Ein Holzmännchen öffnet eine Truhe, die ihm bis zur Hüfte reicht. Das Männchen steht im Dunkeln, doch aus der Truhe scheint Licht und es steigt Nebel auf.© marefoto / iStock / Getty Images Plus
Der Schatz in der Kühltruhe: Mit einer neuen Methode untersuchten Forschende das Erbgut von Bakterien einer alten Sammlung - und fanden neue Wirkstoffe.

Wirkstoff-Forschung

ANTIBIOTIKA-PRODUZIERENDE BAKTERIEN IN KÜHLTRUHE GEFUNDEN

Braunschweiger Forschende haben ihre Kühltruhe geöffnet und fünf Bakterienarten entdeckt, die Antibiotika produzieren können. Die Keime schlummerten dort schon seit 40 Jahren in einer Sammlung. Die Wirkstoffe, die sie herstellen, sind hingegen völlig neuartig.

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Wahrscheinlich konnten Professorin Dr. Yvonne Mast und Dr. Imen Nouioui ihr Glück kaum fassen, als sie die 40 Jahre alten Bakterienbestände noch einmal mit modernster Technologie unter die Lupe nahmen: Fünf von ihnen, die zur Gattung der Streptomyceten gehören, erwiesen sich als sogenannte Wirkstoffproduzenten. Das heißt, sie produzieren zu ihrem eigenen Schutz ein Antibiotikum, das sich auch medizinisch einsetzen lässt.

Am Leibniz Institut in Braunschweig befindet sich nämlich die Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ), eins der größten Bioressourcen-Zentren der Welt. In der lagerten die Bakterien bereits seit 40 Jahren. Doch erst die neue Technologie des Genome Minings ermöglichte, dass jetzt neue Wirkstoffe gefunden wurden. Doch ganz am Anfang stand natürlich der Entdeckerdrang und die Genauigkeit der Wissenschaftler.

Neue Technologien für alte Sammlungen

Diese Art der mikrobiellen Stammsammlung dient nicht nur dem Erhalt der Artenvielfalt, sondern stellt auch eine unschätzbare Quelle für medizinisch und biotechnologisch wichtige Produkte dar. Jeder Mikroorganismus wird vor seiner Aufnahme in die Sammlung genau untersucht. Und um alte Bakterien auf neuartige Weise zu untersuchen, muss man also einfach mal hineinschauen – so entdeckt man Eigenschaften von hinterlegten Mikroben, die zuvor unerkannt blieben.

Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen

Die DSMZ am Leibniz Institut in Braunschweig ist die vielfältigste Sammlung für biologische Ressourcen der Welt. Sie beherbergt neben Bakterien auch Pilze, Bakteriophagen, Pflanzenviren, menschliche und tierische Zellkulturen und mehr. Forschende untersuchen das Material und archivieren es für den Artenerhalt.

Bakterien produzieren bislang unbekannte Naturstoffe

In diesem Fall die fünf vom Stamme der Streptomyceten. Nicht nur, dass die Kleinstlebewesen überhaupt Antibiotika herstellen: „Darüber hinaus besitzen diese Bakterien noch zahlreiche weitere Biosynthese-Gencluster, die wenig Ähnlichkeit zu bereits bekannten Genclustern besitzen. Das deutet darauf hin, dass sie potenziell neuartige Naturstoffe produzieren könnten“, erklärt Mikrobiologin Mast.

Damit sie unverwechselbar in Erinnerung bleiben, nutzte man die Möglichkeit, die neu entdeckten Mikroorganismen nach Persönlichkeiten aus der Wissenschaft zu benennen. Einer erhielt den Namen Streptomyces stackebrandtii nach Professor Dr. Erko Stackebrandt, der nicht nur Bedeutendes auf dem Gebiet der mikrobiellen Taxonomie leistete, sondern die DSMZ als wissenschaftlicher Direktor auch lange leitete. Professor Dr. Reiner Maria Kroppenstedt wiederum stand Pate für Streptomyces kroppenstedtii, auch er ein langjähriger Mitarbeiter am DSMZ, der besonders den Sammlungsbereich der Actinobakterien maßgeblich geprägt hat.

Neue Antibiotika entwickeln

Das große Ziel der Forscher ist es, für die Medizin neue Antibiotika zu finden. Das ist auch aus dem Grund wichtig, da es immer mehr Resistenzen gibt. Vom Forschungslabor bis in die Praxis ist es zwar noch ein weiter Weg, aber der Anfang ist immerhin gemacht.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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