Einbrecher © Andrey Bortnikov / 123rf.com
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Wadenkrämpfe

UNLIEBSAME ÜBERFÄLLE

Sie sind weit verbreitet: Meist kommen sie ohne Vorwarnung und machen sich vor allem in der Nacht bemerkbar. Wer vorbeugt, kann die unangenehmen Schmerzattacken vermeiden.

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Viele Menschen werden durch die sogenannten Crampi nocturni aus dem Tiefschlaf gerissen, bei anderen setzt die Dauerkontraktion während des Sports oder in der Schwangerschaft ein. Der Muskel ist dann steinhart und der messerstichartige Schmerz zieht sich oft bis in den Fuß, sodass die Zehen sich zur Fußsohle hin verkrampfen.

Die Kontraktion dauert in der Regel Sekunden bis Minuten und löst sich normalerweise von selbst wieder. Manchmal bleibt ein Muskelkaterähnliches Gefühl zurück. Die unangenehmen Attacken sind meist harmlos, es sei denn, sie treten tagsüber in brenzligen Situationen, zum Beispiel beim Schwimmen, Auto- oder Radfahren auf. Man unterteilt Wadenkrämpfe in drei verschiedene Arten:

  • Wadenkrämpfe, die unvermittelt auftreten, ohne dass eine Ursache bekannt ist ,
  • solche, die ein Warnzeichen für eine zugrunde liegende Erkrankung sind und
  • Kontraktionen aufgrund eines Ungleichgewichtes im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt.

Zahlreiche Ursachen Die Voraussetzung dafür, dass Kontraktion und Entspannung der Muskulatur reibungslos funktionieren, ist eine ausreichende Versorgung mit Magnesium. Wenn die Wade also krampft und zwickt, kann ein Mangel des Mineralstoffs vorliegen. Daher sollte man vorbeugen: Klären Sie Ihre Kunden, die über Wadenkrämpfe klagen, über den Zusammenhang zwischen einem Magnesiumdefizit und den unangenehmen Muskelkrämpfen auf.

Damit der Organismus gut ausgestattet ist, sollte eine erwachsene Person täglich 300 bis 350 Milligramm Magnesium zu sich nehmen. Der Mineralstoff ist besonders reichlich in Hülsenfrüchten, Vollkornbrot, Nüssen, grünem Gemüse und Kleie vorhanden. Besteht bereits ein Magnesiumdefizit, kann es mithilfe von entsprechenden Präparaten ausgeglichen werden. Werden Kunden nachts von Wadenkrämpfen gepeinigt, ist jedoch nicht nur an Magnesiummangel zu denken.

»Bei Schwangeren sind die Symptome in der Regel auf einen Magnesiummangel zurückzuführen.«

Infekte mit Erbrechen und Durchfällen führen bisweilen rasch zu Ungleichgewichten im Elektrolythaushalt. Nervenstörungen oder Muskelerkrankungen können sich außerdem hinter Muskelkrämpfen verbergen. Einer Studie zufolge können vor allem lang wirksame Beta-2-Agonisten, kaliumsparende und Thiaziddiuretika krampffördernd wirken. Auch Alkoholmissbrauch spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Obendrein verursachen bestimmte Medikamente, zum Beispiel Statine, unter Umständen heftige Muskelschmerzen, welche die Kunden häufig mit Wadenkrämpfen verwechseln.

Von OTC zu Rx Zur Prophylaxe und Therapie von Wadenkrämpfen wird auch der Wirkstoff Chinin eingesetzt. Er war in Deutschland seit 1978 als apothekenpflichtiges Präparat im Handel. Das Arzneimittel wurde jedoch am 1. April 2015 aus Sicherheitsgründen der Verschreibungspflicht unterstellt, da es zu schweren Blutbildveränderungen und Herzrhythmusstörungen führen kann. Zudem besitzt Chinin ein erhebliches Potenzial für Wechselwirkungen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat des Weiteren die Indikation eingeschränkt und einige Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen. Chinin bleibt zwar „zur Therapie und Prophylaxe nächtlicher Wadenkrämpfe bei Erwachsenen“ zugelassen, allerdings mit der Einschränkung, dass die Krämpfe „sehr häufig und besonders schmerzhaft sind, behandelbare Ursachen ausgeschlossen wurden und nicht-pharmakologische Maßnahmen die Beschwerden nicht ausreichend lindern können.“

Die Verordnungspflicht soll auch eine missbräuchliche Anwendung der Substanz reduzieren. Chinin wird zusammen mit Loperamid in der Drogenszene verwendet, da Chinin die Wirkung von Loperamid verstärken kann. Letzteres hat nur deshalb keinen zentralnervösen Effekt, weil es in der Leber im First-Pass-Effekt abgebaut wird und die Blut-Hirn-Schranke nicht überwindet. Beides wird durch Chinin aufgehoben.

Tipps für Ihre Kunden Bei regelmäßigen Muskelkrämpfen ist es ratsam, sich vom Arzt auf mögliche Grunderkrankungen untersuchen zu lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn weitere Beschwerden wie Schwellungen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle hinzu kommen. Im akuten Fall hilft es, die verkrampften Muskeln zu dehnen. Eine ausgewogene Ernährung, eine genügende Flüssigkeitszufuhr sowie moderate Bewegung und Dehnübungen gehören zu den Grundlagen der Behandlung und Vorbeugung der schmerzhaften Crampi.

Sportler verlieren beim Schwitzen wertvolle Mineralstoffe, darunter auch Magnesium. Sie können den Attacken entgegenwirken, indem sie idealerweise Elektrolytlösungen trinken. Bei Schwangeren sind die Symptome in der Regel auf einen Magnesiummangel zurückzuführen, da bei ihnen ein erhöhter Bedarf besteht.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/15 ab Seite 102.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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