleiter oder eine beauftragte Person eine Unterweisung erfolgen. Diese muss schriftlich von den Mitarbeitern bestätigt werden. Nach den Betriebsanweisungen geht der Pharmazierat daraufhin weiter ins Detail.

Gefahrstoffverzeichnis Als elementare, gesetzlich vorgesehene Quelle für allgemeine Auskünfte über Gefahrstoffe wird das Gefahrstoffverzeichnis überprüft. Hier müssen alle vorhandenen Gefahrstoffe mit Menge, gefahrstoffrechtlicher Einstufung und Hinweisen auf das jeweilige Sicherheitsdatenblatt aufgelistet sein. Fertige Gefahrstoffverzeichnisse beinhalten die meisten gängigen Gefahrstoffe, die in Apotheken genutzt werden. Die vorhandene Menge kann ergänzt werden. Einmal im Jahr muss das Gefahrstoffverzeichnis auf Aktualität geprüft werden. Falls vorhandene Gefahrstoffe nicht enthalten sein sollten, werden Zeilen für die Ergänzung zur Verfügung gestellt.

Als nächster Punkt werden die Sicherheitsdatenblätter unter die Lupe genommen. Durch §5 Gefahrstoffverordnung rechtlich verbindlich muss für jeden vorhandenen Stoff ein Sicherheitsdatenblatt vorliegen. Dabei reicht es aus, dieses in digitaler Form auf einem für alle Mitarbeiter zugänglichen PC zur Verfügung stehen zu haben. Ein reiner Verweis auf das Internet reicht nicht aus. Das jeweilige Sicherheitsdatenblatt muss für jeden Abnehmer eines Gefahrstoffs zur Verfügung stehen. Das heißt, dass Apotheken ein Anrecht auf ein kostenloses Sicherheitsdatenblatt vom Hersteller oder Händler haben. Im Gegenzug hat damit aber auch der Kunde ein Anrecht darauf ein Exemplar in die Hand zu bekommen.

Diese Vorgabe gilt ebenfalls für Arztpraxen, die Gefahrstoffe über Sprechstundenbedarf beziehen. Alle bisher genannten Prüfpunkte stehen nicht nur für sich alleine, sondern finden sich als Grundlage für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung wieder. Betriebsanweisungen, Gefahrstoffverzeichnis und Sicherheitsdatenblätter dienen zusammen mit weiteren Dokumentationen zum Qualitätsmanagement als Ausgangspunkt für die präventive Einschätzung der Gefahren bei Arbeitsabläufen. Der Apotheker oder die fachkundige Person ist dafür verantwortlich, dass für alle Aufgaben mit Gefahrenpotenzial eine Gefährdungsbeurteilung vor der ersten Durchführung erstellt wurde. Somit können alle Mitarbeiter einsehen, welches Risiko durch eine erteilte Aufgabe ausgeht.

Arbeitsabläufe sollen so angepasst werden, dass vermeidbare Gefahren frühzeitig eliminiert werden. Dazu gehört auch die erforderliche Kennzeichnung der Gefahrstoffe. Durch den Wegfall der Pflicht zur Umfüllung von Ausgangssubstanzen für den eigenen Bedarf wurde dieser Punkt vereinfacht. Die meisten Gefahrstoffe kommen in fertig ausgezeichneten Behältern mit den entsprechenden Etikettierungen in die Apotheke. Einzig die Kenntlichmachung der Schutzausrüstung muss ergänzt werden. Nicht verpflichtend aber sinnvoll ist das Farbkonzept der Bundesapothekerkammer. Vier verschiedene Farben sollen auf die jeweilige Schutzausrüstung hinweisen. Eine Betriebsanweisung für die Übersetzung der jeweiligen Farbpunkte in die richtige Schutzausrüstung muss eindeutig erkennbar sein. Ebenso können selbst ausgearbeitete, apothekeneigene Konzepte genutzt werden.

Gefahrstoffabgabe Seit Juni 2019 muss laut Chemikalienverbotsverordnung die Sachkunde des pharmazeutischen Personals alle sechs Jahre neu nachgewiesen werden. Fehlt dieser Nachweis, verliert der betroffene Mitarbeiter seine Erlaubnis für die Gefahrstoffabgabe. Diese Sachkundenachweise werden nun ebenfalls kontrolliert. Da bei Einträgen ins Gefahrstoffabgabebuch der verantwortliche pharmazeutische Mitarbeiter seinen Namen eintragen muss, lässt sich leicht rückverfolgen, ob ein Abgabeverbot aufgrund von fehlendem aktuellem Sachkundenachweis eingehalten wurde. Über diesen Punkt hinweg wird sich der Pharmazierat das Abgabebuch genauer anschauen.

Es müssen folgende Angaben gemacht worden sein: Art und Menge des abgegebenen Gefahrstoffs, Datum der Abgabe, Verwendungszweck, Name der abgebenden Person, Name und Anschrift des Erwerbers und natürlich darf die Unterschrift des Erwerbers nicht fehlen. Als letzten Punkt im Bereich der Gefahrstoffabgabe wird sich der Pharmazierat vergewissern, dass den Mitarbeitern die Grenzen bei der Abgabe bewusst sind. Dazu sollte allen Mitarbeitern bekannt sein, welche Quellen sie zur Recherche nutzen können. Das Gefahrstoffverzeichnis ist dabei eine gute Referenz. Abgesehen von den maximalen Abgabemengen werden ebenfalls die Gesetze erwähnt, in denen diese Grenzen zu finden sind. So kann man bei Gesetzesänderungen schnell reagieren und das Verzeichnis dementsprechend aktualisieren.

Als letztes Gebiet der Gefahrstoffkontrolle darf das Grundstoffüberwachungsgesetz nicht fehlen. Der Pharmazierat wird sich vergewissern, ob die Stoffe, die aktuell unter dieses Gesetz fallen, den Mitarbeitern bekannt sind. Somit ergeben sich auch zwei weitere Kontrollen. Zum einen, ob bei entsprechender Abgabe die Endverbleibserklärungen korrekt ausgefüllt wurden und zum anderen, ob bei Verdachtsfällen die Meldewege bekannt sind. Nachdem nun alles abgearbeitet wurde, kann der Pharmazierat die Apotheke ruhigen Gewissens verlassen. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die Mitarbeiter tief durchatmen können und der Puls sich wieder normalisieren kann.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 118.

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde

Nur nicht nervös werden: Das Gefahrenstoffverzeichnis ist eine gute Referenz, wenn der Pharmazierat die Grenzen bei der Abgabe von Gefahrstoffen überprüft.

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