Frau macht Seifenblasen © mabe123 / iStock / Getty Images Plus
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Haut

GESTOCHEN SCHARF

Entzündet, verblichen, ausgefranst – das ist die Kehrseite von Tattoo-Körperkunst. Beraten Sie Ihre Kunden, worauf es bei der Pflege ihrer Tätowierungen ankommt. Denn die bemalte Stelle braucht Aufmerksamkeit.

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Auf mindestens eine Körperstelle hat sich jeder zehnte Bundesbürger ein Tattoo stechen lassen. Laut einer Umfrage von Statista aus dem vergangenen Jahr ist in der jungen Altersgruppe ab 20 aufwärts sogar jeder vierte tätowiert: Ein Trend, der ungebrochen scheint. Was sich verändert sind Motive, Techniken und die Zusammensetzung der Farben. Damit die Körperkunst gesund und gestochen scharf bleibt, heißt es richtig pflegen. Dazu können Sie Kunden beraten, was in welcher Phase sinnvoll ist.

Wie schädlich ist es für den Körper? So schön Tattoos aussehen, diskutiert wird immer wieder, welche gesundheitlichen Auswirkungen sie haben können. Da ist zum Beispiel von Farben die Rede, die teils schwermetallbelastet und eventuell krebserregend sind. Nach wie vor sind die Auswirkungen auf den Körper noch nicht besonders gründlich erforscht. Fakt ist, dass sich die verwendete Farbe in den Lymphknoten ansammeln kann. Denn ein Teil der Pigmente wird vom Organismus als Fremdkörper einstuft und über die Lymphe abtransportiert. Das gelingt aber nur unvollständig.

Beobachtet wurde auch, dass tätowierte Haut weniger und dafür salziger schwitzt. Ein Grund dafür könnte sein, dass beim Tätowieren Schweißdrüsen beschädigt werden und damit deren Funktion auf Dauer beeinträchtigt wird. Um das optisch und gesundheitlich beste Ergebnis zu bekommen, raten Sie Kunden von spontanen Urlaubstattoos ab. Empfehlenswert ist ein Tätowierer, der beispielsweise dem Deutschen Berufsverband professioneller Tätowierer (www.dot-ev.de) angehört. Ebenso können Anbieter, die nach den Standards der United European Tattoo Artists (www.ueta.eu) arbeiten, eine gute Wahl sein.

Farben, die Anteile von Lacken enthalten, sind in Deutschland verboten. Da ein professionelles Tattoo teuer ist, werden im Internet mittlerweile Do-it-yourself-Sets angeboten. Ein Tattoo ist eine bleibende Sache und von solchen Selbstanwendungen ist abzuraten. Meist werden die Motive nicht wie gewünscht und es kann durch unsachgemäßen Gebrauch zu Infektionen kommen.

Was passiert beim Tätowieren? Nachdem das Motiv auf der Haut vorgemalt ist, setzt der Farbkünstler sein Werkzeug an. Dabei dringt die sterile, mit Farbe benetzte Nadel 50- bis 3000-mal pro Minute in die mittlere Hautschicht, die Lederhaut. Zum Vergleich: Ein Henna-Tattoo bleibt lediglich in der oberen Hautschicht, der Epidermis. Es verschwindet wieder, da sich die Zellen erneuern. Medizinisch gesehen ist ein „echtes“ Tattoo also eine Verletzung.

Bevor es aber ans Tätowieren geht, lohnt es sich, genau zu überlegen, welches Motiv auf den Körper soll und auch ein Beratungsgespräch im Tattoo-Studio in Anspruch zu nehmen. Wer sich nicht ganz sicher ist, kann das gewählte Motiv auch erst einmal nur oberflächlich auf die Haut malen lassen und sich später dann für das richtige Tattoo entscheiden. Beim Fachtätowierer wird auf hygienische Grundlagen geachtet, sonst gibt es keine behördliche Erlaubnis. Ferner bietet ein seriöser Tätowierer Beratungsgespräche und Nachsorge im Vorfeld und im Nachhinein an.

Ja zum Körperschmuck – und dann? Die Entscheidung steht und der passende Künstler ist ausgewählt. Wer beispielsweise an Diabetes leidet, sensible oder allergische Haut hat oder Gerinnungshemmer einnimmt, sollte das im Vorgespräch unbedingt klären. Empfehlen Sie diesen Kunden zusätzlich das Thema mit ihrem Haus- sowie Hautarzt abzustimmen. Vor der Prozedur sollte kein Alkohol getrunken werden, denn er wirkt gefäßerweiternd, was zu unnötigen Blutungen führen kann. Auch eine vorherige starke Sonneneinstrahlung ist vor dem Tätowieren nicht ratsam, weil sie porenerweiternd wirkt und die Blutzir- kulation anregt. Das betreffende Hautareal muss komplett rasiert, desinfiziert und trocken sein.

Nach dem Stechen wird die Wunde desinfiziert und der Tätowierer deckt sie mit transparenter Folie oder bei kleinen Motiven mit einem speziellen, wasserfesten Pflaster (Duschpflaster) ab. Bei der allgemein gängigen Folienmethode wird diese nach etwa sechs bis acht Stunden entfernt, um Luft an die Haut zu lassen. Jetzt gilt es, die bemalte Stelle zweimal täglich zu reinigen. Dazu eignen sich parfumfreie und pH-hautneutrale Waschlotionen. Passend sind auch Produkte zur Babypflege. Nach dem Waschen mit Einmalwaschlappen oder einem fusselfreien Tuch, beispielsweise aus Mikrofaser, trocken tupfen. Zum Abschluss eine Wundheilcreme, zum Beispiel mit Panthenol, Allantoin, Bisabolol und Sheabutter oder Ölen dünn einreiben.

Auch wenn die Haut jetzt juckt, gilt es nicht zu kratzen und den Schorf nicht abzuknibbeln. Sonst kann sich die Haut entzünden. Zur besseren Wundheilung eignen sich beispielsweise Produkte mit Thermalwasser. Intensiver Wasserkontakt beim Schwimmen oder Baden, Sauna, Sonnenbäder und Sport sind in den ersten zwei bis vier Wochen nach dem Stechen nicht zu empfehlen. Wie lange es dauert, bis das betroffene Hautareal komplett verheilt ist, hängt von der Motivgröße ab. Es kann bis zu drei Monate dauern.

Deshalb entscheiden sich viele, die Tattoo-Prozedur in den Wintermonaten in Angriff zu nehmen. Ganz gleich, ob kleines oder großes Körperbild: Damit es auf lange Sicht seine Farbbrillanz und Schärfe behält, raten Sie zu regelmäßiger Pflege. Die Haut im Bereich der Tätowierung ist sensibler und sollte, sobald sie mit Luft in Berührung kommt, mit einem UV-Schutz ab Lichtschutzfaktor 30 aufwärts eingecremt werden. Im alltäglichen Umgang empfehlen Sie zur Pflege eines vollständig verheilten Tattoos eine Körperlotion mit Feuchthaltefaktoren wie Glycerin, Urea oder Hyaluronsäure und Thermalwasser.

Weg mit der Jugendsünde​ Mode kommt und geht, ähnlich sieht es auch bei Tattoo-Motiven aus. Waren bis vor wenigen Jahren Motive im Steißbereich – verspottet als „Arschgeweih“ – schick, traut sich heute kaum noch jemand, solche Verzierungen im unteren Rückenbereich öffentlich zu zeigen. Es gibt drei Möglichkeiten, auf Dauer damit zu leben. Erstens einfach lassen wie es ist, die wohl schwierigste Entscheidung. Zweitens ein neues Motiv darüber stechen, die häufigste Variante. Last but not least das Motiv bei einem speziell dafür ausgebildeten Dermatologen oder Facharzt für ästhetisch-plastische Chirurgie entfernen zu lassen, die aufwändigste Methode.

Dazu bedienen sich die Spezialisten der Lasermethode. Deren Wellenlängen sind speziell auf die einzelnen Farbstoffe abgestimmt. Bei farbigen Tattoos benötigt man also verschiedene Wellenlängen und lasert punktuell auf die entsprechende Fläche. Dabei wird die Haut verletzt, es können sich Krusten bilden und minimale Narben zurückbleiben. Je nach Motiv zeigt sich zunächst eine schemenhafte Narbe. Meist bleibt mit der Zeit nur ein heller Hautfleck übrig. Generell lässt sich auf heller Haut ein Motiv gründlicher entfernen als auf dunkler. Auch wenn das Motiv oberflächlich entfernt ist, können Farbreste in den Lymphknoten zurückbleiben.

Lasern – (k)ein Spaziergang? So schnell ein Motiv in die Haut gestochen ist, so langsam und langwierig ist seine Entfernung. Je größer, desto schwieriger wird es. Meist sind pro Areal acht bis zehn Sitzungen nötig. Denn das Pigment in der Haut wird mittels Laser quasi in Tausende kleine Stücke zerlegt. Die Fresszellen (Makrophagen) der Haut vernichten es häppchenweise. Die Tätowierung wird immer heller und verschwindet dann langsam, aber sicher. Damit die Haut genug Zeit für diese Umsetzungen hat, sind Lasersitzungen im Abstand von etwa drei Monaten sinnvoll.

Es dauert nicht nur seine Zeit, es ist dazu auch eine schmerzhafte Sache. Beim Stechen, das auch nicht völlig ohne Schmerzen abläuft, haben viele Menschen jedoch ein Glücksgefühl, da sie sich auf ihr Motiv freuen. Beim Weglasern ist diese Euphorie verflogen, es sei denn, jemand freut sich, das unliebsame Bild auf seiner Haut endlich loszuwerden. Bei der Entfernung wirkt der Laser wie eine kleine Verbrennung. Damit der Schmerz auszuhalten ist, kann der Spezialist eine lokalanästhetische Creme auftragen. In der Regel übernehmen Krankenkassen diese Behandlung nicht.

Die Preise bewegen sich dabei, je nach Bildgröße, zwischen 70 und mehreren hundert Euro. Pro Sitzung, versteht sich. So sehr sich viele ein Tattoo wünschen, so intensiv lohnt es sich darüber nachzudenken, ob man es wirklich ein Leben lang tragen möchte. Nicht nur aus optischen, sondern insbesondere aus medizinischen Gründen. Denn ganz so harmlos wie die Körperkunst im Hinblick auf die Gesundheit scheint, ist sie es wohl doch nicht. Dazu wird es in Zukunft sicher noch einige neue Studienergebnisse und Untersuchungen geben.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/18 ab Seite 74.

Kirsten Metternich von Wolff, Freie Journalistin

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