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Pharmazeutische Institutionen

IQWIG

Bei vielen Leistungen, die in der Medizin stattfinden, ist unklar, inwieweit sie den Patienten tatsächlich nutzen. Um dies zu ermitteln, wurde 2004 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz: IQWIG, gegründet.

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Das IQWIG stellt ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut dar, welches den Nutzen und Schaden von medizinischen Maßnahmen für Patienten untersucht. Seine Aufträge erhält es vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sowie dem Bundesministerium für Gesundheit, außerdem verfügen die für die Wahrnehmung der Interessen von Patienten und der Selbsthilfe maßgeblichen Organisationen sowie der Patientenbeauftragte der Bundesregierung über ein eigenes Antragsrecht. Das IQWIG gliedert sich in acht Ressorts, dazu zählen die Arzneimittelbewertung, Versorgungsqualität, medizinische Biometrie, nichtmedikamentöse Verfahren, Gesundheitsökonomie, Gesundheitsinformation, Kommunikation und Verwaltung.

Finanzierung und Aufgaben Finanziert wird die Einrichtung von den Beiträgen der Mitglieder aller Gesetzlichen Krankenversicherungen, die über Systemzuschläge eines jeden Arzt- oder Krankenhausbesuchs gesammelt werden. Der G-BA legt deren Höhe jährlich neu fest, Werbe- oder Sponsoringangebote werden vom IQWIG abgelehnt. Aufgrund des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes aus dem Jahr 2007 erhielt das Institut die Aufgabe, eine erweiterte Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln aufzustellen, um therapie- und patientenrelevante Zusatznutzen von Arzneimitteln auf ihre Mehrkosten hin zu analysieren.

Darüber hinaus liefert das IQWIG Informationen über die Vor- und Nachteile der Untersuchungsverfahren sowie der Behandlungsansätze in Form von wissenschaftlichen Berichten und allgemein verständlichen Gesundheitsinformationen. Es erstellt fachlich unabhängige, evidenzbasierte Gutachten zu Arzneimitteln, nichtmedikamentösen Therapien, zu Verfahren der Diagnose und Früherkennung sowie zu Behandlungsleitlinien und Disease Management Programmen (DMP). DMP sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Patienten, die durch ein gezieltes Versorgungsmanagement in Form von standardisierten Behandlungs- und Betreuungsprozessen dazu beitragen sollen, die Therapie chronischer Erkrankungen und deren Verlauf zu verbessern.

Der gemeinsame Bundesausschuss Der G-BA wurde im Jahr 2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung konstituiert. Er fungiert als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Kostenträger (also der Gesetzlichen Krankenkassen) und der Leistungserbringer, zu denen Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Krankenhäuser gehören.

Als eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts untersteht er nicht direkt der Staatsverwaltung, dennoch erfüllt er deren Aufträge treuhänderisch. Hauptaufgabe des G-BAs ist unter anderem die Festlegung des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung – der Ausschuss bestimmt also, welche Leistungen der medizinischen Versorgung die gesetzlichen Krankenkassen für ihre über 70 Millionen Versicherten übernehmen. Weiterhin beschließt der G-BA Maßnahmen zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen.

Was ist evidenzbasierte Medizin (EBM)? Laut dem Mediziner und Pionier der evidenzbasierten Medizin David L. Sakett handelt es sich hierbei um „den gewissenhaften, ausdrücklichen und vernünftigen Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. Die Praxis der EBM bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung“.

Unabhängig, patientenorientiert, evidenzbasiert & transparent Um ein Gutachten zu verfassen, recherchieren die Mitarbeiter des IQWIG in der internationalen Fachliteratur systematisch nach Studien, in denen Vergleiche zu den verschiedenen Maßnahmen aufgestellt wurden. Dabei orientieren sie sich an den Methoden der evidenzbasierten Medizin, sodass sie einschätzen können, wie zuverlässig das Wissen tatsächlich ist. Das IQWIG führt selbst keine Studien durch, sondern wählt aus vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen diejenigen aus, die verlässliche Ergebnisse bereitstellen.

Die Ergebnisse werden auf der Homepage des Instituts veröffentlicht, sodass Bürger, Fachleute und Akteure des Gesundheitssystems auf das Material zurückgreifen können. Mit Hilfe der publizierten Informationen soll es den Menschen gelingen, Entscheidungen über Untersuchungen und Behandlungen zu treffen. Dabei sollen die Berichte so verständlich verfasst sein, dass auch Laien sie verstehen und verwerten können. Die Versorgung der Öffentlichkeit mit unabhängigem medizinischem Material geschieht unter anderem über den Internetauftritt Gesundheitsinformation.de.

Geschichte Das IQWIG wurde im Zuge der Gesundheitsreform am 1. Juni 2004 nach dem Vorbild des National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) des National Health Service (NHS) in Großbritannien gegründet und ist eine Einrichtung der privaten und gemeinnützigen Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Im Einklang mit dem Bundesgesundheitsministerium wurde Professor Peter T. Sawicki am 1. September 2004 zum Institutsleiter berufen. Der Gründungsleiter setzte sich von Beginn an dafür ein, dass die Vorgehensweisen und die methodischen Grundlagen der Arbeit transparent durchgeführt wurden.

Allerdings war der Start des IQWIG nicht einfach, denn ihm wurde vorgeworfen, als Sparinstitut mit dem Ziel der Kostensenkung im Gesundheitssystem zu fungieren – womöglich zum Nachteil der Gesundheit der Versicherten. Seit dem 1. September 2010 ist Professor Dr. med. Jürgen Windeler Leiter des Instituts. Allerdings ist das IQWIG alles andere als eine Finanzbehörde: Hier arbeiten fachlich kompetente und von der Industrie unabhängige Fachleute, die wissenschaftliche Erkenntnisse zu medizinischen Behandlungen, Operationsverfahren oder Arzneimitteln zusammentragen. In die Aufträge des IQWIG sind auch externe Sachverständige, Kliniker und Methodiker eingebunden, sodass bereits erfolgreiche Kooperationen entstanden.

Patientenmeinung zählt! Da es zu den zentralen Fragen des IQWIGs gehört, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile zu bewerten, fragt das Institut regelmäßig die Perspektive von Patienten ab. Dies erfolgt entweder über den Sprecher des Koordinierungsausschusses Patientenbeteiligung des G-BAs oder die Patienten kommen direkt auf das Institut zu und bringen ihre Perspektive ein.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/18 ab Seite 90.

Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin

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