© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Berühmte Apotheker

WELTBERÜHMT DANK KAUTSCHUK-SYNTHESE

Im Arzneimittelsektor hat Fritz Hofmann (1866 bis 1956) zwar auch Verdienste. Seine wissenschaftliche Hauptleistung liegt auf dem Gebiet des „Gummi elasticum“.

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Kölleda ist eine ländlich geprägte Kleinstadt in Thüringen. Hier in der „Pfefferminzstadt“ – wegen des traditionell großen Arznei- und Gewürzkräuteranbaus – erblickte am 2. November 1866 Fritz Hofmann als sechstes Kind des Kaufmanns Selmar Hofmann (1830 bis 1919) und dessen Ehefrau Luise (1835 bis 1902), geborene Herold, das Licht der Welt. Nach dreijährigem Besuch der Klosterschule in Donndorf wechselte der kleine Fritz an das humanistische Gymnasium in Schulpforta bei Naumburg. Seine Schulkarriere war allerdings zunächst nicht so erfolgreich, sodass er nach „Sitzenbleiben“ 1885 abging und – nach seinem Militärdienst in Leipzig 1885/86 – mit mittlerweile 20 Jahren eine Lehrzeit in der Rats-Apotheke Göttingen bei Apotheker Dr. Friedrich Schröder begann.

Der Spaß am Beruf kam später Glücklich war Fritz Hofmann hier anfangs nicht, wie er selbst berichtete: „Das ewige ,Abfassen‘ von Kamillen- und Pfefferminztee, von Zinksalbe, doppeltkohlensaurem Natron […], die Besorgung des Handverkaufs, wobei der Lehrling jede Mineralwasserflasche aus dem Keller holen musste und jedes Standgefäß, das nur mit der Leiter erreichbar war, für die Herren Gehilfen herabzulangen hatte, passte doch ganz und gar nicht zu der Würde eines eben zur Reserve beurlaubten Soldaten.“

Doch als ihm die Defektur anvertraut wurde, er sich auch mit chemischen Prozessen, der praktischen Chemie auseinandersetzen konnte, versöhnte ihn das mit seinem Lehrberuf. Erforderliche theoretische Kenntnisse brachte er sich zunächst nachts im Selbststudium bei. Im letzten Lehrjahr hörte er dann noch Vorlesungen bei dem Göttinger Professor für Pharmazie Karl Polstorff (1846 bis 1911), die ihm „eine neue chemische Welt“ eröffneten. Auch das Abitur holte er nach. Das Vorexamen in Hildesheim bestand Fritz Hofmann 1889 mit „sehr gut“. Er entschloss sich eine dreijährige Servierzeit in der Bismarck- und Kurfürsten-Apotheke in Berlin anzuschließen, worauf ein dreisemestriges Pharmaziestudium in Berlin folgte.

Hofmann arbeitete bei dem späteren Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin Albrecht Kossel (1853 bis 1927) im Labor, ebenso gehörten der Chemiker Emil Fischer (1852 bis 1919), ebenfalls später Nobelpreisträger, der Pharmakognost August Garcke (1819 bis 1904) sowie der Physiologe Emil du Bois Reymond (1818 bis 1896) zu seinen Lehrern. 1893 erwarb Hofmann die Approbation als Apotheker, um sich gleich danach an der Universität Rostock zum Chemiestudium einzuschreiben. 1895 promovierte Fritz Hofmann bei dem dortigen Chemiker August Michaelis (1847 bis 1916) mit „magna cum laude“ „Ueber die o-Chlorphosphine des Parakresols“ zum Doktor der Philosophie. Anschließend wurde er Assistent bei dem Chemiker Ludwig Claisen (1851 bis 1930) an der TH Aachen, den Fritz Hofmann später als „seinen eigentlichen Lehrer auf dem Gebiete der organischen Chemie“ bezeichnete.

Karriere bei „Bayer“ Zum 1. August 1897 holte ihn der Chemiker Carl Duisberg (1861 bis 1935), Direktor und Vorstandsmitglied der Farbwerke Bayer, nach Elberfeld, also ins Wuppertaler Stammwerk des Weltkonzerns. Hofmann war zunächst in der Arzneimittelforschung tätig, arbeite dort unter dem bekannten deutschen Chemiker Arthur Eichengrün (1867 bis 1949), wurde schnell Laborleiter, Abteilungsleiter schließlich Prokurist. Er arbeitete an Wirkstoffen gegen Tuberkulose, Malaria, Krebs, machte umfassende Studien zur Schmerzbekämpfung, entwickelte unter anderem auch das Abführmittel 1,8-Dioxyanthrachinon sowie ein Schlafmittel. 1906 jedoch verließ er die pharmazeutisch-chemische Abteilung, um sich der Synthese von Kautschuk zu widmen.

Erfolgreiche Kautschuk-Arbeiten Auslöser war der Aufruf des englischen Botanikers Wyndham R. Dunstan (1861–1949), wegen des Raubbaus an den brasilianischen Wildkautschukpflanzen, doch synthetisches Kautschuk in wirtschaftlich vertretbarer Form zu entwickeln. Hofmann bat Friedrich Bayer (1851 bis 1920) sowie Duisberg um Forschungsgelder, welche diese überraschend schnell und großzügig zur Verfügung stellten. „Das wird freilich eine teure Geschichte und schnell geht es bestimmt auch nicht, aber die Möglichkeit eines Gelingens Ihrer Pläne besteht. So wollen wir es also riskieren. Im Maximum darf die Sache 100 000 Mark im Jahre kosten – in zehn Jahren müssen Sie es aber haben, sonst soll Sie …“, sollen die beiden Herren Hofmann wortwörtlich gesagt haben.

1908 gelang Fritz Hofmann tatsächlich die synthetische Darstellung von Isopren, dem Grundbaustein des Naturkautschuks. Ein Jahr später im Jahr 1909 schaffte er aus Butadien – Ausgangsstoffe waren Kohle und Kalk – und Natrium BUNA, synthetischen Kautschuk („Methylkautschuk“), diesen Gummi-Ersatz, erstmals herzustellen. Seine Erfindung wurde am 12. September 1909 unter der Nr. 250690 patentiert. Und diese Erfindung machte Fritz Hofmann in den nächsten Jahren weltberühmt. Sie hatte ja massive Bedeutung, gerade für das rohstoffarme Deutschland!

Zahlreiche Auszeichnungen wurden Hofmann zuteil, so etwa die „Goldene Emil-Fischer-Gedenkmünze“ 1912 vom Verein Deutscher Chemiker oder Jahrzehnte später die Ehrenplakette von der Deutschen Kautschukgesellschaft (1931). Nach Bekanntwerden der neuen Synthesemöglichkeit in der Öffentlichkeit im Jahr 1912 kam es zunächst weltweit zu einem massiven Preissturz für Naturkautschuk, was die Synthese wiederum unwirtschaftlich machte.

Aber dann wurde in den beiden Weltkriegen BUNA-​Kautschuk besonders wichtig, als Deutschland den Zugang zu seinen natürlichen Kautschuklieferanten verlor. Von 1914 bis 1918, also im 1. Weltkrieg, arbeitete Hofmann deshalb im Auftrag von Emil Fischer, der die staatliche Kaut- schukkommission zur Rohstoffbeschaffung in Berlin leitete, an der Kautschuk-Synthese im Großmaßstab. Insbesondere auf Drängen des Militärs produzierten die Farbenfabriken Bayer in Leverkusen von 1916 bis 1918 schließlich etwa 2500 Tonnen Methylkautschuk.

Weitere Lebensstationen Nach dem ersten Weltkrieg erhielt Hofmann den Auftrag zur Einrichtung des „Schlesischen Kohleforschungsinstituts“ der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Breslau, das er 16 Jahre bis 1934 (Rücktritt) leitete. Daneben war er ab 1919 ordentlicher Honorarprofessor an der TH Breslau. Noch 1912 bei Bayer in Wuppertal-Elberfeld hatte er zudem das Institut für Chemotherapie gegründet, welches Heinrich Hörlein (1882 bis 1954) später mit großem Erfolg weiterführte und ausbaute. Hofmann gilt damit auch als einer der Pioniere für die Anwendung der Chemotherapie beim Menschen. Für seine pharmazeutisch-medizinischen Arbeiten erhielt Fritz Hofmann 1928 von der TH Breslau den Titel Dr. med. h.c. verliehen.

1934 – im Alter von fast 68 Jahren – wurde Hofmann emeritiert und ging in den Ruhestand. Anlässlich seines 70. Geburtstags wurde er 1936 Ehrenbürger von Breslau und auch seiner Geburtsstadt Kölleda. Zu seinem 75. Geburtstag 1941 wurde in Kölleda die Auenstraße, wo sein Geburtshaus liegt und er seine Kindheit verbrachte, in Prof.-​Hofmann-Straße umbenannt, auch das örtliche Gymnasium erhielt letztlich seinen Namen. Ebenso erhielt er 1941 die Goethe-​Medaille für Kunst und Wissenschaft.

1945 kehrte Hofmann tatsächlich in seine Geburtsstadt Kölleda zurück und widmete sich noch einmal der Krebsforschung. Auch besuchte er 1945 das weltweit erste Synthesekautschukwerk, die Chemischen Werke Buna in Schkopau, zwischen Merseburg und Halle (1936 Baubeginn), die zu DDR-​Zeiten zu einem der größten Industriekombinate wurden. 1952 siedelte Hofmann in den Westen zu seinem Sohn nach Hannover über, wo er am 29. Oktober 1956, drei Tage vor seinem 90. Geburtstag verstarb. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/18 ab Seite 50.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin und Fachjournalistin

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