Die PTA ermittelt. © Sergey Nivens / 123rf.com

Tatort Apotheke

LOPERAMID

Loperamid ist der Klassiker unter den Durchfallmedikamenten in der Selbstmedikation. Aber Achtung – zusammen mit einigen Wirkstoffen können unerwünschte Arzneimittelwirkungen auftreten.

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Eine Kundin mittleren Alters wünscht ein gutes Mittel gegen Diarrhö. Es stellt sich heraus, dass sie seit gestern akute Durchfälle mit Übelkeit und Erbrechen hat. Ihre Nachbarin habe ihr ein loperamidhaltiges Medikament empfohlen. Gewissenhaft fragt die PTA nach, ob die Beschwerden mit Schmerzen, Fieber oder blutigen Stühlen verbunden sind und ob besondere Umstände für den Durchfall verantwortlich sein könnten, zum Beispiel Essen, das nicht vertragen wurde. Das verneint die Kundin.

Außerdem möchte die Apothekenmitarbeiterin wissen, welche weiteren Arzneimittel die Dame einnimmt und ob es irgendwelche Unverträglichkeiten gibt. Ihre sonstigen Medikamente sind: L-Thyroxin, Verapamil gegen Herzrhythmusstörungen und Citalopram.

Pharmakologischer Hintergrund Weder das Schilddrüsenmittel noch Citalopram weisen ein Interaktionspotenzial mit Loperamid auf. Anders sieht es mit Verapamil aus. Der Wirkstoff ist ein Kalziumantagonist, der bei koronarer Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen und arterieller Hypertonie eingesetzt wird. Er wirkt vasodilatorisch und dadurch blutdrucksenkend. Am Herzmuskel werden Kalziumkanäle blockiert, sodass das Herz langsamer schlägt und die Schlagkraft insgesamt reduziert wird (negativ ionotrop). Am AV-Knoten wird außerdem die Erregungsleitung verlangsamt (negativ dromotrop).

Weil Verapamil die Herzfrequenz senkt, beeinflusst es tachykarde Herzrhythmusstörungen günstig. Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp haben ein gewisses Interaktionspotenzial mit anderen Arzneistoffen. Einerseits sind sie Substrate von CYP3A4. Zudem ist der Kalziumantagonist ein Hemmstoff des ABC-Transporterproteins P-Glykoprotein, was zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen, die ebenfalls auf dieses Protein eine Wirkung haben, führen kann. Hier kommt nun Loperamid ins Spiel.

Das Antidiarrhoikum vom Opioidtyp kann bei Erwachsenen die Bluthirnschranke nur wenig überwinden. Außerdem wird angenommen, dass es aktiv über Effluxpumpen (ABC-Transporter) vom P-Glykoproteintyp aus dem Gehirn transportiert wird, so dass es vorwiegend auf Opioidrezeptoren in der Peripherie wirkt. Dort entfaltet Loperamid seine motilitätshemmende Wirkung, die insbesondere zur Behandlung akuter Durchfälle gewünscht ist.

Wird Loperamid sublingual eingenommen, wird der First-Pass-Effekt der Leber umgangen und eine schnellere Wirkung ist zu erwarten. Hemmstoffe des P-Glykoproteins wie zum Beispiel Verapamil – aber auch Chinin, Chinidin, Ketoconazol, Doxepin oder Ritonavir – können in Kombination mit Loperamid zentrale opioide Wirkungen von Loperamid hervorrufen. In Drogenkreisen wird dieser Effekt gerne genutzt, um das harmlose Durchfallmittel für zentrale Wirkungen „scharf ” zu machen.

Zurück zum Fall Die PTA erläutert der Kundin, dass das von ihr gewünschte Durchfallmittel mit einem ihrer Dauermedikamente in Wechselwirkung treten könne. Sie empfiehlt ihr stattdessen eine orale Elektrolytlösung, um den Flüssigkeitshaushalt und die Elektrolyte wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Außerdem gibt sie ihr Kapseln mit Milchsäurebakterien mit, die einen günstigen Effekt auf die Darmflora haben. Falls die Beschwerden nach ein bis zwei Tagen nicht besser werden, sollte sie einen Arzt aufsuchen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/13 auf Seite 66.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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