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Lymphome

FLEISSIGE WÄCHTER

Geschwollene Lymphknoten müssen nicht gleich in Panik versetzen. Sie sind jedoch immer ein Anzeichen dafür, dass das Immunsystem aktiv ist und der Körper gegen Krankheitserreger kämpft.

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Ein jeder kennt sie: die dicken Knubbel an beiden Seiten des Halses, wen mal wieder eine Erkältung samt Halsentzündung naht. Deutlich tastbar sind dann die Lymphknoten unterhalb der Kiefer; sie lassen sich hin und her bewegen, schwabbeln ein wenig und tun weh.

Spezifische Abwehr Das ist ein gutes Zeichen! Denn gerade läuft hier ein gewaltiges Zerstörungswerk: Innerhalb der Lymphknoten wird den Bakterien und Viren der Garaus gemacht. Unmengen von B- und T-Lymphozyten stürzen sich auf die Eindringlinge und einige Tage geht nun richtig die Post ab. Hier wird im Falle einer Infektion die spezifische Abwehr in Gang gesetzt, denn die Lymphozyten verbinden sich mit den Antigenen!

Auch wenn die Mandelentzündung bereits abgeklungen ist, kann die Schwellung noch weiter bestehen, bis der Lymphknoten auf seine normale, linsen- bis bohnengroße Gestalt zurückschrumpft und dann überhaupt nicht mehr tastbar ist. Ein Lymphknoten ist also ein biologischer Filter. Er besteht aus einem mehrere Millimeter großen, bohnenförmigen Körperchen, das von einer Bindegewebskapsel umschlossen ist.

Wie Fransen hängen mehrere Leitungen, die Trabekel, von ihm herunter. Sie ziehen die Gewebeflüssigkeit ins Innere. Dort sind Retikulumzellen fähig zur Phagozytose; diese Art von Zellen gibt es auch in anderen lymphatischen Organen wie der Milz. In den Zwischenräumen der Retikulumzellen befindet sich das lymphatische Gewebe; dort findet die Vermehrung der Lymphozyten statt.

Körpereigener „Abwasserkanal“ Das Lymphsystem sorgt auf geniale Art und Weise dafür, dass Krankheitserreger nicht unbemerkt bleiben und ihr zerstörerisches Werk verüben können. In einer Art „Abwasserkanal“ sammelt das System Gewebeflüssigkeit , um sie an bestimmten Sammelpunkten (Lymphknoten) zu filtern.

An ungefähr 600 Stellen im Körper – jeweils einer bestimmten Körperregion zugeordnet – sorgen die Knoten dafür, dass nur sauberes Gewebewasser zurückgeschleust wird, indem Bakterien und Viren, Zelltrümmer und Fremdkörper „aussortiert“ werden. Und da die Knoten eine Wächterfunktion innehaben, sind sie bestens ausgestattet. Immunabwehr-Zellen finden sich hier gehäuft.

Diesen so genannten Sentinel-Lymphknoten – sie liegen besonders zentral zur Region, der sie zugeordnet sind – kommt eine Schlüsselfunktion zu. Sie sind es, die eine Verteilerfunktion wahrnehmen – und somit können sie leider auch entartete Zellen verteilen. Bei einer Krebserkrankung sind es genau diese Stationen, die auf Zellveränderungen untersucht werden. Hier lässt sich am besten feststellen, ob ein Tumor bereits metastasiert.

Schwellung als Alarmzeichen Denn geschwollene Lymphknoten – Lymphome genannt – haben nicht immer nur harmlose Ursachen. Besonders wenn die Schwellung lange (mehr als drei Wochen) dauert und schmerzlos ist, ist ein Arztbesuch unabdingbar, zumal wenn noch ein deutlicher Leistungsabfall, Fieber, Nachtschweiß und unerklärlicher Gewichtsverlust hinzukommen.

All diese Anzeichen zusammen können auf eine Krebserkrankung hinweisen. Maligne Lymphome sind beispielsweise das Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom. Auch bei der Leukämie schwellen die Lymphknoten deutlich an. Doch unterscheidet sich die Schwellung von der einer typischen Infektion. Zum einen ist die Schwellung meist schmerzlos. Zum andern sind die mit Tumorzellen infiltrierten Lymphknoten fest verbacken mit der Umgebung und lassen sich nicht verschieben.

Die Diagnose Der Arzt wird sich zunächst die Lage der deutlich vergrößerten Knoten ansehen und sie abtasten: Sind sie am Hals, am Unterkiefer oder unter den Achseln? Liegen sie in der Leiste, in den Kniekehlen oder an der Bauchvorderseite? Hier kann der Arzt Rückschlüsse auf die betroffene Region ziehen. Eine Blutprobe bringt dann zusätzliche Informationen: Sind die neutrophilen Granulozyten deutlich erhöht, liegt eine bakterielle Entzündung vor. Hier schafft ein Antibiotikum Abhilfe.

DIE STATIONEN
Lymphknoten befinden sich an folgenden Körperregionen
+ am Unterkiefer (zervikale Knoten)
+ unter den Achseln (Axilläre Knoten)
+ um den Nabel (Abdominale Knoten)
+ in den Kniekehlen (Popliteale Knoten)
+ in der Leistengegend (Inguinale Knoten)

Man macht sich die Lymphkanäle hier übrigens zunutze, indem man das Antibiotikum gern intravenös gibt; so wird es zuverlässig verteilt. Lymphknotenschwellungen, auch Lymphadenitis genannt, sind also fast immer ein Krankheitsanzeichen. Bloß – von welcher?

Infektionen als Ursache Gerade im Frühsommer können Lymphdrüsen-Entzündungen ein Anzeichen für die Borreliose sein. Diese geht – nach dem Zeckenbiss – einher mit Hautausschlägen und grippeähnlichen Symptomen. Auch das Eppstein-Barr-Virus geht den Weg über die Lymphe und äußert sich als Pfeiffer’sches Drüsenfieber. Dies befällt besonders gern junge Erwachsene und wird auch die „Kuss-Krankheit“ genannt, da es sich über Körperflüssigkeiten überträgt. Halsschmerzen und wochenlanges Fieber sind Begleitsymptome.

ZUSATZINFORMATIONEN
AIDS
 
Wer sich mit dem HI-Virus ansteckt, kann grippeähnliche Symptome aufweisen. Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber gehen einher mit druckempfindlichen Lymphomen, die zum Teil sehr schmerzhaft sind. Die Schwellungen finden sich an mehreren Stellen des Körpers – und halten lange an, manchmal bis zu einem Vierteljahr. Da die erworbene Immunschwäche in Phasen verläuft, kann sich die zweite Phase völlig unauffällig und schmerzlos gestalten, während danach die Erstsymptome wieder auftreten.

Kinderkrankheiten
Lymphknoten schwellen auch bei folgenden Krankheiten an: Masern, Röteln und Diphterie gegen die es Impfungen gibt) sowie Scharlach und Toxoplasmose, die aber nur für Schwangere eine Gefahr darstellt. Auch die Katzenkrankheit ist eine eher harmlose Erkrankung; in der Nähe der Wunde kommt es zu einer Lymphknotenschwellung.

Rückstau
Ist der Abfluss der Lymphe gestört – etwa durch Narbenbildung, entzündliche oder tumoröse Veränderungen der Lymphknoten – kommt es zu einem Lymphödem. So bezeichnet man einen Rückstau der Lymphe im Gewebe, welches eine teigige, großflächigere Schwellung verursacht. Es entsteht beispielsweise häufig nach Entfernung der Brust nach einem Mammakarzinom, denn dabei müssen die Lymphknoten in der Achselhöhle entfernt werden. Hier kann der Masseur mittels Lymphdrainage Abhilfe schaffen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/15 ab Seite 94.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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