Ausgedrückte Zigarette
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Raucherentwöhnung

ICH WILL DAS

Draußen ist es kalt. Man bekommt Krebs davon. Herzinfarkt und Schlaganfall sind vorprogrammiert. Mindestens die Hälfte der Süchtigen stirbt daran. Und doch tun es 24 Prozent der Deutschen: Rauchen.

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Diese Zahl erhob das Statistische Bundesamt 2013. Der suchterzeugende Stoff Nikotin ist stärker als jede Vernunft: 60 Milligrammdavon sind tödlich, 0,2 Milligramm davon sind in einer Zigarette. Und hat der Körper sich erst einmal an das Gift der Tabakpflanze gewöhnt (es dauert nur ein paar Zigaretten) beflügelt Nikotin die Schaffenskraft und die Laune, senkt Stress und den Appetit. Das Hirn will mehr.

DopaminrauschWoran liegt das? Nikotin geht Hand in Hand mit Kokain und Amphetaminen, dockt an Rezeptoren im Gehirn an, die daraufhin reichlich Dopamin ausschütten. Glücksgefühle durchfluten den Raucher nach der Belohnungszigarette; Forscher haben herausgefunden, dass allein schon das Ritual des Anzündens diese Neurotransmitter freisetzt. Doch so glücklich Zigaretten angeblich auch machen: Ihr inhalierter Rauch hat grauenhafte Wirkungen auf unseren Körper. 90 Prozent aller Lungenkarzinome gehen auf das Konto des blauen Dunstes. Die Haut wird grau, der Atem schlecht, die Gefäße bröckeln und am Ende stirbt der Raucher zehn Jahre früher als ein Nichtraucher. Das ist auch der Grund, warum die Raucherrate bei den über 70-jährigen nur 5,2 Prozent beträgt. Die Zahl sei deswegen so niedrig, schreibt das Statistische Bundesamt lapidar, „da die Starkraucher bereits vor Erreichen dieses Alters sterben.“ Die gute Nachricht: Über 76 Prozent der Deutschen rauchen nicht (mehr). Die schlechte: Der Rest der Bevölkerung belastet nicht nur sich selbst, sondern auch die Sozialsysteme und nimmt durch Passivrauchen noch einmal 3300 Menschen pro Jahr mit in den Tod. Zeit also, damit aufzuhören?

Die letzte Zigarette Der Jahreswechsel ist dafür die bevorzugte Zeit. Doch wer es einmal probiert hat, weiß, dass es ganz schön schwierig ist. Hier die bevorzugten Ausreden: „Ich will nicht dick werden“, „Helmut Schmidt ist fast hundert damit geworden“, „Ich schaff‘ das sowieso nicht“, „Was für Freuden hat denn das Leben sonst noch für mich“ und so weiter. Am Anfang steht also der ureigene Entschluss: Ich will das. Es gibt verschiedene Strategien, Methoden und Hilfsmittel, der Sucht zu begegnen. Zum Beispiel die, erst einmal die Entzugserscheinungen zu mindern oder zu eliminieren, denn die können bei starken Rauchern ganz schön heftig sein (die Rezeptoren vermehren sich nämlich proportional zur Anzahl der gerauchten Zigaretten). Meist läuft das über Nikotinpflaster, über Inhalatoren, Kaugummis oder Lutschbonbons. Außerhalb Deutschlands gibt es auch Nasenspray oder Sublingual- Tabletten. Somit sind zumindest die schlimmsten Symptome wie Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Carving (Gier nach einer Zigarette), Hungergefühl und Herzklopfen besser unter Kontrolle zu halten. Denn zu all den physischen Symptomen kommen ja auch noch die psychischen. Und die haben sich wegen der Ritualbildung so tief ins Unterbewusstsein geschlichen, dass gewisse Schlüsselreize ausreichen, um wieder zuzugreifen: Morgens die Erste, die zum Abendwhisky, jene zur Belohnung nach der anstrengenden Autofahrt… Psychologen raten, sich diese Situationen vor dem Abgewöhnen deutlich bewusst zu machen. Auch die Familie und Freunde einzuweihen, hilft (keiner bietet einem dann mehr eine Zigarette an).

Kein Spaß mehr Zwei verschreibungspflichtige Arzneistoffe machen seit einiger Zeit von sich reden: Das Antidepressivum Bupropion verhindert die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin und kann auch zur Raucherentwöhnung eingesetzt werden, wenn Nikotinersatzpräparate nicht geholfen haben. Der Wirkstoff Vareniclin wiederum sorgt dadurch, dass er sich an die Nikotin-Rezeptoren heftet, für den Mangel an Genuss: Die Zigarette kann zwar noch geraucht werden, macht aber keinen Spaß mehr. Die Stiftung Warentest bescheinigte, dass nach einer Studie letzteres erfolgversprechender sei: 23 von 100 wurden nach Einnahme rauchabstinent, bei Bupropion waren es nur 13. In der Homöopathie gibt es Kombinationen aus Virginischem und Indianischem Tabak sowie der Lobelia, die der Sucht begegnen sollen. Auch Isoflavone (Daidzin und Daidzein) werden angewendet. Kräuterzigaretten mit null Prozent Nikotin und ein wenig Teer helfen manchen Menschen ebenfalls.

Nur Vorteile Medizinisch belegt ist, was die Folgen des kompletten Rauchverzichts auf den Körper sind: Schon nach acht Stunden ist das Zuviel an Kohlenmonoxid aus dem Blut verschwunden und Sauerstoff an seine Stelle getreten. Nach 24 Stunden sinkt bereits das Herzinfarktrisiko. Nach zwei Tagen sind Geruch und Geschmack wieder da. Nach zwei Wochen verbessert sich die Lungenfunktion bis zu 30 Prozent, nach einem halben Jahr werden verstärkt neue Flimmerhärchen gebildet. Ein Jahr später ist die Mangeldurchblutung der Herzkranzgefäße um die Hälfte besser geworden, nach fünf Jahren sinkt das Schlaganfallrisiko. Und erst 15 Jahre später hat der Mensch die gleiche Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden wie jemand, der noch nie geraucht hat. Das Fazit: Es lohnt sich immer, mit dem Rauchen aufzuhören. Setzen Sie einen Tag fest, an dem Sie beginnen. Werfen Sie alle Zigaretten weg, auch die Aschenbecher dazu und sämtliche Feuerzeuge. Meiden Sie anfangs Situationen, in denen Sie früher nach der Schachtel gegriffen haben, vielleicht kann zu Beginn auch die eine oder andere Party einmal ausgelassen werden. Sport ist ebenfalls nicht schlecht. Manche verwenden auch einen Belohnungstrick: Wer früher eine Schachtel am Tag geraucht hat, wirft nun täglich sechs Euro ins Sparschwein. Das sind im Monat 180 Euro! Die Belohnung: Shoppen gehen … 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 94.

Alexandra Regner, PTA, Journalistin und Redaktion

 

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