Steckbrief
WIE WIRKT WELCHER WIRKSTOFF?
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In unserer alternden und bewegungsarmen Industriegesellschaft ist Diabetes eine Volkskrankheit, die 6,7 Millionen Menschen betrifft. 80 bis 90 Prozent der Diabetiker leiden unter einem Diabetes Typ II. Die Erkrankung früh zu erkennen und ausreichend zu behandeln, ist die Voraussetzung zur Vermeidung von Folgeschäden an Gefäßen und Organen. Der Überbegriff Diabetes mellitus fasst verschiedene Ausprägungen und Ursachen der Störungen des Blutzuckerstoffwechsels zusammen. Bei einem Diabetes Typ I liegt ein absoluter Insulinmangel vor.
Der Patient benötigt regelmäßig Insulininjektionen, um seinen Zuckerstoffwechsel zu regulieren. Der Diabetes mellitus Typ II entwickelt sich unter dem Einfluss der genetischen Disposition, dem Lebensstil, höherem Lebensalter, Medikamenten, die den Glukosestoffwechsel verschlechtern, und dem metabolischen Syndrom. Diese Risikofaktoren führen zu einer Insulinresistenz und einer Störung der Insulinausschüttung. Insbesondere eine übermäßige Kalorienzufuhr zusammen mit Bewegungsmangel begünstigen die Entwicklung von Übergewicht, Insulinresistenz und Störungen der Betazellen.
Das Ergebnis ist, dass die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug Insulin produziert. Das vorhandene Insulin wirkt wegen einer steigenden Unempfindlichkeit der Körperzellen nicht mehr richtig und kann seine Stoffwechselfunktion nicht erfüllen. Insulin sorgt für den Transport der Glucose aus dem Blut in die Zellen hinein – als wichtiger Energiestoff. Wenn nicht mehr genug Insulin für die Senkung des Blutzuckerspiegels vorhanden ist, regt der Organismus die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse so stark an, bis sie sich irgendwann so verausgabt hat, dass sie nicht mehr in der Lage ist den Bedarf zu decken.
Grundsätzlich sollte bei Diabetikern vom Typ II im Rahmen der Basistherapie eine Verbesserung des Lebensstils als wichtigste nichtmedikamentöse Maßnahme stattfinden: insbesondere mehr Bewegung, wenn nötig eine Gewichtsreduktion und Änderung der Ernährung. Wenn dies nicht ausreicht, um den Blutzucker zu reduzieren, sind orale Antidiabetika die nächste Stufe der Therapie laut der nationalen Versorgungsleitlinie. Richtgröße zur Bestimmung des Therapieerfolgs ist der HbA1c-Wert. Dieser sogenannte Langzeitwert wird auch Glykohämoglobin genannt, es ist der rote Blutfarbstoff, der an Glukose gebunden ist.
Er erlaubt einen Rückschluss auf die Blutzuckereinstellung der letzten zwei bis drei Wochen. Der HbA1c-Wert liegt bei Gesunden um 30 Millimol pro Mol (mmol/mol) oder bei etwa 5 Prozent. Handlungsbedarf besteht spätestens bei Werten über 7,5 Prozent. Wird dieser Zielwert nach drei bis sechs Monaten nicht erreicht, ist Metformin das Antidiabetikum der ersten Wahl zur Monotherapie. Wird Metformin nicht vertragen, sind Insulin oder Sulfonylharnstoffe Alternativen. Bei nicht ausreichender Basistherapie schlägt die Leitlinie entweder eine Zweifachkombination oder Insulin als Monotherapie vor.
Mögliche Kombinationen sind bevorzugt Metformin und Insulin, Metformin und Glibenclamid oder Metformin und ein DPP-4-Inhibitor. Wird auch so das individuelle Therapieziel nicht erreicht, ist die Intensivierung der Insulingabe möglich. In den letzten Jahren kamen zu den bereits genannten Wirkstoffen weitere dazu: SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten. Die Anwendung von mehr als zwei oralen Antidiabetika kann individuell sinnvoll sein, wenn eine Insulintherapie noch nicht indiziert ist oder der Patient die Notwendigkeit der Insulintherapie noch nicht akzeptiert hat.
Zu berücksichtigen ist, dass bei einer Kombination von drei verschiedenen oralen Antidiabetika das Risiko für Wechselwirkungen und Nebenwirkungen steigt. Die Kombination von Metformin mit einem GLP-1-Rezeptoragonisten ist vorzugsweise bei übergewichtigen Patienten zu empfehlen, weil dann Sulfonylharnstoffe von Nachteil sind. Bei insulinpflichtigen Diabetikern werden die intensivierte Insulintherapie und die konventionelle Insulintherapie unterschieden.
Da Apotheker und PTA täglich für die kompetente Beratung von Diabetikern gefordert sind, ist es von Bedeutung, sich mit der Wirkweise, möglichen Wechselwirkungen und Nebenwirkungen von Antidiabetika auszukennen. In den folgenden Ausgaben der PTA IN DER APOTHEKE sollen die Substanzklassen und wichtige Vertreter pharmakologisch und unter dem Beratungsaspekt in Form von Steckbriefen vorgestellt werden. So werden Sie als PTA noch mehr Sicherheit bei der Abgabe von Antidiabetika erhalten.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/18 ab Seite 116.
Dr. Katja Renner, Apothekerin