© Die PTA in der Apotheke
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Wissen Sie es noch?

LOKALANÄSTHETIKA

Mit dieser neuen Serie möchten wir Sie erinnern. Und zwar an Dinge, die Sie damals in der PTA-Schule gelernt, aber inzwischen vielleicht nicht mehr parat haben. Jenes Wissen, das man nicht unbedingt täglich braucht, das jedoch die beratungsstarke PTA ausmacht.

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Vielleicht kennen Sie das selbst – trotz Spritze ist die Behandlung beim Zahnarzt schmerzhaft. Wieso wirken Lokalanästhetika in entzündetem Gewebe nicht?

Lokalanästhetika heben die Erregbarkeit und die Leitfähigkeit der schmerzvermittelnden Nervenfasern auf. Sie blockieren Natriumkanäle und verhindern so den für die Depolarisation notwendigen Natriumeinstrom in die Nervenzelle. Damit kann der Nervenimpuls nicht weiter geleitet werden.

Die Folge ist eine vorübergehende Ausschaltung der Schmerzempfindung – ideal für kleinere operative Eingriffe, für die keine Vollnarkose notwendig ist, die man aber auch nicht mit voller Schmerzwahrnehmung aushalten möchte. Normalerweise funktioniert das sehr zuverlässig, bei einer Entzündung ist jedoch alles ein wenig anders.

Struktur und Wirkung Bis auf wenige Ausnahmen verfügen alle Lokalanästhetika über eine ähnliche Grundstruktur. Sie bestehen aus einem lipophilen Rest, der über eine Zwischenkette mit einem hydrophilen Rest verbunden ist. Dieser ist fast immer eine sekundäre oder tertiäre Aminogruppe. Letztere kann protoniert werden, das heißt, sie kann am Stickstoff der Aminogruppe ein positiv geladenes Wasserstoffion aufnehmen. Dadurch entsteht ein ebenfalls positiv geladenes Ammoniumion. Dies ist die eigentliche Wirkform des Lokalanästhetikums am Ionenkanal.

Um aber dorthin zu gelangen, genauer an das in der Nervenzelle gelegene Ende des Ionenkanals, muss der Wirkstoff zunächst durch die Zellmembran diffundieren. Dies gelingt nur in der nicht-protonierten und damit lipophilen Form. Bei den wichtigsten derzeit verwendeten Substanzen liegt in wässriger Lösung ein Gleichgewicht zwischen protonierter, hydrophiler und nichtprotonierter, lipophiler Form vor.

Die Lage dieses Gleichgewichts hängt einerseits vom verwendeten Lokalanästhetikum und andererseits vom pH-Wert des Gewebes ab. Damit ist letzteres für die Penetrationsfähigkeit des Lokalanästhetikums von großer Bedeutung. Bei einem normalen Gewebs-pH-Wert von etwa 7,4 liegen je nach Substanz etwa 3 bis 20 Prozent in der nicht-protonierten Form vor.

Entzündung macht sauer Entzündetes Gewebe hat einen niedrigeren pH-Wert als gesundes. Durch die Schwellung und Ödembildung, die mit einer Entzündung verbunden sind, kommt es zu einem Sauerstoffmangel, denn die einzelnen Zellen werden durch den größeren Diffusionsweg des Sauerstoffs schlechter erreicht. Die Energie muss jetzt durch anaerobe Glykolyse gewonnen werden. Dabei entsteht Milchsäure, die den pH-Wert senkt.

Das Gleichgewicht zwischen protonierter und nicht-protonierter Form ist nun auf die Seite des protonierten, hydrophilen Anteils verschoben. Dadurch sinkt das Penetrationsvermögen, das Lokalanästhetikum kann nur noch in geringem Maße die Membran der Nervenfaser durchdringen und an den eigentlichen Wirkort, die Innenseite des Natriumkanals, gelangen. Die Wirkung ist abgeschwächt oder bleibt aus – der Zahn tut weh.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/12 auf Seite 83.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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