Öl auf Löffel. © ~UserGI15966731 / iStock / Getty Images Plus
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Lipide

FETT, ÖL ODER KOHLENWASSERSTOFF?

Unter dem Überbegriff Lipid findet sich so ziemlich alles, was sich fettig anfühlt und ganz oder teilweise wasserunlöslich ist. Manches ist ähnlich den Hautfetten aufgebaut, anderes weicht deutlich davon ab.

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Klären wir zunächst einmal die Begriffe: Worin unterscheidet sich ein Fett von einem Öl und sind das nicht alles Kohlenwasserstoffe? Nicht ganz! Fette sind bei Raumtemperatur, also bei Temperaturen oberhalb von 20 °C, fest. Öle sind unter diesen Bedingungen flüssig. Man spricht auch von fetten Ölen, da es ja zum Beispiel auch ätherische Öle gibt. Fette findet man häufig in tierischen Produkten, wie Butter, Rindertalg oder Schweineschmalz. Fette Öle stammen dagegen meist aus Pflanzen, wie beispielsweise Olivenöl, Leinöl oder Sonnenblumenöl. Chemisch gesehen sind beides Triglyceride, also Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerol mit drei Molekülen unterschiedlicher oder gleicher Fettsäuren.

Die üblicherweise in Kosmetikprodukten verwendeten Fette und Öle sind meist pflanzlichen, manchmal auch tierischen Ursprungs. Kohlenwasserstoffketten haben die Fette und Öle auch, aber sie enthalten durch die Esterstruktur auch Sauerstoff. Reine Kohlenwasserstoffe, die in der Kosmetik eingesetzt werden, sind zum Beispiel Vaselin und Paraffin, wie Hartparaffin und Paraffinöl. Sie finden Vaselin in der Inhaltsstoffangabe eines Produktes unter der INCI-Bezeichnung Petrolatum.

Und im Namen zeigt sich auch schon seine Herkunft: Vaselin wird aus Erdöl gewonnen. Es besteht überwiegend aus gesättigten Kohlenwasserstoffen und zwar aus stark verzweigten iso-Paraffinen und unverzweigten n-Paraffinen. Es unterscheidet sich chemisch also deutlich von Fetten und Ölen. Sein Vorteil ist sein günstiger Preis und dass es quasi unbegrenzt haltbar ist. Im Unterschied zu einem natürlichen Öl oder Fett kann es nämlich nicht ranzig werden. Das macht Vaselin und die Paraffine so interessant für Kosmetikhersteller.

Gesättigt oder ungesättigt Fettsäuren sind bekanntlich langkettige, in der Regel unverzweigte Carbonsäuren. Die meisten Fettsäuren in unseren Speisefetten haben eine Kettenlänge von 16 oder 18 C-Atomen. Der entscheidende Unterschied zwischen Fett und Öl liegt im Vorkommen von Doppelbindungen in der Kette. Gesättigte Fettsäuren besitzen keine Doppelbindungen, ungesättigte beziehungsweise mehrfach ungesättigte haben dagegen eine oder mehrere Doppelbindungen. Und sie sind es, die entscheiden, ob das Triglycerid fest oder flüssig ist. Zeichnet man die Kohlenstoffkette, so stellt man sie meist zickzack-förmig dar. In Wirklichkeit ist der Aufbau dreidimensional und die vier Bindungen des C-Atoms weisen in die Ecken eines Tetraeders.

Mit der zweidimensionalen Darstellung kann man den Effekt jedoch auch recht gut erklären: Benachbarte Ketten verschiedener Moleküle können sich durch den regelmäßigen Aufbau gut aneinander lagern. Zwischen ihnen herrschen wegen der fehlenden Polarität nur sehr schwache, unpolare Wechselwirkungen – die sogenannten Van-der-Waals-Kräfte. Die Summe sämtlicher Wechselwirkungen zwischen den benachbarten Ketten ist allerdings groß. So groß, dass man eine ganze Menge Energie aufbringen muss, um das Fett zu schmelzen, also die aneinander gelagerten Ketten voneinander zu trennen. Dazu reicht Raumtemperatur nicht aus. Triglyceride mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, wie Palmitin- und Stearinsäure, sind daher fest.

Befinden sich Doppelbindungen in der Kette, so ist der regelmäßige Zickzack-Aufbau an dieser Stelle massiv gestört. Je mehr Doppelbindungen vorhanden sind, umso weniger Van-der-Waals-Kräfte werden wirksam und umso geringer ist der innere Zusammenhalt. Dadurch genügt schon eine relativ niedrige Temperatur, um die Ketten in Bewegung zu bringen und voneinander zu trennen. Triglyceride mit überwiegend ungesättigten Fettsäuren, wie Öl-, Linol- oder Linolensäure, sind aus diesem Grund bei Raumtemperatur flüssig. Bei den reinen Kohlenwasserstoffen entscheidet in erster Linie die Kettenlänge, ob sie fest oder flüssig sind. Lange Ketten machen den Kohlenwasserstoff fest, kurze machen ihn flüssig.

Hautverwandte Lipide Die Trigyceridstruktur mit teilweise ungesättigten Fettsäuren findet man auch in unseren körpereigenen Fetten, beispielsweise in den Membranen und auch in den Hautlipiden. Daher gelten Fette und Öle als hautverwandt und gut verträglich. Sie können in die Haut eindringen und dort fehlende Lipide bis zu einem gewissen Grad ersetzen. Wichtig ist allerdings das richtige Verhältnis von gesättigten zu ungesättigten Triglyceriden in der Zubereitung, denn die menschlichen Hautoberflächenlipide enthalten auch eine ganze Menge gesättigte Fettsäuren. Der Nachteil der pflanzlichen Öle ist, dass sie mit der Zeit verderben und ranzig werden können. Zusätze von Antioxidanzien wie Vitamin E schützen davor. Dies ist übrigens auch der Grund, warum Pflanzenöle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren natürliches Vitamin E enthalten.

Es schützt das empfindliche Öl schon in der Pflanze vor dem Verderb. Im Gegensatz zu „richtigen“ Fetten sind Kohlenwasserstoffe nicht in der Lage in tiefere Hautschichten einzudringen. Sie können fehlende Lipide daher auch nicht ersetzen. Bei fettarmer Haut richten sie dementsprechend nichts aus, auch wenn es sich zunächst gut auf der Haut anfühlt, da Feuchtigkeit zurückgehalten wird. Obwohl die Kohlenwasserstoffe in Cremes den Fetten und Ölen deutlich unterlegen sind, werden sie in geringen Konzentrationen als ein Bestandteil der Lipidphase akzeptiert. In Naturkosmetik sollten sie allerdings gar nicht zu finden sein. Reines Vaselin lässt sich sehr schwer auf der Haut verteilen. Durch die Zugabe von Emulgatoren oder Wachsestern verbessert sich das Spreitvermögen.

Und was ist mit Wachsen? uch Wachse zählen zu den Lipiden und werden in kosmetischen Produkten eingesetzt. Chemisch gesehen sind Wachse Ester höherer einwertiger Alkohole mit höheren, meist gesättigten Fettsäuren. Der wesentliche Unterschied zu Fetten ist also der Alkohol, der bei den Wachsen kein Glycerol ist. Durch die in natürlichen Wachsen vorkommenden freien Fettsäuren und freien Alkohole haben Wachse, wie zum Beispiel Wollwachs emulgierende Eigenschaften. Es besteht zum überwiegenden Teil aus festen Wachsestern, die aus Stearinen oder Cholesterol als Alkoholkomponente aufgebaut sind. Daneben sind freie Fettsäuren und Alkohole sowie Kohlenwasserstoffe enthalten. In seiner Zusammensetzung ähnelt es den Lipidstrukturen der menschlichen Haut. Ein flüssiges Wachs ist das Jojobaöl. Es ist gut verträglich und zieht gut in die Haut ein. Durch die ungesättigten Fettalkohole und Fettsäuren, aus denen es besteht, ist es flüssig. Ein Öl ist es chemisch gesehen aber nicht.

Und mit Silikonölen? Auch sie sind eine häufig eingesetzte Lipidkomponente in Kosmetika. Es sind hochmolekulare Siliciumverbindungen, ein Beispiel ist Dimethicon. Silikonöle sind wasserabweisend und verfügen über ein gutes Spreitvermögen. Außerdem vermitteln sie ein angenehmes Hautgefühl. Sie überziehen die Haut mit einem wasserfesten Film, ohne die Wasserdampfabgabe zu beeinträchtigen. Man verwendet sie daher häufig zur Herstellung wasserfester Sonnenschutzprodukte. Mit den Hautlipiden haben Sie allerdings nicht gemein, daher können sie fehlende Lipide nicht ersetzen.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ ab Seite 20.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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