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Rheumatische Erkrankungen

LUPUS ERYTHEMATODES

Die Erkrankung kann nur die Haut oder – häufiger – die Gelenke sowie zahlreiche Organe betreffen. Vor allem zu Beginn ist die Diagnose oft nicht einfach, weil die Symptome unspezifisch sind.

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Der Name Lupus erythematodes ist nicht nur schwer auszusprechen, sondern auch in seiner Bedeutung ein wenig außergewöhnlich: Lupus ist nämlich lateinisch und bedeutet Wolf. Der Name stammt vermutlich daher, dass die Narben, die nach dem Abheilen der Hautmanifestationen zurückbleiben, die Menschen früher an Narben durch Wolfsbisse erinnerten. Der zweite Teil des Namens ist dagegen leicht zu erklären: Erythematodes kommt aus dem Griechischen und heißt so viel wie rötlich. Er bezieht sich auf das schmetterlingsförmige Erythem, das bei einem Teil der Betroffenen im Gesicht auftritt. Der LE gehört zur Gruppe der entzündlich rheumatischen Erkrankungen und dort zu den Kollagenosen. Insgesamt sind in Deutschland um die 30 000 bis 40 000 Menschen an einem LE erkrankt, die überwiegende Mehrheit Frauen. Die Schwere der Erkrankung und die Ausprägung sind individuell sehr unterschiedlich.

Autoimmunerkrankung Die genaue Ursache des LE ist nicht bekannt. Klar ist aber, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt. Dabei greifen beim LE offenbar verschiedene Autoantikörper den eigenen Organismus an: Es sind unter anderem Antikörper gegen Bestandteile des Zellkerns, gegen Erythrozyten, Leukozyten beziehungsweise Granulozyten, Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren nachweisbar. Indem die Autoantikörper körpereigene Strukturen angreifen, kommt es in den einzelnen Geweben und Organen zu Entzündungen. Offenbar erhöhen bestimmte genetische Veränderungen das Risiko, an einem LE zu erkranken. Es müssen aber auch Umweltfaktoren wie Infektionen, UV-Strahlen durch vermehrte Sonnenexposition oder auch eine Schwangerschaft hinzukommen, damit die Erkrankung ausbricht. Da ganz überwiegend Frauen im gebärfähigen Alter erkranken, geht man außerdem davon aus, dass auch die weiblichen Geschlechtshormone eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen.

Vielfältige Symptome Die ersten unspezifischen Anzeichen für einen systemischen LE können Abgeschlagenheit, erhöhte Temperatur oder Fieber, Gewichtsverlust oder Lymphknotenschwellungen sein. Typisch sind auch Hautausschläge im Gesicht und auf den Armen, also in lichtexponierten Bereichen. Meist kommen Gelenkbeschwerden hinzu. Dabei müssen nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten, sondern sie können sich auch mit der Zeit entwickeln. Etwa 8 von 10 Lupus-Patienten leiden letztendlich an Gelenkschmerzen, Allgemeinbeschwerden wie Müdigkeit und Hautveränderungen. Zudem ist die Niere beteiligt. Hier ist wichtig, dass dies möglichst früh festgestellt und behandelt wird, da die Lupusnephritis einen großen Einfluss auf die Prognose hat. Bei rund zwei Dritteln aller Patienten sind eine Gelenkentzündung sowie ein Raynaud-Syndrom (weiße Finger und Zehen bei Kälte) nachweisbar.

Rund die Hälfte berichtet über Beschwerden des zentralen Nervensystems, Schleimhautveränderungen und Magen-Darm-Beschwerden. Bei einem Drittel der Patienten findet man Rippenfellentzündungen, Herzbeutelentzündungen und Lymphknotenerkrankungen. Entzündungen des Rippenfells und des Herzbeutels können sich in atemabhängigen Schmerzen des Brustkorbs äußern. Zudem kann die Lunge beteiligt sein. Selten treten Muskelentzündungen, Herzmuskelentzündungen und Bauchspeicheldrüsenentzündungen auf. Ein Teil der Betroffenen weist ausschließlich einen kutanen LE auf.

Die häufigste Form hier ist der diskoide LE – er zeichnet sich durch typische, scheibenförmige rötlich-schuppende Hautveränderungen aus. Bei etwa fünf bis zehn Prozent der Patienten kann der kutane LE in einen systemischen LE übergehen. Generell wird der kutane LE anhand seiner Verlaufsform in einen akuten, subakuten, chronischen und intermittierenden kutanen LE eingeteilt.Schließlich kann ein LE durch Medikamente ausgelöst werden. In der Regel verschwindet er wieder, wenn das Medikament abgesetzt wurde.

Verlauf Die Kombination der Symptome sowie ihre Ausprägung sind von Patient zu Patient unterschiedlich. Bei der Mehrheit verläuft die Erkrankung schubförmig, das heißt zwischen Zeiten, in denen sich die Erkrankung verschlechtert, liegen Wochen oder Monate, in denen die Patienten beschwerdearm oder sogar beschwerdefrei sind. Tendenziell werden die Schübe mit zunehmendem Alter seltener und weniger schwer.

Diagnose Die Diagnose stellt für den Arzt gerade zu Beginn der Erkrankung eine Herausforderung dar. Die amerikanische Rheumatologen-Vereinigung hat 2012 eine Liste mit 17 typischen Befunden zusammengestellt – wenn vier von ihnen vorliegen, erscheint ein LE wahrscheinlich. Für die Diagnose nutzt der Arzt die Anamnese, klinische Befunde sowie Laboruntersuchungen. Bei letzterer können vor allem der Nachweis von antinukleären Antiköpern (ana) und DNS-Antikörpern einen wichtigen Hinweis auf einen LE geben. Trotzdem dauert es bei vielen Patienten mehrere Jahre, bis schließlich die richtige Diagnose gestellt wird.

Behandlung Die Therapie des LE richtet sich nach der Ausprägung und Krankheitsschwere beim individuellen Patienten. Ziel der medikamentösen Therapie ist es, die Entzündungsreaktionen sowie die Überaktivität des Immunsystems einzudämmen. Dabei kommt ein Stufenschema zum Einsatz:

  • nicht-steroidale Antirheumatika (z.B. Aspirin)
  • Antimalariamittel (z.B. Chloroquin, Hydroxychloroquin)
  • Immunsuppressiva und Zytostatika (z.B. Azathioprin, Ciclosporin A, Mycophenolatmofetil, Cyclophosphamid; Belimumab)
  • Parallel kann immer Kortison eingesetzt werden.

Nicht-steroidale Antitheumatika werden vor allem zur Schmerzstillung verwendet. Die Antimalariamittel Chloroquin und Hydroxychloroquin finden besonders bei Beteiligung von Haut und Gelenken Anwendung; sie wurden ursprünglich zur Vorbeugung der Malaria entwickelt. Bei schwereren Verläufen der Erkrankung können Immunsuppressiva beziehungsweise Zytostatika zum Einsatz kommen. Sie dämpfen das Immunsystem, allerdings setzt ihre Wirkung erst nach Wochen bis Monaten ein. Der monoklonale Antikörper Belimumab richtet sich gegen den B-Zell-Stimulator BlyS und kann bei sehr schweren Verläufen als Zusatztherapie zu einer Standardtherapie aus Antimalariamitteln, einem Immunsuppressivum (z.B. Azathioprin) und/oder Glukokortikoiden eingesetzt werden.

Ein Teil der Medikamente muss bei LE off-label eingesetzt werden, da keine Zulassung besteht. Daneben spielen nicht-medikamentöse Maßnahmen eine wichtige Rolle: So sollten Lupus-Patienten auf das Rauchen verzichten, da es Erkrankungsschübe auslösen und die Krankheitsaktivität verstärken kann. Wichtig ist zudem die Vermeidung von UV-Strahlung. Bei Gelenkbeteiligung ist Bewegung wichtig, auch örtliche Kälteanwendungen können lindern.

LE und Schwangerschaft Einerseits kann sich ein LE durch eine Schwangerschaft verschlechtern, andererseits kann ein LE zu Komplikationen in der Schwangerschaft führen. Deshalb sollten Schwangerschaften möglichst in Krankheitsphasen mit niedriger Aktivität fallen und Schwangere müssen konsequent überwacht werden.

Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/17 auf Seite 132.

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