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Sportverletzungen

FIT & GESUND BLEIBEN

Eine falsche Drehung, ein abrupter Stopp, aber auch langjährige Überlastung können entsprechende Verletzungen auslösen. Manche heilen schnell aus, andere bereiten womöglich lebenslang Probleme.

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Wie viele Sportunfälle in Deutschland Jahr für Jahr passieren, kann niemand mit Bestimmtheit sagen. Statistisch gehören sie nämlich zu den Freizeitunfällen, in die aber auch Verkehrsunfälle mit einfließen. Es gibt jedoch Befragungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aus den Jahren 1996 und 2000, die sich nur auf Sportunfälle beziehen.

Dabei zeigte sich, dass Fußball mit einem Drittel aller Unfälle unumstrittener Spitzenreiter ist. Insgesamt lag die Zahl der Sportverletzungen in beiden Jahren deutlich über einer Million: 1,26 Millionen in 1996, 1,46 Millionen im Jahr 2000. Damit ging fast jede vierte Verletzung auf das Konto des eigentlich gesunden Sports. Zurzeit schätzt man, dass sich jedes Jahr in Deutschland etwa 1,5 Millionen Menschen beim Sporttreiben verletzen.

Äußere und innere Ursachen Unser Körper ist belastbar, doch ist er auf lange Sicht nur für „normale“ Alltagsbewegungen ausgelegt. Sport, noch dazu in der Intensität, in der er heute von vielen betrieben wird, ist daher nicht immer gesund. Je nachdem, ob die Verletzung durch den Sportler selbst oder äußere Einflüsse verursacht wird, unterscheidet man zwischen endogenen oder exogenen (von außen verursachten) Sportverletzungen. Die endogenen wiederum lassen sich weiter unterteilen in solche, die aufgrund von Überbeanspruchung langsam entstehen, und solche, die akut durch falsche oder zu hohe Belastung auftreten.

Endogene Verletzungen treten häufiger auf. Die gängigsten Sportverletzungen sind Dehnungen, Zerrungen oder Prellungen. Darüber hinaus gibt es Hautabschürfungen, Brüche oder Gehirnerschütterungen. Das Krankheitsbild der Sportverletzungen ist breit gefächert, jede Sportart hat dabei ihre Spitzenreiter. So sind beim Fußball Muskel-, Bänder- und Gelenkverletzungen besonders häufig, beim Skifahren kommt es eher zu Prellungen und Brüchen. Hingegen haben Ausdauersportler oft mit Verschleißerscheinungen zu kämpfen, während Golfer und Tennisspieler eher an chronischen Entzündungen von Elle und Speiche, dem Tennis- oder Golfarm leiden.

Riskante Sportarten wie Basejumping oder Paragliding bergen zudem ein hohes Risiko für schwere, oft auch tödliche Verletzungen. Aber nicht immer sind die Sportler selbst an ihren Verletzungen schuld. Manchmal rühren die Blessuren auch von Sportgeräten oder Körperkontakt mit dem Gegner her. Dabei muss es nicht immer so bizarr abgehen wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, bei der Brasiliens Spieler Neymar durch einen Tritt des Gegners einen Wirbelbruch erlitt oder der italienische Verteidiger Giorgio Chiellini von Uruguays Stürmer Luis Suárez in die Schulter gebissen wurde.

Im Freizeitsport sind meist Zusammenstöße beim Kopfball oder Fouls der Auslöser für eine Sportverletzung. Dann kommt es zu Jochbeinbrüchen, Gehirnerschütterungen, Muskel- oder Bänderverletzungen. Im Hockey oder Eishockey können zudem die Sportgeräte zu gefährlichen Geschossen werden. Ob nun der Schläger oder der Puck im Gesicht des Gegners landet – wenn es mit Blutergüssen und Prellungen abgeht, haben die Sportler meist noch Glück gehabt.

Neue Gefahr Neben traumatischen Sportverletzungen gibt es Verschleißerscheinungen, die vor allen Dingen bei Ausdauersportarten wie Laufen oder Radfahren eintreten. Der Körper wird über längere Zeit einseitig stark belastet, was er wiederum etwa mit Bandscheibenproblemen, Ermüdungsbrüchen oder Arthrose quittiert. Die Gefahr, sich solch eine Verletzung zuzuziehen, steigt an, denn die Zahl der Ausdauersportler in Deutschland nimmt zu.

CHRONISCH KRANK
In den 1980er-Jahren entstand ein neues Krankheitsbild: der Tennisarm. Mittlerweile gibt es ihn auch in der Version des „Golfarms”, doch das Prinzip ist dasselbe. Bei beiden sind die Sehnenansätze bestimmter Muskelgruppen am Unterarm dauerhaft gereizt. Während beim Tennisarm die Handgelenk- und Fingerstrecker betroffen sind, schmerzen beim Golferarm die Handgelenk- und Fingerbeuger. Die Beschwerden können soweit gehen, dass die Muskelfunktion der Hand vollständig eingeschränkt ist. Die Behandlungen reichen bei Golf- und Tennisarm von Ruhigstellen und Kühlen über Stoßwellentherapie bis hin zu lokalen Kortisongaben. Bei hartnäckigen Fällen werden operativ Nervenfasern durchtrennt beziehungsweise Handgelenk- und Fingerstrecker eingekerbt, um eine Schmerzfreiheit zu erreichen. Der jeweilige Sport kann bei einer solch chronischen Verletzung meist nicht mehr ausgeübt werden.

Darüber hinaus wird auch der Anspruch immer höher. Vor einigen Jahren war Marathonlaufen noch ein Ausnahmesport, mittlerweile ist es fast zum Volkssport geworden. Für den „Ironman“ trainieren immer mehr Freizeitsportler und Prominente wie Joey Kelly machen den Extremsport populär. Bereits jetzt kristallisiert sich ein neues Problem heraus: Die Sportsucht. Etwa 800 000 Menschen, so schätzen Experten, sind in Deutschland sportsuchtgefährdet – sie trainieren mehrere Stunden am Tag, aber keineswegs immer nach einem vernünftigen Plan. Die Folge: Eine unzureichende körperliche Verfassung, durch die sich die Verletzungsgefahr noch erhöht.

Meist Muskeln betroffen 10 bis 30 Prozent aller Sportverletzungen betreffen die Muskeln. Unsere Knochen werden von Muskeln, Bändern und Gelenken zusammengehalten. Muskeln stützen unser Knochengerüst, verleihen uns die Fähigkeit und Kraft, uns überhaupt zu bewegen und wirken gleichzeitig wie Stoßdämpfer für unsere Knochen. Prellungen, Risse oder Abrisse sind schmerzhaft und heilen nur sehr langsam. Auch, wenn man keine Schmerzen mehr hat, sind gerade Muskelverletzungen oft noch lange nicht austherapiert. Wer daher zu früh wieder belastet, riskiert Folgeschäden, die noch länger zum Ausheilen brauchen und den Sportler unter Umständen für Monate lahm legen oder eine sportliche Betätigung für immer unmöglich machen können.

PECH-REGEL
+ P = Pause (sofort mit der sportlichen Betätigung aufhören)
+ E = Eis (verletzte Stelle kühlen)
+ C = Compression (verletzte Stelle mit einem Druckverband komprimieren)
+ H = Hochlegen (verletztes Körperteil hochlagern, am besten über Herzhöhe)

Bänder und Gelenke verbinden einzelne Knochen- und Muskelgruppen miteinander und gewährleisten dadurch erst eine differenzierte Bewegungsfähigkeit. Dadurch sind sie jedoch auch Sollbruchstellen, wenn eine Kraft, die auf unseren Körper einwirkt, zu groß wird. Gerade schnelle Bewegungen, womöglich noch gegen die natürliche Drehoder Klapprichtung der Gelenke können aufgrund der Trägheit der Masse schnell zu einer Dehnung, einem An- oder Abriss von Bändern oder Gelenkverletzungen führen.

Bei allen stumpfen Sportverletzungen, die Muskeln, Bänder oder Gelenke betreffen, ist die PECH-Regel wichtig, da sie die wirkungsvollste Erstversorgung bietet, die ohne Arzt durchgeführt werden kann. Der Sport muss sofort unterbrochen und die betroffene Stelle sollte zudem gekühlt werden. Der Kältereiz führt dazu, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen, dadurch werden Schwellungen minimiert und Blutergüsse können sich nicht so schnell ausbreiten. Außerdem spürt man durch die Kälte den Schmerz nicht mehr so deutlich. Allerdings muss man darauf achten, dass Eis oder Kühlpack nie auf die nackte Haut gelegt, sondern immer in ein Tuch gewickelt werden, damit keine Kälteschäden auf der Haut entstehen.

»Sportverletzungen, die den Gang ins Krankenhaus auf jeden Fall notwendig machen, sind Knochenbrüche.«

Gewebeschäden beugt auch der Kompressionsverband vor. Die betroffene Stelle sollte sehr fest gewickelt werden, allerdings nicht so, dass die Extremität nicht mehr ausreichend durchblutet wird. Hat man das Gefühl, Hand oder Fuß schlafen ein, muss der Verband sofort gelockert werden. Das Hochlegen, am besten über Herzhöhe, verringert den Blutdruck an der verletzten Körperstelle, was Einblutungen minimiert. Nach dieser Erstversorgung sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Muskelfaserrisse,

Gelenk- oder Bänderverletzungen sind häufig nur mit bildgebenden Verfahren diagnostizierbar. Keinesfalls sollte man die Verletzung als Bagatelle abtun oder sogar noch weitermachen. Denn Dehnungen, Zerrungen oder Blutergüsse können sich schnell verschlimmern, wenn sie nicht sofort richtig behandelt werden. Ob der Schlag auf den Kopf nur eine leichte Gehirnerschütterung ausgelöst hat oder aber eine lebensgefährliche Hirnblutung, kann nur ein Mediziner feststellen. Und die Hautabschürfung kann sich, wenn weiterhin Dreck und Schweiß hineinkommen, schnell entzünden.

Ausheilen oder operieren? Prinzipiell ist es immer besser, eine Verletzung konservativ zu behandeln als sie zu operieren. In manchen Fällen kommt man jedoch um eine Operation nicht herum. Ein Bänderriss zum Beispiel, der meistens am oberen Sprunggelenk oder an den Kreuzbändern des Knies vorkommt, kann konservativ therapiert werden. Dazu wird das betreffende Gelenk ruhig gestellt und, wenn das neugebildete Narbengewebe das Band zusammenhält, mit Physiotherapie langsam wieder eine richtige Belastung trainiert.

Der Erfolg einer konservativen Therapie ist aber sehr stark von der Mitarbeit des Patienten abhängig. Belastet er zu früh oder falsch, kann das den Heilungsprozess stark beeinflussen. Auch ist es möglich, dass nach mehreren Bänderdehnungen die Bänder so ausgeleiert sind, dass es immer wieder zu Verletzungen kommt. In diesem Fall kann eine Operation, bei der das Band gekürzt wird, sinnvoll sein.

Ein spezieller Fall ist der Skidaumen, eine Verletzung, die sich hauptsächlich Skifahrer zuziehen, die aber auch Basketballer oder Handballer betreffen kann. Dabei wird der Daumen so stark und schnell zur Seite abgespreizt, dass das innere Seitenband des Daumengrundgelenks ein- oder abreißt. Beim Skifahren passiert das schnell, wenn der Stock beim Fall gegen den Daumen drückt. Dies kann zwar mit einer Schiene oder einem Tapeverband behandelt werden, jedoch ist die Gefahr groß, dass die Verletzung nicht richtig ausheilt. Das kann dann zu einer bleibenden Einschränkung der Bewegungs- und Greiffähigkeit führen sowie zu Krafteinbußen in der Hand. Da gerade der Daumen eine wichtige Funktion hat, tendiert man daher bei einem Skidaumen eher zu einer Operation, um die Verletzung sicher und schnell auszutherapieren.

Gute Vorbereitung ist die beste Vorbeugung Viele Sportverletzungen passieren unnötigerweise. Daher sollte jeder ein paar Tricks zur Vorbereitung beherzigen:

Richtige Sportart wählen: Man sollte sich vorher überlegen, ob man für den Sport, den man unbedingt ausüben will, auch wirklich geeignet ist. Nur, weil es schick ist, Marathon zu laufen, ist das noch lange nicht für jeden zu schaffen. Wer nicht mindestens sechs Wochen intensives Lauftraining absolvieren kann, ist mit den 42 Kilometern sicher überfordert. Wer bereits Verschleißerscheinungen zeigt, sollte Ausdauersport nur unter fachgerechter Anleitung, engmaschiger ärztlicher Kontrolle und maßvoll betreiben.

ALTERNATIVE THERAPIE
Handelt es sich dann tatsächlich lediglich um eine Prellung, Stauchung oder Zerrung, sind Wärmebehandlungen und Bewegung in den ersten zwei Tagen absolut tabu. Hat sich an der verletzten Stelle ein schmerzhafter Bluterguss gebildet, kann man diesen mit Kühlen und Hochlegen behandeln. Spezielle Salben und Gels sowie ätherische Öle wie Menthol oder Pfefferminz helfen ebenfalls. Gerinnungshemmende Wirkstoffe wie Heparin sollen den Bluterguss schneller auflösen, wissenschaftlich bewiesen ist das jedoch nicht. Arnikasalbe hingegen wirkt mit ihren Flavonoiden ödem- und gerinnungshemmend. Wer homöopathisch therapieren will, kann ebenfalls zu Arnika greifen. Auch Salben mit Beinwell sind eine gute Wahl.

Extremsport ist nichts für „mal eben zwischendurch“: Freeclimbing, Basejumping, Heli-Skiing – die Zahl der Extremsportarten wird immer größer. Doch sie sind hoch riskant und eignen sich definitiv nicht als Trend, den man mal eben ausprobieren möchte. Je gefährlicher eine Sportart, desto mehr Training, Erfahrung und Umsicht benötigt sie. Und: Wer es in einer Sportart zum Meister gebracht hat, kann seine Fähigkeiten nicht auf andere Sportarten übertragen. Der Fall Michael Schumacher hat gezeigt, dass eine schwarz markierte Skipiste tatsächlich mit Vorsicht zu genießen ist.

Richtig aufwärmen: Unser Bewegungsapparat kann nicht von jetzt auf gleich geschmeidige Höchstleistungen erbringen. Daher sollte man sich vor jedem Sport einige Minuten aufwärmen und dehnen. Dabei sollten alle Muskelgruppen aufgewärmt werden. Nach dem Sport ist eine cool-down-Phase angebracht, um den Körper wieder auf „Normalbetrieb“ abzusenken.

Gute Kleidung: Gerade bei Laufsportarten ist das richtige Schuhwerk wichtig. Die Sportschuhe wirken wie Stoßdämpfer und schützen die Gelenke und Bänder. Man sollte also in die Auswahl der Schuhe die meiste Zeit und Sorgfalt legen. Doch auch der Rest der Kleidung ist wichtig. Je mehr man schwitzt, desto besser müssen die Textilien den Schweiß nach außen transportieren und desto schneller müssen sie trocknen. Feuchte Kleidung kühlt die Muskeln aus, wodurch das Verletzungsrisiko steigt.

Fallschule kann helfen: Gerade Stürze können zu schweren Verletzungen führen, doch beim Sport, vor allen Dingen bei Kontaktsportarten, kommen diese immer wieder vor. Beim Fallen stützt man sich automatisch mit den Händen ab. Doch die Handwurzelknochen sind solchen Kräften meist nicht gewachsen, was zu komplizierten Brüchen führen kann. Daher ist es sinnvoll, das richtige Fallen zu lernen, bei dem man sich mit der Fallenergie so abrollt, dass Schwachstellen wie Hände, Ellbogen, Knie oder Kopf geschützt werden und die großen Muskelpartien zum Beispiel des Rückens die Kräfte abfangen. Wer eine solche Fallschule besucht, verinnerlicht die richtigen Bewegungsabläufe, bevor es zum Sturz kommt und kann sie dann im Fall der Fälle unbewusst abrufen. Dadurch kann man das Verletzungsrisiko extrem minimieren.

Schwachstellen erkennen: Wer weiß, dass er dazu neigt, leicht umzuknicken, oder wer vielleicht schon Sportverletzungen an den Bändern hatte, kann mit Tapes vorbeugen. Dabei werden die sensiblen Körperregionen mit dem elastischem Band umwickelt. Ballsportler wie Hand-, Volley- oder Basketballer können einzelne Finger zusammentapen, um ein Umknicken zu vermeiden.

Grenzen nicht überschreiten: Es gibt Wichtigeres, als ein sportliches Ziel zu erreichen. Daher sollte man nie so weit über seine Grenzen hinausgehen, dass man sich gefährdet. Wer extrem außer Atem kommt, wem es schwindelig oder gar schwarz vor Augen wird, der sollte sofort mit dem Sport aufhören. Wer müde und unkonzentriert ist, riskiert ebenfalls Verletzungen. Sport soll Freude bereiten und den Körper gesund halten. Wenn Sport zum Mord wird, dann hat man seinen Sinn völlig missverstanden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/15 ab Seite 14.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournist

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