Masken und Handschuhe © Yevhenii Orlov / iStock / Getty Images Plus
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Hilfsmittel
PKA-Fortbildung

Welche Hilfsmittel zahlt die Pflegeversicherung?

Wir alle möchten gerne alt werden, aber alt sein schon weniger. Und pflegebedürftig werden schon gar nicht. Aber genau dafür ist die Pflegeversicherung da, übrigens natürlich auch für junge Pflegebedürftige.

5 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2020

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Seit der Umstellung der Art der Einstufung von drei Pflegestufen in fünf Pflegegrade gibt es immer mehr Menschen, die Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben. Zu diesen Leistungen gehören neben der pflegerischen Hilfe auch sogenannte sächliche Leistungen zur Erleichterung der häuslichen Pflege, also Pflegehilfsmittel, die Kunden in Ihrer Apotheke bekommen können. Dazu berechtigt sind außerdem auch Pflegedienste, pflegende Angehörige, Freunde oder Bekannte.

Um welche Artikel handelt es sich dabei, und wie werden sie genau abgerechnet? Praktischerweise gibt es bei der Versorgung mit Pflegehilfsmitteln nur eine einzige Art von Vertrag für alle gesetzlichen Pflegekassen. Die ansonsten manchmal unangenehme Frage nach der Krankenkasse entfällt also zum Glück. Wenn ein Kunde beziehungsweise eine Kundin oder ein Angehöriger mit einer schriftlichen Bestätigung über die Einstufung in einen Pflegegrad zu Ihnen kommt, müssen Sie bei der entsprechenden Pflegekasse, die direkt an die Krankenkasse des Kunden angeschlossen ist, einen Antrag auf Übernahme der Pflegehilfsmittel stellen. Dieses Formular ist die sogenannte Anlage IV (für römisch 4) des § 78 im Sozialgesetzbuch VI (für römisch 6).

Das ist glücklicherweise nur ein einziges Mal notwendig, wenn der Antrag einmal genehmigt wurde. Manche Kollegen sprechen übrigens im Apothekenalltag immer einfach nur von der Anlage 4, sobald es um Artikel zu Lasten der Pflegeversicherung geht. Ein aktuelles ärztliches Rezept (wie bei Hilfmitteln zu Lasten der Krankenkasse) wird auch nicht benötigt, denn abgerechnet wird über die vom berechtigten Empfänger unterschriebene Empfangsbestätigung, die sogenannte Anlage II (für die römische Zahl 2). Von den Artikeln, die auf der Anlage II aufgelistet sind, kann sich der Versicherte oder ein berechtigter Angehöriger jeden Monat Pflegehilfsmittel für einen Wert von insgesamt 40 € aussuchen. Die Preise müssen auf dem Formular einzeln aufgeführt und addiert werden. Wegen der Corona-Pandemie wurde zur Erleichterung übrigens kurzzeitig bis mindestens Ende September 2020 der monatlich mögliche Betrag auf 60 € erhöht.

Um welche Pflegehilfsmittel handelt es sich genau? Dazu zählen saugende Bettschutzeinlagen zum Einmalgebrauch: Im Gegensatz zu den körpernahen Inkontinenzartikeln, die bei entsprechender Indikation von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, sind dies sogenannte körperferne rechteckige Unterlagen, auch Krankenunterlagen genannt. Sie bestehen aus mehreren Schichten: Die dem Körper zugewandte Seite besteht aus einem Vlies, das die Feuchtigkeit durch Poren in Richtung eines saugenden Kernes leitet.

Je nach Qualität besteht dieser Kern aus Zellstoffflocken oder einem Gel-bildenden Superabsorber, der die Feuchtigkeit auch bei Druck nicht wieder freigibt. Zur Matratze hin befindet sich eine feuchtigkeitsundurchlässige Kunststoffschicht. Ein bestimmter Hersteller ist Ihnen bei der Bestellung der Artikel nicht vorgegeben, allerdings kommen Sie durch die Preisobergrenze um Billigfirmen, auch No-Name-Firmen genannt, kaum herum. Diese müssen nicht unweigerlich von schlechterer Qualität sein, leider ist dies aber öfter der Fall als bei Markenprodukten.

Aus Umweltgründen sollten Sie Ihre Kunden auch auf die Möglichkeit von wiederverwendbaren Bettschutzeinlagen hinweisen, die bis auf einen Eigenanteil von 10 Prozent auch von der Pflegeversicherung übernommen werden. Allerdings sollten Sie dabei nicht zu belehrend auftreten und vorsichtig vorgehen, da viele Betroffene im Alltag sehr belastet sind und verständlicherweise die zusätzliche Wäsche fürchten. Auch Fingerlinge in verschiedenen Größen können als Pflegehilfsmittel bezogen werden. Diese sind allerdings weniger gefragt. Die meisten Kunden bevorzugen komplette Handschuhe. Häufig gebraucht werden Einmalhandschuhe, auch besonders seit dem Beginn der Corona-Pandemie.

Es gibt sie in verschiedenen Größen. Falls sie zum ersten Mal verlangt werden, können Sie einen Handschuh aus dem Bestand der Apotheke zum Ausprobieren anbieten. Falls Latex als Material verlangt wird, klären Sie besser erst ab, ob keine Allergie gegen dieses aus dem Naturmaterial Kautschuk hergestellte Material vorliegt. Weitere verfügbare Materialien sind Polyurethan und Nitril. Letzteres gibt es noch nicht so lange und ist deshalb bei erfahrenen Pflegern oder pflegenden Angehörigen nicht immer bekannt. Diese sind eventuell für Alternativen aufgeschlossen, da das Fingerspitzengefühl beim Benutzen von Nitrilhandschuhen von vielen Anwendern als besonders gut beschrieben wird. Auch Mund-Nasen-Schutz ist seit diesem Jahr sehr gefragt.

Das Tragen wird von vielen Anwendern als lästig empfunden, auch weil bei Brillenträgern oft die Brille beschlägt. In diesem Fall können Sie den Tipp geben, den Nasenbügel besonders gut anzupassen, damit beim Ausatmen die Luft eher seitlich entweicht. Auch wenn es sich langsam herumgesprochen haben sollte, weisen Sie Ihre Kunden bitte immer wieder darauf hin, dass es sich hier um einen Mund- Nasen-Schutz handelt, der nur den Pflegebedürftigen schützt und nicht die Person, die ihn trägt. Für diesen Fall wäre eine FFP2-oder FFP3-Maske notwendig. Wenn beide Personen geschützt werden müssen, muss eine vom filterlosen Typ verwendet werden.

Sowohl Schutzschürzen zum Einmalgebrauch als auch solche, die wiederverwenbar sind, werden seltener verlangt. Sie können aber durchaus gerade für pflegende Angehörige sinnvoll sein, da diese im Gegensatz zu professionellen Pflegern normalerweise keine spezielle Kleidung tragen, die bei hohen Temperaturen gewaschen werden kann. Diese Schürzen können pflegende Angehörige bei Bedarf schnell überziehen, das ist weniger aufwendig als die Kleidung zu wechseln. Händedesinfektionsmittel sind spätestens seit der Corona- Pandemie extrem gefragt. Unter Desinfektion werden Maßnahmen verstanden, die dazu führen, einen Gegenstand in einen Zustand zu versetzten, dass er nicht mehr infizieren kann.

Im Gegensatz zur Sterilisation ist das Ziel also keine komplette Keimfreiheit, sondern nur eine Reduktion der Mikroorganismen auf ein so geringes Maß, dass diese keine Infektion mehr hervorrufen können. Bei der Entscheidung für ein bestimmtes Händedesinfektionsmittel ist darauf zu achten, dass es viruzid wirkt. Dies ist im Moment besonders wichtig. Entscheidend bei der Anwendung ist das gleichmäßige und ausreichend lange Einreiben der gesamten Handflächen einschließlich der Handgelenke. Um die notwendige Zeit richtig einzuschätzen, hat sich bewährt, dabei zweimal in Gedanken „Happy-Birthday“ zu singen. Die Inhaltsstoffe der Händedesinfektionsmittel müssen volldeklariert sein, was besonders bei Allergien wichtig ist.

Leider leidet bei häufigem Gebrauch schnell der Säureschutzmantel der Haut. Dagegen können Sie Ihren Kunden gute Handcremes, die wertvolle Öle mit ungesättigten Fettsäuren und feuchtigkeitsspeichernden Inhaltsstoffen wie Urea oder Hyaluronsäure enthalten, empfehlen. Flächendesinfektionsmittel dienen zur Reduktion von Mikroorganismen im Sanitärbereich, auf Arbeitsplatten, Türklinken, Möbeln oder Böden. Bei diesen Mitteln ist es wichtig, ob und in welchem Verhältnis sie vor der Anwendung verdünnt werden müssen. Bevor es auf teuren Oberflächen angewendet wird, ist es ratsam das Flächendesinfektionsmittel zunächst auf einer kleinen, unauffälligen Stelle aufzutragen, um zu sehen, wie die Oberfläche darauf reagiert.

Außerdem ist auf alle Fälle eine ausreichende Einwirkzeit einzuhalten. Am Anfang der Corona-Pandemie sind Sie vielleicht gefragt worden, ob man Flächendesinfektionsmittel auch zum Desinfizieren der Hände benutzen kann, falls durch Lieferengpässe keine Händedesinfektonsmittel mehr zur Verfügung stehen. Dies ist nicht zu empfehlen, da viele Flächendesinfektionsmittel die Haut extrem angreifen, wodurch ihre natürliche Barrierefunktion zerstört wird. Raten sie Ihren Kunden lieber bei erneuten Lieferengpässen zu einem in Ihrer Apotheke selbst hergestellten Mittel.

Ebenso wichtig: Ihr Service Bieten Sie Ihren Kunden unbedingt an, die zum Teil großen Pakete mit Hilfsmitteln nach Hause zu liefern. Dies ist seit Anfang des Jahres nach einer Änderung der Apothekenbetriebsordnung nun nicht mehr wie bisher nur im Einzelfall erlaubt, sondern stellt für Vor-Ort-Apotheken eine gute Abgrenzungsmöglichkeit gegenüber dem Internethandel dar. Denn Sie können im Gegensatz zu der Versandhandelskonkurrenz nicht nur bereits am selben Tag die Ware liefern, sondern auch den Lieferzeitpunkt viel besser mit Ihren Kunden individuell absprechen als die anonyme Konkurrenz mit einem Paketdienst. Bei der Übergabe hat dabei Ihre Apotheke die Chance, erneut auf Fragen Ihrer Kunden einzugehen und weitere Kontakte anzubahnen.

Ute Kropp, Apothekerin und PKA-Lehrerin

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