Mutter und Tochter © auremar / 123rf.com
© auremar / 123rf.com

Blasenentzündung

GUT BERATEN

Eine Zystitis ist unangenehm und schmerzhaft. PTA und Apotheker sollten entscheiden, ob eine Selbstmedikation möglich oder es ein Fall für den Arzt ist.

Seite 1/1 8 Minuten

Seite 1/1 8 Minuten

Welche Frau kennt nicht das brennende, schmerzhafte Gefühl beim Wasserlassen? Ständiger Harndrang mit geringen Urinmengen, Blut im Urin und Schmerzen im Unterleib sind weitere Symptome, die Betroffene beschreiben. Schätzungsweise jede zweite Frau hatte schon ein Mal eine bakterielle Infektion der Harnwege.

Das weibliche Geschlecht ist anfälliger dafür, weil seine Harnröhre mit vier Zentimetern deutlich kürzer ist als bei Männern. Frauen in der Menopause haben durch die veränderte Hormonsituation einen weiteren Risikofaktor. Aber auch eine Schwangerschaft führt zu hormonellen Veränderungen, die eine Weitung der Harnröhre begünstigt. Viele werdende Mütter klagen über häufigen Harndrang. Ohne weitere Symptome ist das ganz normal. Allerdings haben es Bakterien unter diesen Bedingungen leichter, über die Harnröhre in die Blase zu gelangen.

»Eine wichtige Begleitmaßnahme bei Blaseninfekten ist die Durchspülungstherapie.«

Außerdem steigt in der Schwangerschaft der pH-Wert des Urins und mehr Glukose und Aminosäuren werden ausgeschieden, ein gutes Umfeld für Bakterien in der Blase. Sollte eine Schwangere den Verdacht auf eine Harnwegsinfektion haben, ist sie kein Fall für die Selbstmedikation. PTA und Apotheker sollten die Betroffene direkt zum Gynäkologen schicken, der geeignete Antibiotika verordnen kann.

Doch auch Männer können betroffen sein – allerdings viel seltener, zum Beispiel im Rahmen einer Prostataerkrankung. Die Symptome häufiger Harndrang, verringerte Urinmenge, schmerzhafter Samenerguss, Fieber und Schüttelfrost können auf eine Prostataentzündung hinweisen, sodass Männer im Falle dieser Beschwerden zur Abklärung den Arzt aufsuchen sollten. Ein geschwächtes Immunsystem, ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus oder Harnabflussstörungen, beispielsweise bei Blasensteinen oder Harnwegsverengungen, begünstigen ebenfalls generell die Entstehung einer Blasenentzündung.

Blase und Niere betroffen Der Organapparat der ableitenden Harnwege besteht aus dem Nierenbecken, der Blase und den Harnleitern. Eine unkomplizierte Zystitis spielt sich vor allem in der Blase und der Harnröhre ab. Selten wird sie durch Viren, Pilze oder Parasiten ausgelöst. Haupterreger sind Escherichia coli. Diese Darmbakterien können leicht aus der Analregion in die Blase gelangen. Sie besiedeln die Schleimhaut und vermehren sich unter günstigen Bedingungen beispielsweise im Restharn bei unvollständiger Blasenentleerung.

Die Erreger lösen eine Entzündungsreaktion aus, die insbesondere eine Dysurie und eine Pollakisurie (intensiver Harndrang) neben anderen Symptomen in der Folge hervorrufen. Steigt die Entzündung bis in das Nierenbecken, kommen häufig starke Schmerzen in der Flanke und Fieber vor. Das Risiko für eine aufsteigende Blasenentzündung beträgt nur etwas zwei Prozent. In der Untersuchung durch den Arzt äußern sich oft Schmerzen beim Beklopfen der Nierengegend.

WANN ZUM ARZT?
+ Bei starken Harnwegsbeschwerden mit Fieber
+ Bei leichten Beschwerden, die länger als fünf Tage andauern
+ Bei Kindern, Schwangeren
+ Bei Menschen mit chronischen Erkrankungen, zum Beispiel Diabetiker, Niereninsuffizienz und
   Immunschwäche
+ Bei Männern mit einer Prostataerkrankung

Die Nierenbeteiligung kann aber auch vollkommen beschwerdefrei verlaufen. Sind die Nieren betroffen, handelt es sich nicht mehr um eine unkomplizierte Erkrankung. Sehr selten kommt es zu schweren Verläufen mit Nierenversagen und Blutvergiftung.

Prognose Laut der aktuellen Leitlinie wird eine Harnwegsinfektion als unkompliziert eingestuft, wenn Funktion und Anatomie im Harntrakt normal sind, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion beziehungsweise gravierende Komplikationen begünstigen. Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung ist unter Behandlung mit einem raschen Heilungsverlauf zu rechnen. In einem Viertel der Fälle gehen die Symptome auch ohne Therapie zurück. Studien zeigen jedoch, dass eine Antibiotikagabe die Heilungsrate erhöht und das Risiko für Komplikationen verringert.

Von einer chronischen Zystitis sprechen Mediziner, wenn die Blasenentzündung immer wieder auftritt – mehrmals jährlich. Ursache für die Rezidive können sich ständig wiederholende Infekte sein, mangelnde Sexual- oder Analhygiene. Wenn die Blasenwand ständig entzündet ist, können sich Nekrosen im Gewebe bilden, die im weiteren Verlauf zu einer verkleinerten Blase führen. Durch eine frühzeitige geeignete Therapie sind solche schwerwiegenden Verläufe zu verhindern.

BLASENSTÄRKUNG
Präparate aus Cranberry-Extrakten gelten als günstige Nahrungsergänzungsmittel bei Menschen mit häufig wiederkehrenden Blaseninfekten. Diese Extrakte werden aus der großfrüchtigen Moosbeere (Vaccinium macrocarpon) gewonnen. Pro- und Anthocyanidine scheinen für die prophylaktische Wirkung gegen bakterielle Harnwegsinfekte verantwortlich zu sein. Positive Effekte bei einer bereits bestehenden Infektion konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Vermutlich verhindern die Tannine die Adsorption von Escherichia coli an die Blasenschleimhaut. Einen Einfluss auf die natürliche Flora haben sie aber nicht, sodass auch keine Resistenzbildung zu erwarten ist.

Abzugrenzen sind die Reizblase und die interstitielle Zystitis. Bei Ersterer treten zwar ähnliche Symptome die Miktionsfrequenz betreffend auf, anders als bei einer Harnwegsinfektion sind nicht die typischen Schmerzen beim Wasserlassen zu beobachten.

Die interstitielle Zystitis ist eine chronische Harnblasenerkrankung, die zunächst ähnliche Symptome wie eine akute oder chronische Blasenentzündung zeigt. Typisch sind hier die ausgeprägten Schmerzen in Blase und Becken, begleitet von einem nicht zu unterdrückenden Miktionsdrang und einer extrem erhöhten Miktionshäufigkeit. Allerdings treten die Beschwerden ohne Beteiligung von Bakterien im Urin auf.

Betroffene beschreiben einen Zusammenhang mit bestimmten Nahrungsmitteln, zum Beispiel Kaffee oder Zitrusfrüchten. Körperlicher und psychischer Stress können die Symptome verstärken. Die entzündlichen Prozesse spielen sich bei dieser Erkrankung wohl eher im Inneren der Blasenwand ab. Die Diagnosestellung erfolgt über ein Ausschlussverfahren und ist oft langwierig. Die klassischen Therapieverfahren erstrecken sich unter anderem über die Gabe von Analgetika, Antidepressiva, Antihistaminika oder Immunsuppressiva – individuell auf die Beschwerden ausgerichtet.

Effektiv behandeln Um einen unkomplizierten Harnwegsinfekt zügig und nachhaltig zu behandeln, sind Antibiotika leitliniengemäß die erste Wahl. Pflanzliche Arzneimittel haben ihre langjährige Bedeutung in der unterstützenden Therapie. Allerdings werden sie von den aktuellen Leitlinien mangels Evidenz nicht beziehungsweise nur sehr zurückhaltend empfohlen. Welches Antibiotikum zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Erregerspekrum und der Resistenzlage.

Die verbreitetsten Erreger der unkomplizierten Basenentzündung wie Escherichia coli sind zum Teil gegen einige Antibiotika wie Ampicillin oder Trimethoprim/Sufamethoxazol resistent. Auch Chinolone sind bereits häufig wirkungslos im Kampf gegen die Bakterien. Momentan gelten Fosfomycin und Nitrofurantoin als erste Wahl der Wirkstoffe. Sie sind gut verträglich und weisen zurzeit eine günstige Resistenzlage auf.

Für die Fosfomycineinnahme ist der Hinweis wichtig, einen ausreichenden Abstand zu Nahrungsmitteln (zwei Stunden nach der Mahlzeit) einzuhalten, damit die Bioverfügbarkeit nicht beeinträchtigt wird. Am besten wird das Granulat am Abend vor dem Zubettgehen aufgelöst und getrunken. So reichert sich der Wirkstoff in der Blase an und verweilt dort möglichst lange. Die gleichzeitige Einnahme von Metoclopramid oder anderen motilitätserhöhenden Wirkstoffen kann die Resorption ebenfalls verringern und sollte deshalb vermieden werden.

Fosfomycin-Trometamol wird nur über eine Einmalgabe von 3000 Milligramm gegeben, ein großer Vorteil der Therapie, während Nitrofurantoin als retardierte Arzneiform fünf Tage lang zwei Mal täglich in Dosierungen von 100 Milligramm eingenommen wird. Wenn Chinolone oder Cephalosporine zum Einsatz kommen, schlägt die aktuelle Leitlinie zur Kurzzeittherapie der unkomplizierten Zystitis bei Frauen die Dreitagestherapie vor. In der Schwangerschaft werden ebenfalls Fosfomycin und alternativ Antibiotika aus der Gruppe der Cephalosporine empfohlen.

Gegen Schmerzen Gerade in der Akutphase der Entzündung, vor der eigentlichen antibiotischen Therapie, klagen die Patienten über Schmerzen, die schnell und effektiv gemildert werden sollen. Typische krampfartige Schmerzen können – sofern keine Kontraindikation besteht – symptomatisch mit Analgetika wie Ibuprofen, Naproxen oder Paracetamol gelindert werden. Die Fixkombination aus Butylscopolamin und Paracetamol wirkt analgetisch und krampflösend. Analgetika dürfen auch parallel zur Antibiotikaeinnahme angewendet werden. Ein Zusatztipp für den Patienten ist Wärme. Diese entkrampft und tut gut. Warme Umschläge, eine Wärmflasche oder ein warmes Bad sind gute nichtmedikamentöse Empfehlungen.

Durchspülen der Blase Der wichtigste Begleittipp, den PTA und Apotheker ihren Kunden mit Harnwegsinfekten nennen sollten ist: „Trinken Sie über den Tag verteilt mindestens zwei Liter Flüssigkeit, um die Blase zu durchspülen! Das ist das Beste, was Sie als Ergänzung gegen den Infekt tun können.“ Reichliches Trinken und regelmäßiges Entleeren der Blase schwemmt die Erreger aus. Noch besser ist es, Tees mit unterstützender Wirkung bei Harnwegsinfekten zu trinken.

Häufig können allererste leichte Beschwerden schon mit einer intensiven Durchspülungstherapie ausreichend behandelt werden. Aber auch während einer Antibiotikatherapie oder im Anschluss an einen überstandenen Harnwegsinfekt ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr das A und O. Für Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium), Orthosiphonblätter (Orthosiphonis folium), Goldrutenkraut (Solidaginis virgaureae herba), Birkenblätter (Betulae folium) oder Brennesselkraut (Urticae herba) existieren Arzneibuchmonografien, die ihre Anwendung und Dosierungen bei Infekten der Blase und Harnwege beschreiben.

»Wer keine Tees mag, kann auf Tropfen oder Dragees aus Extrakten zurückgreifen.«

Teemischungen wie zum Beispiel aus Goldrutenkraut und Birkenblättern vereinen die gewünschte entwässernde, harntreibende Wirkung mit entkrampfenden und antientzündlichen Effekten. Die pflanzlichen Extrakte beeinflussen den Elektrolythaushalt nicht, fördern aber die Nierentätigkeit. Für die diuretische Wirkung sind hauptsächlich die Flavonoide verantwortlich. Sie erhöhen die Nierendurchblutung und die glomeruläre Filtrationsrate, gleichzeitig hemmen sie aber auch die Wasserrückresorption.

Außerdem wirken Estersaponine antibakteriell und Phenolglykoside spasmolytisch. Patienten, die Ödeme aufgrund einer Herz- oder Nierenerkrankung haben, sollten keine Durchspülungstherapie mit Goldrutenkraut und Birkenblättern ohne ärztliche Rücksprache durchführen. Anwendungstipp: Die Teeblätter oder das Kraut werden mit siedendem Wasser übergossen. PTA und Apotheker sollten daraufhin weisen, dass der Tee etwa zehn Minuten ziehen sollte, um die wirksamen Bestandteile der Pflanzen optimal zu extrahieren. Der Vorteil der Tees ist, dass bei der Anwendung die Flüssigkeitszufuhr automatisch erhöht wird.

Bärentraubenblätter, Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse Wer keine Tees mag, aber trotzdem mit pflanzlicher Unterstützung gegen einen Harnwegsinfekt angehen möchte, kann auf Tropfen oder Dragees aus Extrakten der Bärentraube oder aus der Meerrettichwurzel samt Kapuzinerkresse zurückgreifen. Hauptwirkstoff der Bärentraubenblätter ist Arbutin, das nach oraler Aufnahme im Darm mittels Beta-Glukosidasen in Hydrochinon und Glukose gespalten wird. Resorbiertes Hydrochinon wird überwiegend an Glucuronund Schwefelsäure gebunden.

REZIDIVPROPHYLAXE
Besonders bei immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten empfiehlt sich die pflanzliche Dreierkombination aus Rosmarinwurzel, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut. Als Add-on-Therapie zum Antibiotikum werden die Symptome schneller gelindert als mit Antibiotikum alleine. Wird anschließend drei Monate weiter mit der pflanzlichen Kombination behandelt, sinkt die Rezidivrate deutlich.

Nach der Verstoffwechselung gelangen diese Metabolite über den Urin in die Harnwege und Blase, wo sie zu freiem, antibakteriell wirksamen Hydrochinon umgewandelt werden. Bärentraubenblätter sollten übrigens nicht als Teeauszug angewendet werden, da die Gerbsäure bei magenempfindlichen Patienten Reizungen mit Übelkeit und Erbrechen auslösen kann. Standardisierte Fertigarzneimittel als Dragee oder Kaltmazerat sind zu bevorzugen. Bärentraubenblätter sollten nicht länger als eine Woche und nicht öfter als fünf Mal im Jahr angewendet werden.

Die Hauptwirkung der fixen Kombination aus Kapuzinerkressenkraut und Meerretichwurzel ist wohl den Senfölen zuzusprechen. Die in ihnen enthaltenen Isothiocyanate haben ein breites antibakterielles Wirkspektrum gegen grampositive und gramnegative Keime. Im Gegensatz zu Antibiotika ist für sie auch nach Langzeittherapie bisher keine Resistenzentwicklung bekannt. Anwendungsbeschränkungen gibt es hier nicht. Allerdings existieren bisher keine gesicherten positiven Studienergebnisse.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/14 ab Seite 14.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

×