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Impfungen – Teil 1

JEDE ZÄHLT

Impfungen zählen zu den wirksamsten Präventionsmaßnahmen gegen Infektionskrankheiten. Die aktive Immunisierung bietet einen jahrelangen Schutz.

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Das Motto „Impfen nützt – Impfen schützt” kennen viele. Beachtet wird es aber dennoch nicht ausreichend, was sich in der zu geringen Impfbereitschaft der Bevölkerung und im lückenhaften Impfschutz vieler Kinder, beispielsweise bei Masern, Keuchhusten und Hepatits B, widerspiegelt.

Geringe Impfmotivation Die Impfmüdigkeit hat viele Gründe. Die großen Erfolge der letzten Jahrzehnte haben schwere Infektionskrankheiten zurückgedrängt und damit aus dem Bewusstsein der Menschen vertrieben. Echte und vermeintliche Impfkomplikationen rücken in den Vordergrund der Betrachtung und führen zu einer negativen Impfentscheidung. Viele halten die als Kinderkrankheiten bezeichneten Infektionen für harmlos und wiegen sich in einer scheinbaren Sicherheit mit dem Glauben, dass alles geheilt werden kann. Dabei können diese teilweise sehr schwer verlaufen und dauerhafte Schäden hervorrufen.

Individual- und KollektivschutzImpfungen schützen nicht nur den Einzelnen. Auch ungeimpfte Personen profitieren von einer geimpften Umgebung. Da sich der Erreger bei immunen Personen nicht mehr vermehren kann, nimmt er in der Zahl stark ab und wird nicht mehr an Ungeschützte weitergegeben. Durch diesen Kollektivschutz werden insbesondere Personen geschützt, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich der Erreger ausschließlich beim Menschen vermehrt und hohe Durchimpfungsraten erzielt werden. Bei diesen können schließlich Krankheitserreger regional eliminiert oder sogar vollständig ausgerottet werden. Eine weltweite Eradikation ist bei den Pocken gelungen und Europa ist inzwischen Poliomyelitis-frei. Für die Masern hat die WHO 2015 als Ziel für die Ausrottung erklärt.

Aktive Immunisierung Bei einer auf natürlichem Wege erworbenen Immunität können schwere Infektionen mit komplikationsreichem Krankheitsverlauf auftreten. Um dies zu vermeiden, sind Impfungen entwickelt worden. Das Prinzip besteht darin, den Körper durch Gabe von Antigenen zur Bildung von Abwehrstoffen anzuregen, ohne eine Erkrankung auszulösen. Diesen Vorgang nennt man auch aktive Immunisierung, da der Körper selbst tätig werden muss. Der auf diese Weise erworbene Schutz bleibt jahrelang, teilweise sogar ein Leben lang bestehen. Nachteil ist, dass es eine gewisse Zeit dauert, bis der Organismus ihn aufgebaut hat. Zudem sind in der Regel mehrere Impfungen zum Aufbau der Immunantwort notwendig.

Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen Für einen vollständigen Schutz sind in der Regel vier Impfdosen erforderlich – und zwar nach dem vollendeten zweiten, dritten, vierten und 11. bis 14. Lebensmonat (Grundimmunisierung). Dabei sollten zwischen den Teilimpfungen die angegebenen Impfabstände nicht unterschritten werden. Andererseits gibt es keine unzulässig großen Abstände zwischen Impfungen. Jede Impfung zählt. Eine Verlängerung der Abstände bedeutet keine Beeinträchtigung der Endimmunität und selbst eine für viele Jahre unterbrochene Grundimmunisierung muss nicht neu begonnen werden. Auffrischimpfungen benötigen nur eine Dosis, um einen abgefallenen Antikörpertiter wieder auf das erforderliche Niveau anzuheben.

Passive Immunisierung Von der aktiven wird die passive Immunisierung abgegrenzt, bei der dem Körper von einem anderen Organismus gebildete spezifische Antikörper (Immunglobuline) übertragen werden, über die er zum gegebenen Zeitpunkt nicht oder nicht in ausreichender Menge verfügt. Vorteil der passiven Immunisierung ist der sofortige Eintritt des Schutzes, da der Körper nicht erst zur Bildung von Antikörpern angeregt werden muss. Allerdings ist die Immunität nur von kurzer Dauer, da die Antikörper wieder abgebaut werden. Daher werden passive Impfungen möglichst mit einer aktiven kombiniert, was als Simultanimpfung bezeichnet wird.

Lebend- und Totimpfstoffe Nach Art und Beschaffenheit der in Impfstoffen enthaltenen Antigene existieren verschiedene Impfstoffarten. Ein Lebendimpfstoff besteht aus in seiner Pathogenität abgeschwächten (attenuierten), vermehrungsfähigen Erregern (z. B. Masern-, Mumps-, Röteln- Impfstoff). Sie erzeugen eine lang andauernde, bei einigen Impfstoffen vermutlich lebenslange Immunität.

Lebendimpfstoffe können entweder gleichzeitig oder müssen mit einem Abstand von mindestens vierWochen gespritzt werden. Ansonsten verhindert die unspezifische Körperabwehr die Antikörperbildung gegen das zuletzt applizierte Impfantigen. Totimpfstoffe enthalten abgetötete (inaktivierte), nicht mehr vermehrungsfähige Erreger, deren Impfschutz nur von begrenzter Dauer ist, sodass gegebenenfalls Auffrischimpfungen notwendig sind.

Bei den Totimpfstoffen wird noch zwischen Impfstoffen mit inaktivierten ganzen Mikroorganismen (z. B. FSME-, Polioimpfstoff) und Subunivakzinen unterschieden, die aus gereinigten Bestandteilen inaktivierter Erreger (z. B. Pertussis-, Pneumokokken- oder Meningokokkenimpfstoff) bestehen. Zu den letzteren zählen auch Toxoidimpfstoffe (z. B. Tetanus- oder Diphterieimpfstoff), also Impfstoffe mit entgiftetem Toxin, das zumeist zusammen mit einem die Immunantwort zusätzlich stimulierendem Träger (Adjuvans) verabreicht wird. Bei der Impfung von Totimpfstoffen sind keine Wartezeiten zu anderen Impfungen erforderlich.

Impfdokumentation Alle durchgeführten Impfungen sollten in einen Pass eingetragen werden. Nur so ist eine Kontrolle darüber möglich, ob die empfohlenen Impfungen vollständig vorgenommen wurden und wann Auffrischimpfungen wieder nötig sind. Fehlt eine Dokumentation, kann der Arzt dennoch Impfungen durchführen, da zusätzliche Impfungen kein erhöhtes Risiko mit sich bringen. Lediglich bei der Tetanusimpfung kann es bei Unterschreitung der vorgeschriebenen Impfabstände zu einer verstärkten Lokalreaktion mit Schmerzen und Schwellung im Bereich der Injektionsstelle kommen. Serologische Kontrollen sind nur in Ausnahmefällen angezeigt (z. B. Anti-HBs bei Risikopersonen zur Überprüfung des Hepatitis-B-Impfschutzes).

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/12 ab Seite 96.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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