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Triclosan

RISKANTER BAKTERIENHEMMER?

Der keimtötende Wirkstoff aus der Gruppe der polychlorierten Phenoxyphenole wird zunehmend auch im Haushalt zur Desinfektion und Konservierung eingesetzt – möglicherweise mit Gefahren für Umwelt und Gesundheit.

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Als sehr wirksames Biozid gegen Bakterien, Viren und Pilze kommt Triclosan in erster Linie in Desinfektionsmitteln für Kliniken und Arztpraxen zum Einsatz. Darüber hinaus nutzt man es auch in Kosmetika, um das Wachstum von Keimen zu unterdrücken. Aufgrund eines steigenden Hygienebewusstseins wird Triclosan heute jedoch in immer mehr Produkten des täglichen Gebrauchs eingesetzt, die dann mit so positiv besetzten Slogans wie „antimikrobiell“ oder „allergikergeeignet“ beworben werden.

So gibt es mittlerweile nicht nur Seifen, Shampoos und Waschmittel, sondern auch Schneidebretter oder Textilien, die das Biozid enthalten. Eine bedenkliche Entwicklung, sagen Hygieniker, da so die Exposition mit einem potenziell gefährlichen Stoff zunehme. Lediglich in Kunststoffprodukten, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, darf Triclosan seit 2010 EU-weit nicht mehr vorkommen.

Durch die immer weiter um sich greifende Anwendung der Substanz, die zudem biologisch nur schwer abbaubar ist, reichert sich Triclosan in der Umwelt und in Organismen an. So findet man es mittlerweile bereits im Grundwasser und auch in der Muttermilch. Von der EU wurde Triclosan als umweltgefährlich eingestuft.

Schädlich für den Organismus? Wie Forscher herausfanden, beeinträchtigt Triclosan offenbar die Funktion bestimmter Proteine der Kalziumkanäle von Muskelzellen, sodass sich die Muskelfasern schwerer zusammenziehen können. Spritzten sie Mäusen Triclosan, nahm deren Herzleistung um 25 Prozent ab, was der Wirkung eines starken Betablockers entspricht. Gleichzeitig wurde die Greifkraft der Mäuse um 18 Prozent verringert. Bereits früher hatten Mediziner im Tierversuch eine leberschädigende Wirkung des Biozids nachgewiesen. Ob und inwiefern diese Ergebnisse auf Menschen übertragbar sind, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Bekannt ist zudem, dass Triclosan zu Hautreizungen und Schilddrüsenschädigungen führen kann. Schweiß löst die Chemikalie aus mit ihr behandelten Textilien bereits nach einer Stunde heraus, obwohl die Hersteller behaupten, sie sei fest mit der Faser verbunden. Außerdem wird Triclosan unter Einwirkung von Sonnenlicht in krebserregende Dioxine umgewandelt.

Um Keime und Schweißgeruch abzutöten werden jedoch immer mehr Kleidungsstücke, vor allem Outdoor-Bekleidung und Sportartikel, mit Triclosan behandelt. Möglicherweise erkauft man sich so gemeinsam mit der erwarteten Hygiene ein ernstes Gesundheitsrisiko. Die Forschung dazu weist noch viele Lücken auf, doch eine potenzielle Gefährdung ist gegeben, warnen Experten.

Breiter Einsatz fördert Resistenzen Bereits 2006 forderte das Bundesamt für Risikobewertung daher, den Einsatz von Triclosan auf Kliniken und Arztpraxen zu beschränken. Dort sei der Stoff sinnvoll, um die Keimübertragung zu verhindern. Die generell niedriger dosierten Produkte für den Privatgebrauch hätten hingegen keinen hygienischen Nutzen, da die Dosierung meist nicht ausreiche, um die Krankheitserreger zuverlässig abzutöten. Hinzu kommt die Gefahr der Resistenzbildung: Durch den verbreiteten Einsatz von Triclosan entsteht ein Selektionsdruck, sodass Keime, die dagegen resistent sind, sich stärker vermehren können als andere.

Gleichzeitig kann der breite Einsatz solcher Produkte nicht nur Resistenzen gegen Triclosan selbst fördern, sondern auch Kreuzresistenzen gegen andere Wirkstoffe wie zum Beispiel Antibiotika. Den Einsatz von Triclosan in Shampoos, Deos, Seifen und Waschmitteln beurteilt das BfR daher sehr kritisch. Man müsse von einer gesundheitsgefährdenden Exposition ausgehen, die durch keinen hygienischen Nutzen gerechtfertigt sei, denn herkömmliche Seife oder Essigreiniger seien in der Keimbekämpfung genauso wirkungsvoll wie triclosanhaltige Produkte.

Mit Triclosan haltbar machen Bis heute ist die Verwendung als Konservierungsstoff in kosmetischen Produkten bis zu einer Konzentration 0,3 Prozent zugelassen. Sie als PTA werden diesen Stoff als antibakteriellen Wirkstoff bei in der Apotheke angerührten Hautcremes kennen, sogar mit einem Anteil von bis zu drei Prozent. Diese Anwendung ist sicherlich sinnvoll, im Gegensatz zum Einsatz in Körperpflegeprodukten ohne medizinischen Nutzen. Generell sollte gelten: soviel Exposition wie nötig, so wenig wie möglich. Deswegen sollte man sich bei Kosmetikprodukten, Textilien, Spielzeug, Reinigungs- und Waschmitteln die Liste der Inhaltsstoffe genau anschauen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/14 ab Seite 74.

Dr. Holger Stumpf; Medizinjournalist

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