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Heilpflanzen

WEISSDORN – DAS HERZ STÄRKEN

Zur Behandlung einer beginnenden Herzschwäche eignet sich Weißdorn, da die Herzleistung und körperliche Belastung gesteigert werden kann – dies beruht auf den enthaltenen Procyanidinen und Flavonoiden.

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Weißdorn zählt heute zu den am besten untersuchten Arzneipflanzen. Allerdings hat das Rosengewächs (Rosaceae) aus der Gattung Crataegus erst seit dem 14. Jahrhundert einen festen Platz in der Volksmedizin gefunden. Zunächst wurde es als Mittel gegen Durchfall, Gicht oder nervöse Beschwerden und Ängste beschrieben. Später fand es als Herztonikum Eingang in die Kräuterbücher. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte der irische Homöopath Thomas Green Weißdorn erfolgreich bei verschiedenen Herzkrankheiten ein und machte die Pflanze als Herzmittel berühmt. Bald darauf wurde der Weißdorn auch als wirksames Herztherapeutikum in der allgemeinen Heilkunde anerkannt.

Zur Namensgebung Neben der arzneilichen Anwendung schätzte man lange Zeit das harte Holz des Weißdorns in der Holzverarbeitung. Vermutlich nimmt die botanische Bezeichnung Crataegus, abgeleitet von griechisch krataios = fest oder stark, darauf Bezug. Stark sollte auch seine Schutzwirkung sein. Der Dornenstrauch diente früher als lebender Zaun, der alles Böse abhielt und den Menschen Schutz bot. Synonyme wie Hage- (von germanisch haga = Hecke), Hecken- oder Zaundorn verweisen auf seine Anpflanzung als Zaunhecke rund um die Gehöfte. Andere Begriffe wie Mehlbeerstrauch oder Mehldorn bezeugen die Nutzung der Früchte für die Mehlverarbeitung. Die weiße Blütenpracht und die bedornten Zweige gaben der Pflanze ihren am weitesten verbreiteten Namen Weißdorn.

Zur Pflanze und Droge Die Gattung Crataegus umfasst mehrere Hundert Arten, die sich vor allem im Aufbau der Blüte durch eine unterschiedliche Anzahl der Griffel sowie verschiedenartige Ausgestaltung der Kelch- und Laubblätter unterscheiden. Fünf Stammpflanzen haben Eingang ins Europäische Arzneibuch gefunden: Crataegus monogyna JACQ., C. laevigata (POIR.) D.C. oder ihre Hybriden, C. pentagyna WALDST. et KIT. ex WILLD., C. nigra WALDST. et KIT. und C. azarolus L.

Die beiden erst genannten Arten sind auch bei uns heimisch und prägen im Mai und Juni mit ihren weißen Blüten, die in Doldenrispen angeordnet sind, die Landschaft an Waldrändern und Wegen. Den Blüten entströmt ein starker, unangenehmer Geruch, der an Heringslake erinnert und von Trimethylamin herrührt. Weitere Merkmale der drei bis zwölf Meter hohen baumartigen Sträucher sind ihre gelappten Blätter und die Sprossdorne. Im Herbst zieren die Pflanze kleine, leuchtend rote Scheinfrüchte, die an Hagebutten erinnern. Arzneilich werden die getrockneten Blätter und Blüten (Crataegi folium cum flore) sowie die Früchte (Crataegi fructus) genutzt.

PRAKTISCHE TIPPS
Nach neueren Studien sollte die Tagesdosis 900 Milligramm eines standardisierten Trockenextraktes
betragen, möglichst verteilt auf zweimal täglich 450 Milligramm für mindestens sechs Wochen. Crataegus ist auch für eine längerfristige Einnahme geeignet. Das Fehlen von Neben- und Wechselwirkungen begründet die Anwendung vor allem bei älteren Menschen. Sinnvoll ist aber der Gang zum Arzt, wenn sich die Beschwerden unter Weißdorneinnahme nicht bessern oder sogar schlimmer werden. Auch sollten organische Ursachen für die Krankheitssymptome ausgeschlossen werden.

Die Droge stammt aus Wildsammlungen sowie aus Kulturen verschiedener ost- und südosteuropäischer Länder. Verfälschungen sind selten. Vereinzelt können aber Blüten, Blätter oder Früchte anderer Rosazeen, insbesondere von Sorbus aucuparia L. (Eberesche) oder Prunus spinosa L. (Schlehendorn), beigemischt sein.

Herzwirksame Kräfte Als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe gelten vor allem oligomere Procyanidine und Flavonoide. Sie werden als Wirkkomplex angesehen und haben in zahlreichen Studien eine Vielzahl herzprotektiver Effekte gezeigt: Weißdorn steigert die Kontraktionskraft (positiv inotrop) sowie die Erregungsleitung (positiv dromotrop), senkt die Reizschwelle (negativ bathmotrop) und den peripheren Gefäßwiderstand. Weiterhin sind eine Zunahme der Koronar- und Myokarddurchblutung sowie eine Verbesserung der Sauerstoffverwertung nachweisbar. Außerdem normalisiert Crataegus Arrhythmien und wirkt im gesamten Kreislauf gefäßprotektiv und antiinflammatorisch.

Diese Effekte bestimmen den Einsatz von Weißdorn bei Herzinsuffizienz im Stadium II nach NYHA (New York Heart Association). Crataegus wird auch bei funktionellen Herzbeschwerden, koronarer Herzkrankheit oder zur Arterioskleroseprophylaxe verwendet. Dabei kann das Phytotherapeutikum mit anderen Mitteln kombiniert werden und ist sehr gut verträglich.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/12 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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