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Asthma

WENN DIE LUFT FEHLT

Etwa zehn Prozent der Kinder in Deutschland leiden unter Asthma bronchiale. Die richtige Therapie, schon von Anfang an, beugt langfristigen Schädigungen der Bronchien vor und sichert die Lebensqualität der gesamten Familie.

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Wird die Diagnose Asthma bronchiale im Kindesalter gestellt, kommt es bei den Eltern häufig zu starken Verunsicherungen. Eine Vielzahl von Fragen beschäftigen die Familie: Wie soll behandelt werden? Wie wird die Erkrankung kontrolliert? Welche Veränderungen im Alltag müssen bewältigt werden? Ist Asthma bronchiale heilbar? Darf mein Kind weiterhin Sport machen, was darf ich ihm zumuten? Das Ziel ist, Eltern und Kind Sicherheit im Umgang mit dieser chronischen Krankheit zu vermitteln.

Warum mein Kind? Asthma bronchiale ist bei Kindern die häufigste Atemwegserkrankung und entwickelt sich beim größten Teil bereits im Vorschulalter. Häufig erkranken Menschen an Asthma bronchiale, wenn schon in der Familie allergische Erkrankungen wie Neurodermitis, allergische Rhinitis oder allergisches Asthma aufgetreten sind. Dabei steigt das Risiko auf bis zu 80 Prozent an, wenn nicht nur ein, sondern beide Elternteile allergisch vorbelastet sind.

Neben der genetischen Veranlagung spielen Umweltfaktoren eine wichtige Rolle, zum Beispiel die Ernährung im Säuglingsalter, Zahl der Infektionen im Kindesalter, Kontakt mit Allergenen, Kontakt mit Tieren, Hygienesituation im Kleinkindalter, Passivrauchen und die Umweltverschmutzung. Welchen Anteil tatsächlich der einzelne Faktor auf die Entstehung des Asthma bronchiale hat, ist weiterhin Bestandteil von wissenschaftlicher Forschung.

Atopikerfamilien sollten generell ausreichendes Wissen über mögliche präventive Maßnahmen erhalten. Als vorbeugend wird zum Beispiel das Stillen in den ersten vier Lebensmonaten, langsames Einführen der Beikost und das Nichtrauchen angesehen.

Charakteristisch für Asthma sind Atemnot unter Anstrengung, Giemen, Pfeifen und Husten in den frühen Morgenstunden. Je nach Schweregrad und medikamentöser Einstellung können Asthmapatienten aber auch nahezu beschwerdefrei sein. Asthma bronchiale wird als eine chronisch- entzündliche Erkrankung der Bronchien definiert. Typisch ist die bronchiale Hyperreagibilität – Überempfindlichkeit, die eine reversible Verengung der Atemwege hervorruft.

Die Bronchien reagieren auf zum Teil harmlose Reize mit einer übermäßigen Entzündungsreaktion, die begleitet wird von vermehrter Schleimsekretion, Verkrampfung der Bronchialmuskulatur und der Bildung von Ödemen. Dies führt zu einer Verengung der Atemwege.

Therapieziele im Auge behalten Wird Asthma bronchiale schon im frühen Alter festgestellt, ist es das wichtigste Ziel, das Kind so einzustellen, dass Langzeitfolgen der Erkrankung vermieden werden. Außerdem sollen krankheitsbedingte Beeinträchtigungen der körperlichen und sozialen Aktivitäten im Alltag vermieden werden. Die therapeutische Leitlinie beschreibt die medikamentöse Behandlung und nichtmedikamentöse Maßnahmen wie Schulung von Eltern und Kindern, Unterstützung des Selbstmanagements sowie Empfehlungen zu sportlichen Aktivitäten und der allgemeinen Lebensführung.

Pharmakotherapie Sie soll die Entzündungsreaktion in den Bronchien reduzieren und damit die bronchiale Überempfindlichkeit sowie die Atemwegsobstruktion vermindern. Die Einstellung der Patienten erfolgt in Abhängigkeit von den aktuellen Beschwerden. Bis vor einigen Jahren wurde die Medikation relativ streng am Stufenschema der Asthmatherapie ausgerichtet. Heute wird die Langzeitbehandlung in Anlehnung an das Stufenschema dem jeweiligen Krankheitszustand angepasst.

Entweder wird die Arzneimitteltherapie schrittweise soweit intensiviert, dass eine bestmögliche Asthmakontrolle erreicht wird (step up) oder sie wird von hohen Dosierungen langsam soweit reduziert, wie es das Beschwerdebild erlaubt. Auch muss berücksichtigt werden, dass sich bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum die Lungenfunktion noch verändert und deshalb immer wieder Anpassungen erforderlich sind.

Antientzündlich und bronchialerweiternd Um die Bronchien zu weiten und die verkrampfte Muskulatur zu relaxieren, werden im Bedarfsfall kurz wirksame Beta-2-Sympathomimetika wie Salbutamol, Terbutalin oder Fenoterol eingesetzt. Aufgrund des schnellen Wirkungseintritts erfährt der Patient schon nach Sekunden bis wenigen Minuten eine deutlich spürbare Verbesserung.

Kurz wirksame Sympathomimetika sollten auch vor einer geplanten Anstrengung, zum Beispiel dem Schulsport, inhaliert werden. Die lang wirksamen Beta-2-Sympathomimetika Formoterol und Salmeterol haben eine Wirkdauer von zwölf Stunden und werden leitliniengemäß immer zusammen mit inhalativen Glukokortikoiden kombiniert. Zur Verbesserung der Compliance werden bei Kindern häufig Kombinationspräparate (z. B. Fluticason/Salmeterol oder Budesonid/Formoterol) verordnet. Alternativ zu Sympathomimetika können als zweite Wahl auch Anticholinergika wie Ipratropiumbromid zur Erweiterung der Bronchien gegeben werden.

»Ziel ist es, Langzeitfolgen der Erkrankung zu vermeiden.«

Inhalative Glukokortikoide sind der Goldstandard zur antientzündlichen Asthmatherapie auch im Kindesalter. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen die positiven Wirkungen dieser Therapie auf Verlauf und Prognose des kindlichen Asthmas. Die häufig von Eltern befürchteten Nebenwirkungen sind in den niedrigen Dosierungen zur Inhalation deutlich geringer einzustufen als die negativen Effekte einer ausgeprägten unkontrollierten Asthmasymptomatik auf die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern.

Um Soorbefall im Mund- und Rachenraum oder Heiserkeit zu vermeiden, gilt die Empfehlung, nach der Inhalation den Mund auszuspülen, die Zähne zu putzen oder etwas zu essen. Systemische Glukokortikoide werden im Kindesalter in der niedrigsten wirksamen Dosis und nur bei schweren Beschwerden gegeben, um die Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten. Der Leukotrienrezeptorantagonist Montelukast kann in der Stufe 2 alternativ zur Glukokortikoidinhalation oder in höheren Stufen zusätzlich zur antientzündlichen Therapie eingenommen werden.

THERAPIEZIELE BEI KINDERN

►Vermeidung
+ von akuten und chronischen Krankheitserscheinungen
+ einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung der physischen, psychischen und geistigen Entwicklung
+ einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung der körperlichen und sozialen Aktivitäten im Alltag
+ von Komplikationen und Folgeschäden
+ von Nebenwirkungen der Therapie
►Normalisierung/Anstreben der bestmöglichen Lungenfunktion und Reduktion der bronchialen Hyperreagibilität
►Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität
Reduktion der asthmabedingten Letalität

Quelle: Versorgungsleitlinie Asthma bronchiale, Deutsche Atemwegsliga

Therapieumsetzung Im Kindesalter ist die Behandlung im Wesentlichen vom Einsatz der Eltern abhängig. Sie müssen ausreichende Informationen über die Erkrankung und die Medikamente erhalten. Dazu stellen die Firmen eine Reihe von Materialien zur Verfügung. Mit zunehmendem Alter können dann die Kinder Schritt für Schritt in die eigenverantwortliche Umsetzung einbezogen werden.

In der Beratung durch PTA und Apotheker ist es sehr wichtig, die Inhalationstechnik zu erläutern und zu kontrollieren. Kleinkinder bis etwa vier Jahre sollten unter Anleitung der Eltern mit Inhalierhilfe oder -gerät mit Maske einatmen. Auch die Reinigung der Geräte kann in der Apotheke erklärt werden. Eine gute Hilfe zur Selbstkontrolle des Zustands ist die Verwendung eines Peak-Flow-Meters. Werden die gemessenen Werte regelmäßig in ein Asthmatagebuch für Kinder eingetragen, haben Arzt und Familie immer einen Überblick über die Symptomatik und können bei Verschlechterung rechtzeitig eine Anpassung der Medikation vornehmen.

Fünf Therapiestufen Die Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma empfiehlt folgendes Vorgehen bei der medikamentösen Langzeittherapie bei Kindern und Jugendlichen:

  • Stufe 1: Als Bedarfsmedikation bevorzugt RABA (rasch wirkendes Beta-2-Sympathomimetikum); alternativ oder zusätzlich: Anticholinergikum (Ipratropiumbromid)
  • Stufe 2: Als Langzeittherapeutikum bevorzugt ICS (inhalatives Kortikosteroid) niedrig dosiert; Alternative: LTRA (Leukotrienrezeptorantagonist) (Montelukast)
  • Studie 3: Als Langzeittherapeutikum ICS mittel dosiert oder ICS niedrig bis mittel dosiert plus LTRA (Montelukast) oder LABA
  • Stufe 4: Als Langzeittherapeutikum ICS hoch dosiert oder ICS niedrig bis mittel dosiert plus LTRA (Montelukast) und LABA
  • Stufe 5: Zusätzlich zur Stufe 4 orale Kortikosteroide (niedrigste wirksame Dosis); in begründeten Fällen bei IgE-vermittelter Pathogenese: Monoklonale Anti- IgE-Antikörper (Omalizumab). In begründeten Fällen: Retard-Theophyllin.

Als Bedarfsmedikation für Stufe 2 bis 5: bevorzugt RABA; alternativ oder zusätzlich Ipratropiumbromid. Formoterol wird zur Bedarfstherapie in Stufe 1 nicht empfohlen.

Weitere Tipps In der Patienten-Leitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Asthma finden sich viele Ratschläge, die Sie an die Eltern von betroffenen Kindern weitergeben können. So sollten die Familien völlig auf Tiere verzichten, auf die das Kind allergisch reagiert. Sind Schimmelpilze für das Asthma verantwortlich, sollte die Raumluft nicht zu feucht sein.

Auch gesammelte Erfahrungen aus Selbsthilfegruppen sind oft nützlich – sind Hausstaubmilben die Übeltäter, ist das regelmäßige Waschen der Bettwäsche bei mindestens 60 °C Pflicht. Abhilfe schaffen auch spezielle Bezüge für die Matratze, die Decke und das Kissen. Will das Kind nicht auf sein Kuscheltier verzichten, sollte auch dieses öfter bei 60 °C gewaschen werden. Zusätzlich sollten besser keine langhaarigen Teppichböden verlegt werden, auch auf andere Staubfänger ist zu achten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/12 ab Seite 100.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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