Reagenzgläser © serezniy / 123rf.com
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Update Ebola

NOCH NICHT UNTER KONTROLLE

In Liberia schien die Seuche schon besiegt, doch dann ist dort doch wieder eine Frau erkrankt. Guinea und Sierra Leone melden 50 bis 100 Neuinfektionen – pro Woche.

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Zwar sind dies deutlich weniger Fälle als noch vor einigen Monaten. Aber es sei bei weitem nicht so, dass es sich ausschließlich um Kontaktpersonen von bekannten Patienten handele. Solange dies nicht der Fall sei, könne die Epidemie jederzeit wieder aufflammen, warnte Dr. Frank Dörner in einem Vortrag der Organisation Ärzte ohne Grenzen.

Ihren Ursprung hatte der bislang größte Ebola-Ausbruch mit 25 000 Infizierten und 10 000 Toten seinen Angaben zufolge vermutlich bei einem kleinen Kind in der Grenzregion zwischen Guinea, Liberia und Sierra Leone in Westafrika. Das Kind hatte, so die derzeitige Erkenntnislage, im Urwald eine Frucht gegessen, von der zuvor ein Flughund gefressen hatte, und sich dabei infiziert. In dieser Fledermauspopulation ist das Ebola-Virus vorhanden, wobei die Tiere aus bislang ungeklärten Gründen nicht erkranken.

Noch bevor die Krankheit ausbrach, machten sich das Kind und sein Vater auf den Weg aus dem Süden des Landes in die Hauptstadt. Unterwegs hatten sie Kontakt zu zahlreichen Menschen, und während dieser Reise erkrankte das Kind. Auch bei einem Familienfest sollen die beiden gewesen sein. Kontaktpersonen, die sich ansteckten, trugen das Virus zurück in ihre jeweilige Heimat. In der schwer zugänglichen Gegend sind Verkehrsmittel rar und oftmals überfüllt, sodass enger körperlicher Kontakt unterwegs unvermeidbar ist, sagt Dörner. Das Ebola-Virus wird durch den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten von erkrankten Personen übertragen.

Gesundheitssysteme am Boden Weil es Ebola-Ausbrüche bislang ausschließlich in Zentralafrika gab, hatten Ärzte und Regierungen in den drei betroffenen Ländern in Westafrika keine Erfahrung mit der Erkrankung. Eine Gesundheitsinfrastruktur war – gemessen an unseren westlichen Standards – schon vor dem Ausbruch kaum vorhanden. Tragischerweise gehörten dann gerade die Mitarbeiter der wenigen Gesundheitszentren zu den ersten Opfern, weil sie sich bei den Hilfe suchenden Patienten ansteckten.

In der Folge trauten sich, erzählt Dörner, einige der noch gesunden Mitarbeiter zudem nicht mehr, zur Arbeit zu kommen. Viele Einrichtungen mussten schließen. Zusätzlich mied die Bevölkerung aus Angst vor Ansteckung die Gesundheitszentren und Krankenhäuser. Wie eine nachträgliche Auswertung ergab, sank mit steigenden Ebola-Fällen die Zahl der Krankenhausaufnahmen sowie der chirurgischen Eingriffe. Somit starben – und sterben – Menschen auch aufgrund von Ursachen, die mit Ebola eigentlich gar nichts zu tun haben.

»Um künftigen Ebola-Ausbrüchen vorzubeugen, wird intensiv an Impfstoffen gegen das Virus gearbeitet.«

Besondere Sorgen bereitet Experten, dass seit Beginn des Ausbruchs viele Kinder nicht mehr geimpft wurden. Denn die Sterblichkeit beispielsweise durch Masern kann bei Mangelernährung und ohne adäquate Gesundheitsversorgung laut WHO bis zu zehn Prozent betragen. Ein Ausbruch der hochansteckenden Masernviren könnte daher sogar noch mehr Todesopfer fordern als die ursprüngliche Ebola-Epidemie.

Vor Ort werden derzeit große Anstrengungen unternommen, um die Routine-Impfungen wieder aufzunehmen. Dabei sowie beim generellen Wiederaufbau der Gesundheitsversorgung benötigen die betroffenen Länder langfristig internationale Hilfe, betonte Dörner. Auf der Rangliste der ärmsten Länder der Welt nähmen sie die Plätze 174, 176 und 177 von 187 ein.

Entwicklung von Impfstoffen Um künftigen Ebola-Ausbrüchen vorzubeugen, wird intensiv an Impfstoffen gegen das Virus gearbeitet. Am weitesten fortgeschritten sind zwei Vakzin-Kandidaten mit den Namen ChAd3-ZEBOV und rVSV-ZEBOV, die jeweils in Zusammenarbeit zwischen einer staatlichen Institution und einem Pharmaunternehmen entwickelt wurden. Beide haben sich in Phase I-Studien an gesunden Freiwilligen als sicher und gut verträglich erwiesen und werden jetzt auf ihre Effektivität hin getestet. Eine ganze Reihe weiterer Kandidaten befindet sich zudem noch in früheren Entwicklungsphasen.

Medikamente Bei der Behandlung von Ebola werden unterschiedliche Strategien verfolgt: Zum einen wird aktuell systematisch untersucht, ob die Transfusion von Blut oder Plasma von Überlebenden – das Antikörper gegen das Virus enthält – als Therapie zur Linderung der Symptome und zur Reduktion von Todesfällen geeignet ist. Dazu laufen derzeit Studien in allen drei betroffenen Ländern. Der Vorteil: Blut beziehungsweise Plasma von Überlebenden wäre kurzfristig verfügbar.

Die Impfstoffe, selbst wenn sie sich als effektiv erweisen, kämen für den jetzigen Ausbruch vermutlich zu spät, weil die Produktion aufwändig ist und Zeit braucht. Zudem werden einige antivirale Medikamente, die eigentlich für die Behandlung von anderen Infektionen entwickelt wurden, daraufhin getestet, ob sie möglicherweise auch bei Ebola wirksam sind – allerdings bislang ohne durchschlagenden Erfolg. Schließlich wird die Wirksamkeit von ZMapp, das speziell gegen Ebola entwickelt wurde und das in Tiermodellen hervorragend gewirkt hat, jetzt auch beim Menschen systematisch untersucht.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 64.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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