Säuglinge

NÜTZLICHES FÜR DAS ERSTE LEBENSJAHR

Was zählt zum typischen Bedarf von Säuglingen und welche besondere Pflege benötigt ihre Haut, die sich in Aufbau und Funktion deutlich von der von Erwachsener unterscheidet?

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Eine Erstausstattung zur Pflege und Ernährung des Säuglings gehört in das Sortiment jeder Apotheke. Nicht alle Dinge müssen vorrätig sein. Dafür ist das Angebot zu umfangreich. Allerdings sollten sich PTA und Apotheker grundsätzlich darin auskennen, um kompetent beraten zu können – auch, wenn es um die sensible Babyhaut geht.

Rund um’s Stillen Die Nationale Stillkommission empfiehlt, den Säugling bis zu sechs Monate ausschließlich zu stillen. Dafür existiert eine große Auswahl an Stillzubehör. Stilleinlagen saugen überschüssige Milch auf, um Nässestau, Keimwachstum und Kälte zu vermeiden. Es gibt waschbare Varianten und Einlagen zum einmaligen Gebrauch. Die Einwegprodukte sind meist dünner und unauffälliger als die wieder verwendbaren Produkte aus Stoff . Stoffeinlagen mit Seide bieten aufgrund der kühlenden Eigenschaften einen besonders angenehmen Tragekomfort. Zur Unterstützung der Milchbildung sollten stillende Frauen viel trinken. Vorzugsweise eignet sich stilles Wasser oder Tee. Eine Kombination aus Fenchel, Kümmel und Anis zu gleichen Teilen hat sich als Milchbildungstee bewährt.

Für Stillprobleme Flach- oder Hohlwarzen gestalten das Saugen für den Säugling oftmals schwierig. Auch können Frühgeborene das Vakuum beim Saugen noch nicht halten. Zur Unterstützung eignen sich Stillhütchen, welche die Brustwarze sanft hervorziehen. Diese Stillhilfe wird auch als Brustwarzenformer oder -hütchen bezeichnet und kann ferner zum Schutz wunder Brustwarzen dienen. Für rissige und entzündete Brustwarzen sind zudem kühlende und damit schmerzlindernde Brustpads oder -gelkissen gedacht. Außerdem stehen diverse Wund- und Heilcremes zur Brustwarzenpflege zur Verfügung.

Abpumpen von Muttermilch Sollte das Stillen zeitweilig nicht möglich sein, kann die Brust mit Hilfe von Milchpumpen entleert werden. Damit wird die Milchbildung bei der Mutter weiter angeregt und der Säugling erhält fortdauernd Muttermilch. Da sich diese bei Raumtemperatur nur wenige Stunden hält, sollte sie im Kühlschrank aufbewahrt oder eingefroren werden. Manuelle Pumpen (mit Saugball, Hebel- oder Kolbenmechanik) reichen meist aus, wenn nur gelegentlich eine Mahlzeit oder zu viel Milch aufgefangen werden soll. Elektrische Varianten sind für ein regelmäßiges oder über einen längeren Zeitraum notwendiges Abpumpen ideal. Verschiedene Ausführungen für zu Hause oder unterwegs sowie für doppel- oder einseitiges Abpumpen sind erhältlich. Passend wird diverses Zubehör (z. B. Flaschen, -sauger, Auffangbeutel, Aufbewahrungsbehälter) angeboten.

Rund um Säuglingsnahrungen Wenn Stillen nicht möglich ist, kann der Säugling mit industriell hergestellter Säuglingsnahrung auf Kuhmilchbasis aus der Flasche sicher ernährt werden. Anfangsnahrungen mit der Bezeichnung Pre und 1 sind der Muttermilch am ähnlichsten und können immer gefüttert werden, wenn der Säugling hungrig ist. Sie sind im gesamten ersten Lebensjahr einsetzbar und können noch später während des Beikostalters gegeben werden. Die 1-Nahrungen enthalten außer Laktose zusätzlich Stärke, wodurch sie sämiger sind und länger sättigen sollen. Folgenahrungen tragen die Ziffern 2 und 3. Sie sind kein Muttermilchersatz, sondern können die Kost im zweiten Lebenshalbjahr ergänzen.

In der Regel ist Folgemilch 2 frühestens ab dem sechsten und die 3er ab dem zehnten Lebensmonat gedacht. Ihr Energiegehalt ist nur geringfügig höher als bei den Anfangsnahrungen. Sie weisen aber einen höheren Gehalt an Stärke und Proteinen auf, wodurch es bei unsachgemäßer Herstellung oder zu häufiger Gabe zur Überfütterung kommen kann. Zusätzlich können enthaltene Kohlenhydrate oder Aromastoffe eine Gewöhnung an den süßen Geschmack fördern.

Spezialnahrungen Bei allergiegefährdeten Säuglingen kann im ersten Lebenshalbjahr eine hypoallergene Fertigmilch gegeben werden. Diese HA-Nahrung ist zwar auf Kuhmilchbasis, aber die Proteine sind in kleinere Eiweißbausteine aufgespalten, wodurch sie weniger allergieauslösend sind. Nachteil ist ein leicht bitterer Geschmack. Bei nachgewiesener Kuhmilchallergie sind hydrolysierte Spezialnahrungen mit noch kleineren Eiweißbruchstücken nötig, die in der Regel keine allergische Reaktion mehr auslösen können. Werden auch diese Produkte nicht vertragen, kommen Aminosäuremischungen in Frage. Bei diesen Präparaten ist der Proteinanteil vollständig durch Aminosäuren ersetzt, die der Körper nicht mehr als allergen erkennt.

Sauger & Co. Für die Flaschenernährung gibt es Sauger aus diversen Materialien (Silikon, Latex), Formen (Kiefer-, Naturform) und Größen. Zudem unterscheiden sie sich in ihrer Saugerlochgröße, die auf verschiedene Nahrungen (Milch, Tee, Brei) abgestimmt ist. Die Flaschen selber sind aus Glas oder Kunststoff. Plastik ist zwar leichter, verfärbt sich aber nach längerem Gebrauch. Glasbehältnisse sind schwer und zerbrechlich, bleiben aber klar. Flaschen sollen dem Kind nicht unbeaufsichtigt zum Nuckeln gegeben werden, da dies Karies fördert.

Wenn der Durst gestillt ist, können Sauger (Schnuller) den Säugling beruhigen. Ein umfangreiches Sortiment aus altersabgestimmten Größen, verschiedenen Formen (Kirschform, anatomische Form) und Materialien (Silikon, Latex) steht zur Verfügung. Zudem existieren Medikamentensauger zur Verabreichung flüssiger Arzneiformen.

PUNKTEN SIE MIT SERVICE!
Neben elektrischen Milchpumpen bieten sich Inhaliergeräte und Babywaagen zum Ausleihen an. Ein Mietdepot signalisiert, dass sich junge Eltern in Ihrer Apotheke gut aufgehoben fühlen können. Apotheken, die ein ganzheitliches Beratungskonzept für Schwangere, Stillende und Eltern anbieten,
können sich auch beim Verein Babyfreundliche Apotheke zertifizieren lassen. www.babyfreundliche-apotheke.de.

Auswahl an Hilfsmitteln Hilfsmittel zur Säuglingspflege gibt es viele. In Apotheken werden meist Badethermometer, abgerundete Nagelscheren und Einmalwaschlappen angeboten. Für kranke Babys eignen sich Thermometer mit flexibler Spitze oder für das Ohr. Einmalschutzhüllen bzw. -kappen sind für beide Messgeräte vorhanden. Für Schnupfennasen stehen Nasenreiniger und Inhaliergeräte zur Verfügung. Beißringe lindern Zahnungsbeschwerden und Wärmflaschen mit kindgerechtem Überzug oder Kirschkernkissen entspannen bei Bauchschmerzen und erzeugen wohlige Wärme.

Empfindliche Babyhaut Die natürliche Hautschutzbarriere gegen Umwelteinflüsse aller Art ist noch nicht ausreichend widerstandsfähig und die Säuglingshaut ist gegenüber hautreizenden Stoffen sehr sensibel und viel durchlässiger als die erwachsene Körperhülle. Fremdstoffe wie Allergene oder Keime, aber auch Wirk- und Hilfsstoffe aus Arzneimitteln und Pflegeprodukten können leichter in die Haut eindringen. Da die Körperoberfläche der Kleinen im Verhältnis zum Körpervolumen zudem 2,5- bis 3fach größer als bei Erwachsenen ist, besteht die Gefahr, dass topisch applizierte Stoffe zu relevanten Blutspiegeln mit systemischen Wirkungen (z. B. bei PVP-Jod) oder lebensgefährlichen Vergiftungen (z. B. Salicylate) führen können.

Weniger schützt mehr Prinzipiell sollte zarte Säuglingshaut nur wenigen Substanzen ausgesetzt werden, um sie nicht zu reizen oder gar Allergien auszulösen. Es sind Reinigungs- und Pflegemittel mit einer möglichst geringen Anzahl an Inhaltsstoffen zu bevorzugen, die zudem auf Farb- und Duft- und Konservierungsstoffe verzichten. Rezepturen, die im schwach sauren hautphysiologischen pHWert eingestellt sind, unterstützen die Barrierefunktion des Hydrolipidmantels und damit die noch unausgereifte Schutzfunktion der Haut. Waschlotionen oder Syndets mit saurem pH-Wert sind daher den Babyseifen vorzuziehen. Letztere eigenen sich nicht, da sie in der Regel alkalisch sind und die Säuglingshaut reizen und austrocknen.

Baden erwünscht Bei Neugeborenen reicht es, täglich Gesicht, Hände und Füße sanft mit einem Waschlappen zu reinigen. Der Po wird nach jedem Windelwechseln gesäubert. Dabei können neben klarem Wasser ein Babyöl oder Feuchttücher zur vollständigen Entfernung der Stuhlreste notwendig sein. Größere Säuglinge benötigen eine Reinigung des gesamten Körpers, da sie mehr Kontakt mit Fremdstoffen haben. Die frühere Empfehlung, Säuglinge lieber zu waschen und nicht zu baden, kann heute bei gesunder Babyhaut nicht mehr aufrechterhalten werden. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass sich zweimal wöchentliches Baden günstiger auf die Funktion der Hautschutzbarriere auswirkt als ausschließliches Waschen.

Die Verwendung eines milden, seifenfreien Badezusatzes verbessert zudem die physiologische Funktion der Hautschutzbarriere und ist der Reinigung mit klarem Wasser vorzuziehen. Außerdem können so fettlösliche Substanzen wie Stuhl- oder Cremereste von der Haut entfernt werden, was mit Wasser allein nicht immer gelingt. Den Syndets können rückfettende Zutaten (z. B. Paraffinöl), Feuchthaltesubstanzen (z. B. Glycerin) oder hautpflegende und -beruhigende Wirkstoffe (z. B. Panthenol) zugesetzt sein. Der Raum sollte beim Baden über 22 °C und die Wassertemperatur zwischen 35 und 37 °C liegen. Die Badezeit sollte fünf bis zehn Minuten nicht überschreiten.

Pflege danach erforderlich Nach dem Baden muss die Haut gut abgetrocknet werden. Ideal ist ein vorgewärmtes Handtuch, mit dem der Säugling nicht abgerubbelt, sondern vorsichtig abgetupft wird. Hautfalten bedürfen besonderer Aufmerksamkeit, damit Pilzinfektionen und Ekzeme keine Chance haben. Der Windelbereich kann auch vorsichtig trocken gefönt werden. Anschließend wird die Haut gut eingecremt, wobei eine ausreichende Zufuhr an Feuchtigkeit und Fett notwendig ist, um die physiologische Barrierefunktion der Haut zu verbessern.

Studien zeigen, dass Säuglingshaut nach dem Eincremen einen höheren Feuchtigkeitsgehalt und einen geringeren transepidermalen Wasserverlust aufweist als die Haut von Kindern, die nicht eingecremt wurden. Es kommen W/O- und O/W-Emulsionen zum Einsatz, deren Lipidgehalt stark variiert. Als Lipidkomponente kommen in der Säuglingspflege neben pflanzlichen Ölen (z. B. Mandelöl) auch Paraffinöle zur Anwendung. Als pflegende Zusätze finden sich Feuchthaltesubstanzen (z. B. Sorbitol), wundheilungsfördernde Stoffe (z. B. Panthenol), entzündungshemmende Pflanzenextrakte (z. B. Kamillenextrakt) und Substanzen mit Radikalfängereigenschaften (z. B. Vitamin E). Bei Kälte sollte das Gesicht mit einer Fettcreme ohne Wasser geschützt werden. Als Sonnenschutz haben sich im Säuglingsalter nur Mikropigmente bewährt, da diese nicht von der empfindlichen Haut resorbiert werden.

WAS TUN BEI MILCHSCHORF?
Milchschorf auf der Säuglingskopfhaut sollte nicht abgekratzt, sondern mit Babyöl eingerieben werden. Die gelbe Schuppenschicht löst sich dann beim Waschen allmählich von alleine ab.

Entzündungen und Pilze vermeiden Zur Pflege des Windelbereichs eignen sich neben Babyölen spezielle Wundschutzcremes, die durch ihren hohen Lipidgehalt die Haut vor Feuchtigkeitsverlust und Kontakt mit reizenden Substanzen aus dem Urin oder Stuhl schützen. Auch sind W/O-Emulsionen oder Pasten mit Zinkoxid, Lebertran oder Ringelblumenextrakt geeignet, da sie eine entzündungshemmende und wundheilfördernde Wirkung aufweisen. Sollte es im feucht-warmen Klima der Windelregion dennoch zu einer Windelsoor gekommen sein, müssen Antimykotika lokal aufgetragen werden, die den Pilzbefall zuverlässig bekämpfen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 78.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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