Abbildung der Nase und vorne dran sind grüne Bakterien, Pollen zu sehen© Alex Sholom / iStock / Getty Images Plus
Ein Forscherteam aus Tübingen hat das Verhältnis zwischen dem Immunsystem und dem Nasen-Mikrobiom neu untersucht.

Mögliche neue Therapieansätze

IMMUNSYSTEM UND NASEN-MIKROBIOM BEEINFLUSSEN SICH GEGENSEITIG

Nützliche Bakterien auf der Schleimhaut unserer Nase helfen dem Immunsystem bei der Abwehr von Krankheitserregern aus der Atemluft. Diese bakterielle Besiedelung unserer Nase ist wichtig für unsere Gesundheit und beeinflusst, wie anfällig wir für Infekte oder Allergien sind

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Bisher sind die Verhältnisse im Nasen-Mikrobiom kaum erforscht. Ein Team aus Tübingen will das nun ändern und hat interessante Zusammenhänge gefunden.

Rob van Dalen und seine Kollegen hoffen, bald die Prozesse in unserer Nase umfassender zu verstehen und so unter anderem auch resistenten Keimen zukünftig besser Herr zu werden.

Antikörper bremsen Bakterienzahl

Das Team um Rob van Dalen hat 50 gesunden Freiwilligen Nasenabstriche entnommen und diese untersucht. Von Interesse waren dabei der Gehalt eines bestimmten Immunglobulins sowie die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften im Nasensekret. Je höher die Konzentration an sekretorischem Immunglobulin A (sIgA) bei einer Person, desto geringer fiel die Anzahl der gefundenen Bakterien aus. Die Forscher vermuten, dass sIgA die Gesamtzahl der Bakterien reguliert. Die Menge des Antikörpers im Nasensekret variiert von Mensch zu Mensch, teils um das Hundertfache. Die Vielfalt der Mikroben scheint sIgA nicht zu beeinflussen, wohl aber die Gesamtzahl. 

Bei manchen Personen zeigte sIgA Aktivität gegen einige Bakterienarten, bei anderen dagegen nicht. Die Forscher schlussfolgern: Die Immunreaktion in unserer Nase ist abhängig von vielen Faktoren, darunter wahrscheinlich die Genetik und auch die lokalen Bedingungen. sIgA kommt außer im Nasensekret noch in Schweiß, Darmflüssigkeit, Speichel, Tränen und Muttermilch vor.
 

Neue Option gegen Problemkeim?

Bei acht der Probanden fand sich das Bakterium Staphylococcus aureus als Teil des normalen Nasen-Mikrobioms. Die Tübinger untersuchten in ihrer Studie eine spezifische Wechselwirkung von sIgA mit einem Oberflächenprotein von Staphylococcus aureus, dem Staphylokokkenprotein A (SpA). Bereits früher wurde dieses Protein mit Resistenzen des Bakteriums gegen verschiedene menschliche Antikörper in Verbindung gebracht. Eine Manipulation der Bindung zwischen sIgA und SpA könne, so die Forscher, zu einer verstärkten Immunreaktion auf Staphylococcus aureus beitragen. Normalerweise ist der Keim harmlos, kann aber unter bestimmten Bedingungen zu lebensbedrohlichen Infektionen führen. Seine Variante, der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), ist ein gefürchteter Klinikkeim, der sich vor allem unter geschwächten Menschen schnell ausbreitet und dem zahlreiche Antibiotika nichts anhaben können.

Rob van Dalen zufolge zeigt diese Wechselwirkung zwischen Nasenbakterien und sIgA deutlich, wie sich Mikrobiomsysteme regulieren und zukünftig reguliert werden könnten. Der Forscher sieht hier ein „riesiges Potential für zukünftige Behandlungsmethoden“. 
Ein vertieftes Verständnis der komplexen Vorgänge in unserer Nase könnte auch der Impfstoffentwicklung zugutekommen. Bereits jetzt gibt es einen Grippeimpfstoff für Kinder und Jugendliche, der als Nasenspray angewendet wird. Eine nasale Impfung gegen SARS-CoV 2 befindet sich in der Entwicklung. 

Quellen:
https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/wie-immunsystem-und-mikrobiom-in-unserer-nase-interagieren/
https://microbiomejournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40168-023-01675-y
 

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