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Pille danach

VERHÜTUNG IM NOTFALL

Der Fall eines Vergewaltigungsopfers, dem zwei katholische Krankenhäuser die Versorgung nach der Tat verwehrten, hat die postkoitale Empfängnisverhütung wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

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Die junge Frau war bereits erstversorgt worden und hatte auch schon ein Rezept für die „Pille danach” erhalten. In den Kölner Krankenhäusern wurde lediglich die gynäkologische Untersuchung für die Spurensicherung abgelehnt. Trotzdem folgte auf die Empörung über die unterlassene Hilfeleistung schnell eine Ethikdiskussion zu der Frage: „Greift die Pille danach bereits in das Recht auf Leben ein?” Zurzeit scheint sich in der katholischen Kirche ein Richtungswechsel anzudeuten: Auf der Bischofskonferenz vom 21. Februar wurde beschlossen, dass nach einer Vergewaltigung der Einsatz der „Pille danach” zur Verhütung legitim sei.

Kein Schwangerschaftsabbruch Die „Pille danach” darf nicht mit der „Abtreibungspille” verwechselt werden. Letztere wirkt zwar auch, wie eines der „Pille danach”- Präparate, der eigentliche Abort wird aber durch ein anschließend eingenommenes Prostaglandin ausgelöst. Die „Pille danach” verhindert hingegen lediglich den Eisprung. Ob sie außerdem die Einnistung eines befruchteten Eis erschwert, wird diskutiert, ist aber wissenschaftlich nicht ausreichend belegt.

Hat sich das Ei bereits in der Gebärmutter eingenistet, ist die „Pille danach” wirkungslos. Sie ist auch für Mädchen unter 16 Jahren geeignet – allerdings darf sie immer nur als Notfallverhütungsmittel eingesetzt werden. In vielen europäischen Ländern ist die „Pille danach” rezeptfrei erhältlich, hier zu Lande ist sie dagegen immer noch verschreibungspflichtig – was seit einiger Zeit jedoch Gegenstand von Diskussionen ist. Politische Initiativen hoffen in Zukunft auf eine Aufhebung der Rezeptpflicht. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatte das bereits 2009 gefordert.

Präparat auf Basis von LevonorgestrelDas synthetische Gestagen (Gelbkörperhormon) hemmt die Ausschüttung des luteinisierenden Hormons (LH, Lutropin) und verhindert dadurch den Eisprung. Neben der ovulationshemmenden Wirkung scheint Levonorgestrel (Pidana ®) auch das Sekret im Gebärmutterhals zu verdicken, wodurch es eine natürliche Barriere gegen das Eindringen von Spermien schafft. Außerdem bewirkt es womöglich eine Erhöhung des pH-Werts in der Gebärmutter, was die Beweglichkeit der Samenzellen einschränkt.

All diese Wirkweisen wurden jedoch lediglich experimentell beobachtet. Bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft ist die Einnahme solcher Präparate unbedenklich. Die Pille danach mit Levonorgestrel muss innerhalb von 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Dabei gilt: Je früher, desto wirkungsvoller. Bis zu 12 Stunden danach bietet das Medikament den größten Schutz, 24 Stunden danach ist das Risiko, schwanger zu werden, mit 0,4 Prozent immer noch sehr gering. Am dritten Tag hat sich das Risiko jedoch bereits verfünffacht.

Präparat auf Basis von Ulipristal Anders sieht das bei dem Präparat mit Ulipristal aus, einem Progesteronrezeptormodulator, der 2009 unter dem Namen EllaOne® auf den Markt kam. Ulipristal wirkt ebenfalls ovulationshemmend, indem es die Bindung des Sexualhormons Progesteron an seine Rezeptoren verhindert. Progesteron gilt als „Nestbereiterhormon“, da es unter anderem die Einnistung des Eis unterstützt, indem es die Beschaffenheit der Gebärmutterschleimhaut reguliert und für die Erhaltung der Schwangerschaft in der Anfangsphase verantwortlich ist.

Daher darf Ulipristal bei einer bestehenden Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Kann diese ausgeschlossen werden, gibt es jedoch einen Vorteil gegenüber Präparaten mit Levonorgestrel: Ulipristal wirkt nämlich noch fünf Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr. Ob es dabei am Ende dieses Zeitraums noch genauso wirksam ist wie zu Beginn, muss jedoch noch in Studien nachgewiesen werden.

Im Schnitt wird eine von 100 Frauen trotz der Einnahme schwanger – ein zehnfach geringeres Risiko als bei Präparaten mit Levonorgestrel. Das Präparat ist allerdings erst so kurz auf dem Markt, dass es noch keine Erfahrungen zu Langzeitwirkungen gibt. Daher wird innerhalb der 72-Stunden-Frist immer ein Präparat mit Levonorgestrel die erste Wahl sein.

Neben- und Wechselwirkungen Bei einer von zehn Frauen führt die Einnahme der „Pille danach” zu Übelkeit, menstruationsähnlichen Unterleibskrämpfen, Schwindel, Benommenheit und Kopfschmerzen. Auch Zwischenblutungen werden beobachtet. Starke Bauchschmerzen und Blutungen, Brustschmerzen und andere, auffällige Nebenwirkungen sollten sofort ärztlich abgeklärt werden. Stillende Mütter sollten die Präparate direkt nach dem Stillen einnehmen und danach für 24 beziehungsweise 36 Stunden bei Ulipristal auf das Stillen verzichten. Wer mit der Antibabypille verhütet, kann diese nach der Notfallverhütung weiter normal einnehmen, für den restlichen Zyklus empfiehlt sich allerdings ein zusätzlicher Schutz, zum Beispiel mit Kondomen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/13 ab Seite 50.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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