Ein Stapel verschiedener Briefe© stickasa / iStock / Getty Images Plus
Offensichtlich bauen unsere Darmmikroben Gallensäuren um, um die entstehenden Moleküle als Nachrichten durch den Körper zu schicken.

Organkommunikation

WIE UNSER MIKROBIOM GALLENSÄUREN ALS SPRACHE NUTZT

Was haben Gallensäuren mit dem Mikrobiom zu tun? Eine Menge, haben amerikanische Forscher herausgefunden. Denn nicht nur die Leber produziert diese Art Verdauungshilfe, sondern auch die Mikroben in unserem Darm. Und das hat weitreichende Folgen, die erst jetzt nach und nach entschlüsselt werden.

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Gallensäuren sind ein wesentlicher Teil unserer Verdauung. Die Leber produziert sie, die Gallenblase lagert sie und gibt sie in den Dünndarm ab, um Nährstoffe wie Vitamine und Fettsäuren besser zu verwerten. Unterstützt wird dieser Prozess von unseren Tausendsassas, den im Darm lebenden Mikroorganismen. Die produzieren aus den Gallensäuren neue Moleküle, die auch als sekundäre Gallensäuren bezeichnet werden und die im Darm noch besser funktionieren als die primären.

Doch natürlich wollen die Darmmikroben auch etwas davon haben. Sie benutzen die Moleküle auch als Energieträger und verwenden sie als Signale, um miteinander zu kommunizieren. Als Nebeneffekt beeinflussen die Bakterien über diese Signalmoleküle a) das Immunsystem, b) den Stoffwechsel und c) das Zusammenspiel verschiedener Organe. Doch wie diese Mikrobensprache im Detail funktioniert, das war der Wissenschaft immer noch ein Rätsel. Und wie weit reicht ihr Einfluss auf unsere Gesundheit eigentlich genau?

Digitale Bibliothek mit 1,2 Milliarden Daten

Das alles wollte ein Team um Ipsita Mohanty von der University of California in San Diego gern herausfinden. Dazu untersuchte es die sekundären Gallensäuren genau. Eine digitale Bibliothek half den Forschern: Dort nämlich fanden sie Infos über Mikroorganismen und die von ihnen produzierten Moleküle. In die Bibliothek flossen rund 1,2 Milliarden Massenspektrometer-Messdaten von tierischen und menschlichen Proben ein. Aus diesen Daten entwickelte das Team einen Algorithmus, der die Mikroben den von ihnen produzierten Metaboliten zuordnen kann.

Dabei kam heraus: Die sekundären Gallensäuren sind noch viel komplexer im Zusammenspiel mit dem Körper als bislang angenommen. "Als ich anfing, im Labor zu arbeiten, gab es etwa ein paar hundert bekannte Gallensäuren", sagte Mohanty. „Jetzt haben wir Tausende weitere entdeckt und erkennen immer mehr, dass sie weit mehr bewirken als nur die Verdauung zu unterstützen.“

Die Forscher entdeckten dabei eine bisher unentdeckte biochemische Sprache, mit der Mikroben nicht nur den Darm, sondern auch weiter entfernte Organsysteme beeinflussen. Sie gehen sogar so weit, zu sagen: Dieser Vorgang verändert insgesamt das Verständnis des menschlichen Stoffwechsels.

„Jetzt haben wir Tausende weitere sekundäre Gallensäuren entdeckt und erkennen immer mehr, dass sie weit mehr bewirken als nur die Verdauung zu unterstützen.“

Gallensäure verursacht eine Menge Krankheiten

Zum Beispiel im Hinblick auf Krankheiten: „Die Liste der mit Gallensäuren verbundenen Krankheiten ist meilenlang und es gibt mehrere FDA-Zulassungen für diese Art von Säuren als therapeutische Wirkstoffe“, sagt Co-Autorin Helena Mannochio-Russo. Dazu zählten beispielsweise Gallensteine und ALS. Auch Diabetes und Hepatitis werden in diesem Zusammenhang erforscht.

Das Forscherteam will nun seine Studien mithilfe der Datenbank ausweiten. Denn wer weiß, welche Moleküle die Mikroben noch produzieren – etwa Lipide oder andere Säuren.

Quelle: wissenschaft.de

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