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Heilpflanzen

KAMILLE – VON ALLEN GESCHÄTZTE BLÜTEN

Die Kamille (Matricaria recutita L.) aus der Familie der Korbblütler ist eine der bekanntesten Heilpflanzen, die vor allem wegen ihrer entzündungshemmenden und krampflösenden Eigenschaften genutzt wird.

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Schon Hippokrates würdigte die Heilkraft der Kamille und Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) beschrieb sie als eine der bedeutsamsten Arzneipflanzen. Inzwischen sind ihre Wirkungen in Studien nachgewiesen und Qualitätsanforderungen und anerkannte medizinische Indikationen in Monografien des Europäischen Arzneibuchs, der Kommission E, der WHO und ESCOP niedergelegt.

Blütenstand mit Köpfchen Die Echte Kamille ist in Europa, Nordamerika, Vorderasien und Australien verbreitet. Sie bildet bis zu 40 Zentimeter hohe Stängel, die im oberen Bereich verzweigt sind und zwei- bis dreifach gefiederte feine Blätter tragen. Ihre Blütenköpfchen sind durch einen hohlen Blütenboden charakterisiert, der mit gelben Röhrenblüten besetzt und von abwärts gerichteten weißen Zungenblüten umgeben ist.

Die Blütenköpfchen enthalten die arzneilich wichtigen Inhaltsstoffe, vor allem das ätherische Öl mit Bisabolol, Bisaboloiden, Matricin/Chamazulen und En- In-Dicycloethern, das dem einjährigen Kraut den charakteristischen Geruch verleiht und nach Europäischem Arzneibuch zu mindestens 0,4 Prozent enthalten sein muss. Außerdem finden sich in den Blüten zudem noch Flavonoide, Cumarine und Schleimstoffe.

Ein ganz besonderer Apfel Früher wurde die Kamille hauptsächlich bei Erkrankungen im Wochenbett verwendet, worauf der lateinische Gattungsname Matricaria von matrix = Gebärmutter verweist. Der Volksmund spricht auch vom Mutterkraut. Andere traditionelle Namen wie Feldkamille deuten auf ihr Vorkommen auf Feldern, Wiesen und an Wegrändern hin.

Die deutsche Bezeichnung Kamille greift wie die Synonyme Chamomilla recutita (L.) RAUSCHERT und Matricaria chamomilla L. die griechische Bezeichnung „chamaimelon“, also chamai = niedrig und melon = Apfel auf, was so viel wie „am Boden wachsender Apfel” bedeutet und sich damit auf den (entfernt) an Äpfel erinnernden Geruch und die runde Apfelform der Blütenköpfchen bezieht.

Der gewisse Unterschied Man spricht auch von der Echten Kamille, um sie von anderen Sorten abzugrenzen. Während bei Matricaria recutita L. der aufgewölbte Blütenboden hohl ist, sind die meisten Doppelgänger (z. B. Geruchslose Kamille, Römische Kamille, Stinkende Hundskamille, Acker-Hundskamille) durch einen markigen Blütenboden gekennzeichnet. Außerdem weisen sie wesentlich weniger ätherisches Öl als die Echte Kamille auf und liefern somit keine Arzneibuchqualität.

TIPP
Da das breite Wirkspektrum der Kamille auf dem Zusammenspiel von lipo- und hydrophilen Inhaltsstoffen basiert, kann die beste Wirkung mit alkoholisch-wässrigen Auszügen erzielt werden. Sowohl die fettlöslichen Bestandteile aus dem ätherischen Öl, vor allem Chamazulen, Bisabolol und seine Oxide, als auch die wasserlöslichen Flavonoide wirken antiphlogistisch. Die spasmolytische Wirkung ist hauptsächlich auf die Flavonoide sowie auf Bisabolol und En-In-Dicycloether aus dem ätherischen Öl zurückzuführen.

Eine Ausnahme macht die Römische Kamille (Chamaemelon nobile (L.) ALL.), die aufgrund ihres hohen Gehaltes an ätherischem Öl als Arzneipflanze genutzt wird.

Allergien – selten, aber möglich Problematisch ist aber das Allergisierungspotenzial der Römischen Kamille, das auf a, b-ungesättigte Sesquiterpene zurückzuführen ist. Ebenso ist die Stinkende Hundskamille (Anthemis cotuala) für Allergien durch das Sesquiterpenlacton Anthecotulid bekannt. Bei der Echten Kamille sind diese allergenen Verbindungen nicht oder nur in Spuren vorhanden, so dass Allergien auf die Echte Kamille nur sehr selten beschrieben werden. Dabei geht man davon aus, dass vor allem Beimengungen anderer Kamillenarten für die beobachteten Fälle verantwortlich sind. Allergiker, die auf andere Korbblütler wie beispielsweise Ringelblume, Arnika oder Schafgarbe reagieren, sollten auf Kamillenzubereitungen aber verzichten, da Kreuzreaktionen möglich sind.

Anerkannte medizinische Indikationen Kamillenzubereitungen werden vor allem aufgrund ihrer antiphlogistischen und spasmolytischen Eigenschaften geschätzt. Auch die wundheilfördernden, ulkusprotektiven und antimikrobiellen Effekte bestimmen die zahlreichen äußerlichen und innerlichen Anwendungsgebiete. Kamille wird bei Haut- und Schleimhautentzündungen, bakteriellen Hauterkrankungen einschließlich der Mundhöhle und des Zahnfleisches sowie Erkrankungen im Anal- und Genitalbereich äußerlich verwendet. Bei entzündlichen Erkrankungen und Reizzuständen der Luftwege kann mit den Blüten inhaliert werden. Innerlich kommen sie bei Magen-Darm-Beschwerden, die mit Entzündungen, Krämpfen oder Blähungen einhergehen, zum Einsatz.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/12 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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