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EVIDENZBASIERT

Für eine Vielzahl von Symptomen sind unterschiedliche „Pharma“-Kräuter gewachsen. Wie kommt ein Arzt aber dazu, sich für eine Krankheit und damit für ein Präparat zu entscheiden?

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Wissen ist Macht: In der modernen Medizin gibt es einen Weg, der den betroffenen Menschen mit seinen individuellen Beschwerden in den Mittelpunkt aller medizinischen Bemühungen stellt und auf statistische Daten zurückgreift. In den 1990er-Jahren wurde diese „Evidenzbasierte Medizin“ ins Leben gerufen. Bereits 2002 wurde im ACP Journal ein Aufsatz abgedruckt, in dem es hieß, dass EbM vor allem durch „,Personalizing‘“ the evidence to fit a specific patient‘s circumstances“ gekennzeichnet sei. Lesen Sie den gesamten englischen Aufsatz mit dem Suchbegriff „Haynes“ unter SL01.

Das bedeutet: Um einem Menschen wirklich individuell helfen zu können, muss der höchste Wissensstand so auf die Person zugeschnitten werden, dass er auf die ganz speziellen Umstände des Patienten passt. Hier sind natürlich zum einen Arzt und Apotheker mit ihren Erfahrungen und zum anderen verfügbare Statistiken gefragt. Auf SL02 werden Sie an die Definition und Geschichte der EbM herangeführt. So weiß man heute: Sie ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten.

„Evidenz“ bedeutet in diesem Falle „Zeugnis“, „Beleg“ und „bezieht sich auf die Informationen aus wissenschaftlichen Studien und systematisch zusammengetragenen klinischen Erfahrungen, die einen Sachverhalt erhärten oder widerlegen“. Die wissenschaftliche Aussagefähigkeit von klinischen Studien wird mittels Evidenzklassen von Ia bis IV erfasst, wie Sie unter SL03, Stichwort „Evidenzklasse“ nachlesen können.

Im optimalen Fall fußt eine rationale therapeutische Entscheidung in der EbM zunehmend auf einem empirischen Nachweis der Wirksamkeit. Einen kritischen und vielschichtigen Blick auf das Thema gewährt die ZEIT unter SL04 mit der Suche nach „Evidenzbasierte Medizin“ in dem Artikel „Lob der Erfahrung“, in dem auch weiterführende Links und wissenschaftsrelevante Gegenargumente aufgezeigt werden.

Der Weg zu EbM Diese kann nur greifen, wenn erstens das Topwissen zu bestimmten Krankheitsbildern sicher vorliegt, das heißt, es muss Verlass darauf sein, dass es sich um hochaktuelles Wissen handelt, wenn zweitens dieses auf den Patienten anwendbar ist und wenn drittens der Patient mit in den Entscheidungsprozess eingebunden wird. Eine gut strukturierte und anschauliche Übersicht über die Herangehensweise finden Sie auf SL05, der Seite eines Allgemeinmediziners, der in Verbindung mit dem EbM-Netzwerk in seinem Download-Bereich diese Patienteninfo als PDF ausgibt. Auch die Bundesärztekammer beschäftigt sich damit. So stellte sie bereits 2005 ein Curriculum, einen ärztlichen Fortbildungskatalog, zum Thema bereit. Auf SL06 ist dieser mit der Suche nach „Evidenzbasierte Medizin“ als PDF aufgeführt.

Gesetzliche Handhabe Als Wissenschafts- und Therapiemethode wurde die EbM spätestens 2000 anerkannt, da sie vom Gesetzgeber mit „evidenzbasierten Leitlinien“ in das Sozialgesetzbuch (§§ 137e, 137f, 137g, 266, Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten) aufgenommen wurde. Lesen Sie zum Thema und zum juristischen Link unter SL07 und der Suche nach „Evidenzbasierte Medizin“. Auch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin verweist auf SL08, Glossar, „E“, auf eine sehr stringente Leitlinienmethodik.

Nicht alle Leitlinien können kritiklos übernommen werden, denn nicht jede folgt der besten verfügbaren Evidenz. Dafür muss man sich mit der Methodik befassen, nach der diese Leitlinie entwickelt wurde. Deshalb hat die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften e. V. ein Regelwerk erstellt, welches Maßstäbe für die Entwicklungsmethodik der deutschen Leitlinien setzt. Regeln für das Leitlinienregister finden Sie unter SL09, Suchbegriff „Systematische Evidenzbasierung“.

Die Entstehung einer Wissenschaft Basis der Überlegungen, medizinische und pharmazeutische Behandlungsmethoden wissenschaftlich zu beurteilen, war die Publikation des schottischen Arztes George Fordyce 1793 ( SL10): „An attempt to improve the evidence of medicine“ (Ein Ansatz, den Beweis therapeutischer Maßnahmen zu verbessern). Als einer der Pioniere der modernen EbM gilt David Sackett, der ab 1968 als Gründungsdirektor der entsprechenden Arbeitsgruppe an der McMaster University in Hamilton, Kanada, tätig war. Für die zunehmende Akzeptanz klinischer Epidemiologie und kontrollierter Studien in den 1970er- und 1980er-Jahren zeichnet der britische Epidemiologe Archie Cochrane verantwortlich. Ihm ist es zu verdanken, dass die EbM in den 1990er-Jahren als Institution Anerkennung fand.

Netzwerke Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V., SL01, ist das Forum aller an der EbM und der Gesundheitsversorgung Interessierten. Das Deutsche Cochrane Zentrum (DCZ) unter SL12 ist ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Ärzten, das sich an den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin orientiert. Und die Arztbibliothek, SL13, ist das medizinische Wissensportal der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Bundesärztekammer (BÄK), das die Recherche in einer Fülle unterschiedlicher Datenbanken ermöglicht.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/14 ab Seite 80.

Barbara Schulze-Frerichs, PTA/ Ursula Tschorn, Apothekerin

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