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Impfungen – Teil 3

IMMUNITÄT ERWÜNSCHT

Scheinbar harmlose Kinderkrankheiten oder längst in Vergessenheit geratene Infektionen können schwerwiegende Folgen haben und erfordern daher einen adäquaten Impfschutz.

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Der dritte und letzte Teil zum Thema Impfungen gibt Erläuterungen zu einzelnen Infektionen und Impfempfehlungen der STIKO. Die Reihenfolge orientiert sich am Impfkalender.

Tetanus –Wundstarrkrampf Das Toxin des ubiquitär vorkommenden Tetanusbakteriums , das über winzige Verletzungen in den menschlichen Körper gelangt, schädigt motorische Nerven des Rückmarks. Folge sind Muskelkrämpfe, die zu Erstickungsanfällen und zum Tode führen können. Regelmäßige im Zehnjahresrhythmus vorzugsweise mit Diphtherie kombinierte Auffrischungen sollen einmalig mit Pertussis kombiniert werden.

Diphtherie – Würgeengel der Kinder Auch das Corynebacterium diphteriae scheidet ein Toxin aus. Es befällt über Tröpfcheninfektion die oberen Atemwege und kann durch Atemlähmungen sowie Komplikationen an Herz und Nerven tödlich sein. Problem sind noch heute Fälle, die aus Osteuropa stammen. Das Impfschema ist das gleiche wie bei Tetanus.

Pertussis – Keuchhusten Bordetella pertussis, ein stäbchenförmiges gramnegatives Bakterium, wird per Tröpfcheninfektion übertragen und ist besonders für Säuglinge lebensbedrohlich. Die Atemwegsinfektion ist durch einen wochenlangen, krampfartigen Stakkatohusten charakterisiert, der durch das Pertussistoxin aufrechterhalten wird. Während früher die Ganzkeimimpfstoffe im Verdacht standen, schwere Impfschäden auszulösen, sind die heutigen azellulären Impfstoffe gut verträglich. Mit der Impfung sollen vorrangig Säuglinge vor Ansteckung geschützt werden.

Da weder Impfungen noch eine durchgemachte Pertussisinfektion einen lebenslangen Immunschutz bieten, soll eine erste Auffrischung im Alter von 5 bis 6, eine weitere im Alter von 9 bis 17 Jahren und auch bei Erwachsenen einmalig eine Immunisierung gemeinsam mit Diphterie und Tetanus erfolgen.

Haemophilus influenzae Typ b – Hib Der Erreger gelangt über Tröpfcheninfektion auf die Rachenschleimhäute und verursacht bei Kleinkindern eine Entzündung des Kehlkopfdeckels mit akuter Erstickungsgefahr (Epiglottitis) sowie eine Hirnhautentzündung (Meningitis), die trotz Antibiotika zu bleibenden Hirnschäden und zum Tode führen kann. Problematisch ist zudem die zunehmende Resistenzentwicklung des Erregers. Da 95 Prozent aller Kinder im Alter von sechs Jahren Antikörper gegen Hib aufgebaut haben, erfolgt lediglich eine Grundimmunisierung im Säuglingsalter. Eine Auffrischimpfung ist nicht vorgesehen.

INFLUENZA
Die STIKO empfiehlt die Impfung mit einem Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination als Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren sowie als Indikationsimpfung für bestimmte Personengruppen.

Polio – KinderlähmungDie Viren werden mit dem Stuhl ausgeschieden und als fäkale Schmutz- und Schmierinfektion übertragen. 1998 wurde vom oralen Polio-Lebendimpfstoff auf den parenteral verabreichten Totimpfstoff umgestellt, um eine Impfpoliomyelitis auszuschließen. Nach der Grundimmunisierung erhalten Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 17 Jahren eine Auffrischung. Eine routinemäßige Wiederimpfung im Erwachsenenalter gibt es nicht mehr.

Hepatitis B Der Mensch steckt sich mit diesem Virus vorwiegend über Blut und andere Körperflüssigkeiten wie Speichel, Sperma oder Urin an. Es löst eine infektiöse Virushepatitis aus, die häufig chronisch wird und bleibende Schäden, eine Zirrhose oder ein Karzinom der Leber verursachen kann. Da man von einem lebenslangen Schutz ausgeht, wird auf eine Auffrischung im Allgemeinen verzichtet und nur bei Risikogruppen in Abhängigkeit vom Antikörpertiter vorgenommen.

Pneumokokken Alle Kinder bis 24 Monate sollten generell dagegen geimpft werden, da Streptococcus pneumoniae der häufigste Erreger schwer verlaufender invasiver bakterieller Infektionen wie einer Blutvergiftung, Lungenentzündung oder Meningitis mit bleibenden Gesundheitsschäden und Todesfolge trotz Antibiotikaeinsatz bei Säuglingen und Kleinkindern ist. Für Erwachsene wird eine Impfung erst wieder ab 60 Jahren notwendig, da auch diese Altersgruppe besonders von schwerwiegenden Komplikationen betroffen ist.

Meningokokken Ebenso sind bakterielle Meningokokkenerkrankungen durch Neisserien gefürchtet, da sie trotz Antibiose zu Meninigitskomplikationen wie Hörverlust oder Krampfleiden, teilweise mit tödlichem Ausgang, führen. Routinemäßig sind alle Kinder ab 12 Monaten zu impfen, ältere Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre sollten gegebenenfalls eine Nachholimpfung erhalten.

Masern – Mumps – Röteln – Varizellen Durch Tröpfcheninfektion wird das Masernvirus aufgenommen. Typische Komplikationen sind Lungen- und Mittelohrentzündungen. Gefürchtet ist die Masernenzephalitis, von der dauerhafte Hirnschädigungen zurückbleiben und an der ungefähr jedes fünfte erkrankte Kind verstirbt.

Auch mit dem Mumpsvirus steckt man sich durch Tröpfcheninfektion, seltener über kontaminierte Gegenstände, an. Schwellungen der Ohrspeicheldrüse mit Schäden am Innenohr mit Ertaubung sind möglich. Neben der Bauchspeicheldrüse können sich bei Jungen ab der Pubertät die Hoden entzünden, was zur Sterilität führen kann. Weitere Komplikation ist eine Enzephalitis, die meist ohne Folgen ausheilt.

Das Rötelnvirus ruft meist nur einen leicht verlaufenden Infekt mit typischem Hautauschlag und einer Lymphknotenschwellung hervor. Da es aber im ersten Trimenon der Schwangerschaft schwere Entwicklungsschäden beim Ungeborenen auslösen kann (Röteln-Embryopathie), empfiehlt die STIKO die Impfung.

Bei den Varizellen haben besonders ältere Kinder und Jugendliche ein erhöhtes Risiko schwer zu erkranken. Zudem sind Windpocken für Schwangere gefährlich, da schwere Fehlbildungen beim Ungeborenen auftreten können. Die STIKO schlägt eine zweimalige Impfung gegen Masern in Kombination mit Mumps und Röteln (MMR) vor, die auch mit einer Vakzination gegen Varizellen (MMRV) kombiniert werden kann. Aufgrund der großen Impflücken bei jungen Erwachsenen wird MMR auch für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen mit unzureichendem Impfstatus angeraten.

Humanes Papillomvirus (HPV) Zur Vermeidung des Gebärmutterhalskrebses wird vor dem ersten Geschlechtsverkehr eine dreimalige Impfung gegen HPV für alle Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Eine regelmäßige Früherkennungsuntersuchung bleibt dennoch unverzichtbar.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/12 ab Seite 94.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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