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Diabetes Typ I Und Ii

EINE VOLKSKRANKHEIT AUF DEM VORMARSCH

In Deutschland leben geschätzt etwa 6,7 Millionen Diabetiker – Tendenz steigend. Diabetiker sind Stammgäste in der Apotheke und profitieren von umfassender Beratung zur medikamentösen Therapie, Lebensweise und Prävention.

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Diabetes mellitus ist eine Krankheit, die unsere ganze Gesellschaft angeht. Die Kosten, die jährlich durch Therapie, Pflege, Arbeitsausfälle und Frühverrentungen hervorgerufen werden, liegen laut dem Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2017 bei rund 35 Milliarden Euro. Etwa 80 bis 90 Prozent der Diabetiker leiden unter einem Diabetes mellitus Typ-2. Problematisch ist, dass die Dunkelziffer der bisher unerkannten Patienten mit circa zwei Millionen Menschen sehr hoch ist. Die Erkrankung manifestiert sich im Verborgenen und verursacht bereits Folgeschäden an Gefäßen und Organen. Ein dauerhaft erhöhter Blutzucker führt Jahr für Jahr zu Amputationen, Neuerblindungen, Nierenversagen oder Herz- und Gefäßkomplikationen: 75 Prozent der Diabetiker versterben letztlich an Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Regulation des Blutzuckerstoffwechsels Glukose ist der Energielieferant des Körpers und wird über die Nahrung zugeführt. Der Stoffwechsel der Bereitstellung und Verwertung von Glukose ist äußerst komplex und wird wesentlich durch Insulin gesteuert. Kohlenhydrate gelangen über die Nahrung in den Darm, werden dort in Glukose gespalten und über den Dünndarm in die Blutbahn aufgenommen. Der Blutzuckerspiegel steigt an, die Betazellen der Langerhansschen Zellen in der Bauchspeicheldrüse werden stimuliert, Insulin zu produzieren. Das Hormon wird in die Blutbahn gegeben und sorgt für die Einschleusung von Glukose in die Zellen der Organe und Muskeln, um dort als Energiequelle zu dienen. Sinkt der Blutzucker wieder, verspürt der Mensch ein Hungergefühl und die Glucagonsynthese wird angeregt. Glucagon bremst zum einen die durch Insulin gesteuerte Glukoseaufnahme in die Körperzellen und regt zugleich die Leber dazu an, Glukose ins Blut abzugeben.

Bei einem Insulinmangel reichert sich Glukose im Blut an, ist aber nicht für die Muskeln und Organe verfügbar. Da Diabetiker ihren Energiebedarf nun aus dem Fettabbau decken müssen, kommt es zu einem ungewollten Gewichtsverlust in kürzester Zeit. Glucagon sorgt für eine ungebremste Gluconeogenese und weiterhin steigende Blutzuckerwerte. Wird die Nierenschwelle überschritten, gelangt Glukose in den Urin. Der Körper versucht die Konzentrationsunterschiede osmotisch auszugleichen. Der Diabetiker leidet unter einer Polyurie – einem häufigen Wasserlassen begleitet von einem unstillbaren Durstgefühl. Im Unterschied zum Typ-2 Diabetes besteht beim Typ-1 ein absoluter Mangel an Insulin. Die Störungen des Blutzuckerstoffwechsels bei Typ-2 Diabetikern setzen wegen des zunächst relativen Insulinmangels schleichend ein.

Mit einer abendlichen Kalzium-Gabe soll die nächtliche Osteoklastenaktivität vermindert werden. Eine Einnahme des Minerals am Morgen beeinflusst die Knochenmasse über den gesamten Tagesverlauf positiv.

Erkrankungsformen Die Bezeichnung Diabetes mellitus ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen des Blutzuckerstoffwechsels, die sich bezüglich der Ursache, des Alters der Manifestation und des Krankheitsverlaufs voneinander unterscheiden. Der Typ-1-Diabetes ist eine irreversibel fortschreitende Erkrankung, die nicht heilbar ist. Ursache für die Erkrankung ist bei Menschen mit einer genetischen Veranlagung eine Autoimmunreaktion, bei der der Körper Antikörper gegen die eigenen Betazellen der Bauchspeicheldrüse bildet und diese zerstört. Im Zusammenhang mit auslösenden Trigger-Faktoren, zum Beispiel Virusinfektionen oder Ernährungseinflüssen wird im Körper die Autoimmunreaktion angestoßen. Dieser Prozess kann Wochen, Monate oder Jahre dauern. Charakteristisch ist irgendwann ein völliger Untergang der Betazellen.

Diese Zellen sind die Produktionsstätten des Insulins, das für den Transport von Glukose aus dem Blut in die Zellen sorgt. Wird deren Kapazität, Insulin zu produzieren, massiv eingeschränkt, stellen sich Symptome einer Hyperglykämie ein: häufiger Harndrang, vermehrtes Durstgefühl, Schwäche und Müdigkeit, Gewichtsverlust, trockene Haut und Ketoazidose. Bei einem Typ-1-Diabetes liegt, wie gesagt, ein absoluter Insulinmangel vor. Der Patient ist therapeutisch auf Insulininjektionen angewiesen, um seinen Zuckerstoffwechsel zu regulieren. Ein Typ-1-Diabetes manifestiert sich zwar überwiegend in der Kindheit und Jugend, kann aber auch bei Erwachsenen nach dem 30. Lebensjahr noch auftreten. Dann sprechen Mediziner vom LADA-Diabetes – (latent-autoimmune-diabetes in adults).

Hier ist die Ursache ebenfalls eine Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen, allerdings weniger aggressiv und langsamer fortschreitend. Wegen des höheren Manifestationsalters und des zunächst nur relativen Insulinmangels, der zu Beginn auf orale Antidiabetika anspricht, können Verwechslungen mit einem Diabetes mellitus Typ-2 auftreten. Anders als Typ-2 Diabetiker sind die Patienten mit LADA-Diabetes eher normalgewichtig. Daher ist eine sorgfältige Diagnosestellung wichtig. In seltenen Fällen kommt ein idiopathischer Diabetes Typ-1 vor. Diese Diabetesform tritt überwiegend bei Asiaten oder Afrikanern auf. Diese Patienten haben einen Insulinmangel, zeigen aber keine immunologischen Veränderungen.

Arbeitsmaterialien Diabetes
Unter www.abda.de/themen/apotheke/qualitaetssicherung0/leitlinien/leitlinien0/ – der Seite der Leitlinien der ABDA zur pharmazeutischen Betreuung von Diabetikern in der Apotheke finden sich viele nützliche Arbeitshilfen:
+ Patientenberatung zur Blutzuckerselbstkontrolle
+ Patientenberatung zur Insulinanwendung
+ Ernährungsberatung von Menschen mit Diabetes
+ Ernährungsberatung von Typ-2 Diabetikern zur Gewichtsreduktion
+ Beratung zum Thema Fuß von Menschen mit Diabetes
+ Checkliste Polyneuropathie
+ Informationsbogen Blutzucker

Nur Alterszucker? Viele ältere Typ-2 Diabetiker sprechen über ihre Erkrankung lapidar von „Alterszucker“. Die überwiegende Anzahl der Patienten ist übergewichtig und zeigt eine Insulinresistenz. Der Typ-2 Diabetes mellitus beruht nach derzeitigem Stand der Wissenschaft auf einem multifaktoriellen Geschehen. Das Krankheitsbild entwickelt sich unter dem Einfluss bestimmter Risikofaktoren – insbesondere der genetischen Disposition – deutlich stärker als bei einem Typ-1 – dem Lebensstil, höherem Lebensalter, Medikamenten, die den Glukosestoffwechsel verschlechtern, und dem metabolischen Syndrom. Diese Manifestationsfaktoren führen zu einer Insulinresistenz und einer Störung der Insulinsekretion. Insbesondere eine übermäßige Kalorienzufuhr zusammen mit einem Bewegungsmangel begünstigen die Entwicklung von Übergewicht, Insulinresistenz, Störungen der Betazellen und Glukoseintoleranz.

Auch steigendes Lebensalter bedingt Nachlassen und Funktionsstörungen der Betazellen sowie eine Verminderung der Glukosetoleranz. Ein weiterer Risikofaktor ist die Glukosestoffwechselstörung in der Schwangerschaft. Schon im Uterus können epigenetische und genetische Veränderungen eintreten, die das Risiko für das Kind für einen späteren Diabetes Typ-2 beeinflussen. Die Anfänge der Erkrankung bleiben oft unbemerkt. Erst, wenn die Stoffwechsellage sich verschärft und die Bauchspeicheldrüse bereits deutlich eingeschränkt arbeitet, werden die klinischen Symptome sichtbar: Müdigkeit, Schlappheit und vermehrte Infektanfälligkeit treten typischerweise auf. Auffällig ist in dieser Phase, dass die Patienten eine Störung der „raschen Phase der Insulinsekretion“ aufweisen. Normalerweise ist der Körper in der Lage, auf die Zufuhr von Kohlenhydraten sehr rasch mit ausreichender Insulinsekretion zu reagieren.

Mangelnde, schnelle Ausschüttung von Insulin ist an hohen postprandialen Glukosewerten, also den Werten nach einer Mahlzeit, zu erkennen. Die Patienten haben dann ein bis zwei Stunden nach dem Essen weiterhin deutlich erhöhte Werte. Erklärt wird diese verlangsamte Sekretion mit Störungen der Inkretinausschüttung. Diese Darm-Hormone GLP-1 (Glukagon-like-Peptide 1) und GIP (Glucose-dependent insulotropic Polypeptide) steuern den Blutzuckerstoffwechsel über Anregung der Betazellen. Außerdem verzögern sie die Magenentleerung und melden dem Gehirn ein Sättigungsgefühl. Inkretine werden direkt nach der Nahrungsaufnahme abgegeben.

Behandlungs- und Therapieziele In Abhängigkeit des Patientenalters, der Dauer der Erkrankung und bestehender Komorbiditäten beeinflusst der Diabetes mellitus Typ-2 die Entstehung von Begleit- und Folgeerkrankungen. So führt ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel zur Arteriosklerose. Sind zunächst die großen Gefäße betroffen, sprechen Mediziner von Makroangiopathie. Später finden sich auch Veränderungen an den kleinen Gefäßen – Mikroangiopathien. Diese Gefäßveränderungen stehen im Zusammenhang mit Schädigungen der Niere, Nerven und dem Auge. Deshalb ist ein wichtiges Therapieziel, die Diabetes-Therapie so einzustellen, dass Folgeerkrankungen wie Erblindung, diabetisches Fußsyndrom, Niereninsuffizienz und kardiovaskuläre Erkrankungen vermieden werden.

Die nationale Versorgungsleitlinie nennt als weitere Behandlungsziele die Förderung der Adhärenz, die Erhaltung der Lebensqualität und die Reduktion von Morbidität und Mortalität. Um einen Diabetes Typ-​2 zu diagnostizieren, werden verschiedene Parameter untersucht. Neben der Feststellung Diabetes-typischer klinischer Symptome sind zwei erhöhte Nüchtern- oder Gelegenheits-​Plasmaglukose-Werte (>126, >200 mg/dl) aussagekräftig. Alternativ sind ein HbA1c-Wert von >6,5 Prozent oder ein pathologischer Wert nach oralem Glukosetoleranztest OGTT (>200 mg/dl nach 2 h) Indikatoren für die Diagnosestellung. Lange Jahre galt es als erklärtes Behandlungsziel den HbA1c-Wert als Langzeitwert des Blutzuckers unter 6,5 Prozent dauerhaft zu senken – je niedriger desto besser.

Lebensstiländerung Wenn ein Diabetes Typ-2 festgestellt wird, erfolgt die Einstellung gemäß der Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Wichtigste Grundlage der Therapie ist die Umstellung der allgemeinen Lebensgewohnheiten – also Umsetzung nichtmedikamentöser Maßnahmen: Ernährungstherapie, Gewichtsreduktion, Änderung der Lebensweise (z. B. Nikotinverzicht, Alkoholvermeidung) und Erhöhung der körperlichen Aktivität. Einen Patienten davon zu überzeugen, ist sehr schwierig. Über Jahrzehnte praktizierte Lebensweisen zu verändern, bedeutet für die meisten Menschen subjektiv eine Verschlechterung der bisherigen Lebensqualität. Hier brauchen die Patienten professionelle Unterstützung, sodass Schulungsmaßnahmen durch Diabetesassistenten oder Reha-​Einrichtungen sehr sinnvoll sind.

In der Apotheke können PTA und Apotheker ebenfalls ein Bewusstsein dafür fördern. Im Vordergrund steht dabei insbesondere, dass der Patient die Krankheits- und Therapiekonzepte versteht und zur eigenverantwortlichen Mitarbeit motiviert wird. Bezüglich der Ernährung sollte es Ziel sein, dass vollwertige ausgewogene Nahrung zu mehreren Mahlzeiten am Tag aufgenommen wird. Es geht nicht um das sture Berechnen von Broteinheiten, wie das vor Jahren noch der Fall war, sondern um die Umsetzung einer gesunden – eher kalorienarmen Ernährung. Die Zielvereinbarungen zur Gewichtsreduktion sollten so gewählt sein, dass sie auch für den Patienten erreichbar sind.

Die Motivation zu mehr Bewegung ist das A und O, denn Muskelaufbau bedeutet mehr Verbrauch an Glukose und Senkung des Blutzuckerspiegels. Optimal ist es, wenn pro Woche drei bis vier Stunden mehr Bewegung erreicht werden. Bei der Auswahl der Sportarten ist auf die Vorlieben und sportlichen Möglichkeiten des Patienten Rücksicht zu nehmen. Radfahren, Walken oder Schwimmen sind Ausdauersportarten, die den Muskelaufbau fördern. Selbst wenn die nichtmedikamentösen Maßnahmen zur Senkung des Blutzuckerwertes nicht ausreichen und eine Pharmakotherapie notwendig ist, sollten sie begleitend fortgesetzt werden.

Die ersten zehn Jahre der Diabeteserkrankung und die Einstellung des Blutzuckers in dieser Zeit bestimmen das Risiko für Folgeerkrankungen.

Orale Antidiabetika Sollte die Basistherapie nach drei bis sechs Monaten nicht zum Erreichen des individuellen HbA1c-Wert führen, wird die orale Therapie begonnen. Wirkstoff der Wahl ist für die Monotherapie Metformin. Es sorgt für eine Senkung des Blutzuckers und verbessert die Stoffwechsellage insbesondere bei übergewichtigen Patienten durch mehrere Angriffspunkte: Im Darm verzögert Metformin die Glukoseaufnahme und vermindert gleichzeitig die Freisetzung von Glukose aus der Leber. Durch letzteres wird der Blutzuckeranstieg im Nüchternzustand verhindert, ohne jedoch Unterzuckerungen auszulösen. Die Insulinwirkung wird verbessert, was zu einer Steigerung der Glukoseaufnahme und des Verbrauchs durch Muskel- und Fettzellen führt. Im Durchschnitt werden unter Metformin Reduktionen des HbA1c-Wertes um bis zu 1,5 Prozentpunkte erzielt.

Metformin ist angezeigt bei Diabetes Typ-2, wenn der Patient noch eine eigene Insulinproduktion aufweist. Die Therapie wird einschleichend begonnen, zum Beispiel mit Dosierungen von 500 Milligramm einmal täglich und wird auf dreimal täglich erhöht. In Abhängigkeit der Stoffwechsellage und der glomerulären Filtrationsrate kann die Dosis auf dreimal 850 Milligramm gesteigert werden. Metformin wird grundsätzlich nach einer Mahlzeit unzerkaut mit Flüssigkeit eingenommen. Gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sind häufig zu Beginn, die schwerwiegende Laktatazidose ist extrem selten. Werden die vorgegebenen Zielwerte nicht erreicht, kann die medikamentöse Therapie über die Kombination mehrerer oraler Antidiabetika oder die Kombination von Metformin mit Insulin intensiviert werden.

Die Auswahl der Medikamente erfolgt in Abhängigkeit der Verträglichkeit und Koerkrankungen. Eine Alternative zu Metformin ist die Therapie mit Sulfonylharnstoffen, zum Beispiel Glibenclamid oder Glimepirid. Diese Wirkstoffe regen die körpereigene Insulinfreisetzung in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse an. Von Nachteil für übergewichtige Diabetiker ist die Nebenwirkung der Gewichtszunahme. Außerdem erhöhen sie das Risiko für Hypoglykämien, wenn nach der Tabletteneinnahme keine Nahrung aufgenommen wird. Glitazone, Glinide und alpha-Glukosidase-Hemmer spielen in der Diabetes-Behandlung fast keine Rolle mehr. Repaglinid als Vertreter der Glinide ist nur noch bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz verordnungsfähig und Acarbose als alpha-Glukosidase-Hemmer hat aufgrund der Nebenwirkungen Flatulenz und Meteorismus eine schlechte Adhärenz.

Eine andere Option sind Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren (DPP-4-Inhibitoren), die den Abbau der Inkretine verzögern. In Deutschland sind Sitagliptin (für die Monotherapie) und Saxagliptin (nur für die Kombinationstherapie) zugelassen. Sie verstärken die Inkretinwirkung und steigern so nach der Kohlenhydratzufuhr die Insulinsekretion. DPP-​4-Hemmer erhöhen aber nur dann den Inkretinspiegel, wenn die Inkretinhormone nach der Aufnahme von Kohlenhydraten auch ausgeschüttet werden. Seltene Nebenwirkungen sind Durchfall, Kopfschmerzen und Schnupfen. Die Einnahme erfolgt einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten. Ein anderer Angriffspunkt wird von den neuen SGLT-2-Inhibitoren – Gliflozinen – wie zum Beispiel Empagliflozin oder Dapagliflozin anvisiert. Sie hemmen die Glukose-Rückresorption im proximalen Tubulus der Niere, indem der Natrium-Glukose-Cotransporter 2 blockiert wird.

So wird vermehrt Glukose über den Urin ausgeschieden und in der Folge sinken die Plasmaglukose-Werte und die Blutdruckwerte. Eine häufige Nebenwirkung aufgrund dieses Mechanismus sind Harnwegs- und Genitalinfektionen. Positiv einzuschätzen ist eine nachgewiesene Kardioprotektion und eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von zwei bis drei Kilogramm. Hypoglykämien treten unter der Monotherapie nur wie unter Placebo auf. Ein wichtiger Beratungshinweis für die Patienten ist, ausreichend zu trinken, um Exsikkosen zu vermeiden.

Diabetes bei Kindern
Diabetes mellitus Typ I ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. In Deutschland sind 10 000 bis 15 000 Kinder und Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr daran erkrankt. Die Zahl der Typ II Diabetes-Neuerkrankungen bei Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren verfünffacht. Laut der deutschen Diabetes Hilfe handelt es sich fast ausnahmslos um sehr stark übergewichtige Personen, bei denen bereits die Eltern und Großeltern an einem Typ-2-Diabetes leiden. Übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien sind stärker von Typ-2-Diabetes betroffen als Kinder deutscher Abstammung. Experten rechnen in der Zukunft mit einem weiteren starken Anstieg bei kleinen Kindern unter fünf Jahren. Als Ursachen dafür werden Veränderungen der Umweltfaktoren und des Lebensstils – energiereiche Ernährung und Bewegungsarmut -diskutiert. Außerdem gilt auch der verminderte Kontakt mit Bakterien (Hygiene-Hypothese) als möglicher Risikofaktor.

Spritzen Die GLP-1-Rezeptorantagonisten Exenatide, Dulaglutid und Liraglutid greifen wie die DPP-4-Inhibitoren ebenfalls in den Inkretinstoffwechsel ein. Sie aktivieren den Rezeptor für GLP-1 und sorgen so für eine glukoseabhängige Stimulation der Insulinausschüttung. Deshalb werden sie auch GLP1-Analoga genannt. Von Vorteil ist, dass diese Wirkstoffe die Insulinsensitivität erhöhen, die periphere Glukoseaufnahme bessern, den Appetit und damit eine Gewichtszunahme drosseln, einen kardiovaskulären Schutz hervorrufen und keine Hypoglykämien auslösen. Von Nachteil ist das Spritzen, wobei Liraglutid und Dulaglutid eine deutlich längere Wirkdauer haben als Exenatide und daher nur einmal wöchentlich subcutan injiziert werden müssen. Ansonsten gelten die Therapie-​Kosten und gastrointestinale Beschwerden, die häufiger vorkommen, als Nachteile.

Es besteht eine Kontraindikation für Patienten mit einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) unter 30. Die Datenlage für Patienten über 75 Jahre ist nicht ausreichend. Bei Verdacht auf eine Pankreatitis muss die Therapie abgesetzt werden. Insulin ist notwendig, wenn der Diabetiker kein eigenes Insulin mehr produzieren kann oder die oralen Antidiabetika den Blutzucker in Mono- oder Kombinationstherapie nicht ausreichend reduzieren. Außerdem ist Insulin das einzige Therapeutikum beim Diabetes mellitus in der Schwangerschaft und bei Patienten mit Nierenversagen. Meist wird eine Insulintherapie aufgrund der Komplexität in der Umsetzung erst relativ spät begonnen. Zu bedenken ist, dass der Patient einen erhöhten Schulungsbedarf hat und die Kognition zum Selbstmanagement der Therapie mit steigendem Lebensalter abnimmt.

Die Insulintherapie wird nach unterschiedlichen Schemata durchgeführt: Bei der basalunterstützten oralen Therapie (BOT) werden orale Antidiabetika oder ein GLP-1-Analogon mit der abendlichen Gabe eines Basalinsulins kombiniert. Diese Behandlungsstrategie ist besonders sinnvoll bei Patienten mit erhöhten morgendlichen Nüchternblutzucker-Werten. Entweder wird ein Basalinsulin oder ein langwirksames Insulinanalogon eingesetzt. Die konventionelle Therapie (CT) verwendet Mischinsuline aus Normal- (oder kurzwirksamen Insulinanaloga) und NPH-Insulin in fester Dosierung in Abhängigkeit von der täglichen Kohlenhydratzufuhr. Die Fixkombination mit ein bis zwei Injektionen pro Tag ist einfach bei geriatrischen Patienten umzusetzen, erlaubt allerdings wenig Spielraum für Varianten der Nahrungsaufnahme und flexible Reaktion in besonderen Situationen, wenn eine Mahlzeit ausfällt oder mehr Bewegung stattfindet. Von Nachteil ist, dass die Patienten in der Regel Gewicht zunehmen.

Für junge und kognitiv rege Patienten, die in der Lage sind, ihre Therapie selber zu managen, insbesondere die Typ-1 Diabetiker, aber auch Typ-2 Diabetiker ist die intensivierte konventionelle Therapie (ICT) das richtige Behandlungskonzept. Hierbei wird die Insulingabe individuell, situativ an die Mahlzeiten angepasst. Grundlage ist ein Basalinsulin in Kombination mit einem schnellwirkenden Insulin oder Insulinanalogon zum Essen. Für die Typ-2 Diabetiker, die zunächst noch eine geringe Eigenproduktion an Insulin aufbringen, kann auch die supplementäre Insulintherapie (SIT) eine sinnvolle Option sein. Dabei wird kein Basalinsulin appliziert, sondern das Insulindefizit nach dem Essen durch mahlzeitenangepasste Mengen eines schnellwirkenden Insulins – zum Beispiel dreimal täglich zu den Hauptmahlzeiten – ausgeglichen. Diese Therapieform erfordert einen gut geschulten Patienten, der bereit ist, regelmäßig den Blutzucker zu kontrollieren. Das Hypoglykämierisiko ist hier prinzipiell höher.

DEFINITION HbA1c-WERT
Der sogenannte Langzeitwert wird auch Glykohämoglobin genannt, es ist der rote Blutfarbstoff, an den sich Glukose gebunden hat. Er erlaubt einen Rückschluss auf die Blutzuckereinstellung der letzten zwei bis drei Wochen. Der HbA1c-Wert liegt bei Gesunden um 30 mmol/mol (oder bei etwa fünf Prozent). Handlungsbedarf besteht spätestens bei Werten über 8 Prozent. Umrechnungsformel: HbA1c (mmol/mol)=(HbA1c (%) -2,15) x 10,929

Beratungstipps Insulintherapie Viele Patienten scheuen sich, den Schritt vom oralen Antidiabetikum hin zum Insulin zu machen. Sie haben Angst vor dem Spritzen und spüren damit viel mehr ihre Krankheit als bisher bei der Einnahme von Tabletten. Apotheker und PTA können helfen, diese Vorbehalte abzubauen. Wenn der Patient in der Arztpraxis geschult wird, bleiben trotzdem meistens noch Fragen offen – Unsicherheit ist typisch bei Erstanwendung von Insulinen. Wird eine Erstverordnung eines Insulins beliefert, sollte der Wissensstand des Patienten erfragt werden, zum Beispiel: Wer hat die Schulung vorgenommen, wurde bereits in der Klinik Insulin appliziert, welcher Pen wurde erläutert, werden Blutzuckerwerte selber gemessen mit welchem Gerät?

Wichtige Hinweise, die der Patient erfahren sollte, sind zum Beispiel die richtige Lagerung des Insulins, die Vorbereitung des Insulins vor dem Spritzen, der Nadelwechsel vor jeder! Injektion, der Wechsel der Spritzstellen, das Messen und Dokumentieren des Blutzuckerwertes und vieles mehr. Das häufigste akute Problem unter einer Insulintherapie sind Hypoglykämien. Diese sollten vom Patienten frühzeitig erkannt werden. Er sollte wissen, wenn typische Symptome wie Zittern, Blässe, kalter Schweiß, Heißhunger und Unruhe auftreten, dass er sofort Zucker, am besten in flüssiger, rasch verfügbarer Form zu sich nehmen sollte.

Fertige Zuckerlösungen gibt es in durchsichtigen kleinen Tuben in der Apotheke. Diese oder Traubenzucker sollte der Diabetiker für den Notfall immer bei sich tragen. Bei Bewusstseinseinschränkungen dürfen wegen der Aspirationsgefahr keine Flüssigkeiten gegeben werden, stattdessen sind eine Glucagoninjektion oder eine Glukoseinfusion angezeigt. Die Glucagonfertigpens dienen ebenfalls der Notfallbehandlung. Erwacht der Patient danach, muss zusätzlich Glukose oral verabreicht werden, um die Glykogenspeicher aufzufüllen. Übrigens wirkt die Glucagonjektion nicht, wenn zuvor Alkohol getrunken wurde, dann kommt nur die orale oder intravenöse Glukosegabe infrage.

Übersäuerung Die diabetische Ketoazidose ist eine potenziell lebensbedrohliche Komplikation, die überwiegend bei Typ-1-Diabetikern auftritt. Insulin fördert die Aufnahme von Glukose als Energielieferant in die Körperzellen und hemmt den Fettabbau. Bei einem Insulinmangel wird zur Energiegewinnung in den Fettstoffwechsel eingegriffen. Triglyceride werden abgebaut und dabei entstehen vermehrt Ketonkörper, die bei Anreicherung zu einer Übersäuerung des Blutes, einer „Ketoazidose“ führen. Anzeichen dieser schweren Komplikation sind der typische Aceton-Mundgeruch, Übelkeit und Erbrechen, bei Fortschreiten Benommenheit bis hin zum diabetischen Koma.

Die Therapie erfolgt in der Regel stationär mit Insulin, Glukose, Elektrolyten und Flüssigkeit. Ketoazidosen treten oft im Zusammenhang mit bakteriellen oder viralen Infektionen auf. Problematisch ist, dass viele Patienten sich in dieser Situation falsch verhalten. Da sie nichts essen, spritzen sie auch kein Insulin in der Annahme sonst in eine Hypoglykämie zu geraten. Bei akuten Infekten ist aber der Insulinbedarf erhöht und die Patienten begünstigen die Ketoazidose. Eine wichtige Vorsorgemaßnahme ist bei Infekten häufiger den Blutzucker zu messen und weiterhin Insulin zu applizieren.

Folgeerkrankungen Ein wichtiger Bestandteil des Therapiekonzeptes bei Diabetikern ist die Prävention von Komorbiditäten. Da insbesondere kardiovaskuläre Erkrankungen durch den Diabetes begünstigt werden, ist die Kontrolle von Blutdruck und Lipidwerten selbstverständlich. Zur Vermeidung von Schlaganfall und Herzinfarkt ist eine adäquate Einstellung der Blutdruckwerte bei unter 140/90 Millimeter Quecksilber (mmHg) bei Diabetikern besonders wichtig. Nach kardiovaskulären Zwischenfällen sollte auch der Einsatz von Acetylsalicylsäure zur Thrombozytenaggregationhemmung zusätzlich erwogen werden. Um Schäden an den Nerven, Makro- und Mikrogefäßen im Blick zu haben, sollten jährlich Vorsorgeuntersuchungen an den Augen, der Niere und den Füßen vorgenommen werden.

Therapiesteuerung unter oralen Antidiabetika
Normalerweise wird alle drei Monate der HbA1c-Wert überprüft, um im Bedarfsfall bei Überschreiten des empfohlenen Zielkorridors von 6,5-7,5 Prozent mit einer Therapieintensivierung gegenzusteuern.

Mikro- und Makroangiopathien Die Wahrscheinlichkeit für Schäden an Nerven und Blutgefäßen ist bereits im Vorstadium des Diabetes erhöht. Daher ist es wichtig, die Stoffwechselentgleisung frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls schon zu behandeln. Unter den Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus spielen die Gefäßkrankheiten die größte Rolle. Ausprägung und Schwere der Gefäßveränderungen sind abhängig von ihrer Lokalisation, wie beispielsweise in Auge, Niere, Koronar-Arterien, Zerebralgefäßen, peripheren Gefäßen der Extremitäten, und dem Ausmaß der beteiligten Gefäßareale.

Man unterscheidet die Makroangiopathie als Erkrankung der großen Arterien im Gehirn, am Herzen (Herzkranzarterien) und an den Beinen von der Mikroangiopathie kleiner Blutgefäße mit möglichen Schäden an Nieren (Nephropathie), den Netzhäuten der Augen (Retinopathie), den Nerven (Neuropathie), dem Gehirn und dem Herzmuskel. Die diabetische Retinopathie ist in Deutschland und den Industrieländern die Hauptursache für Erblindungen im mittleren Lebensalter. Für beide Formen der diabetischen Angiopathie spielen die Dauer des Diabetes, die Qualität der Stoffwechseleinstellung und bestimmte Risikofaktoren eine wichtige Rolle. Häufig entwickeln sich bei Diabetikern makro- und mikroangiopathische Veränderungen gemeinsam.

Diabetisches Fußsyndrom Man bezeichnet das Vorhandensein einer chronischen Wunde oder einer Gangrän am Fuß des Diabetikers bei komplexen Störungen (Nerven-und Duchblutungsstörungen) als Diabetisches Fußsyndrom. Dabei handelt es sich um eine schwerwiegende Diabeteskomplikation, die den allgemeinen Gesundheitszustand häufig fortschreitend verschlechtert und die Sterblichkeit stark erhöht. Daher ist die Prävention dieser Erkrankung von enormer, aber leider unterschätzter Bedeutung. Für einen Diabetespatienten besteht ein lebenslanges Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom von etwa 25 Prozent. Gut ein Drittel der Patienten mit einem diabetischen Fußsyndrom haben eine Nervenerkrankung (Polyneuropathie). Die Betroffenen nehmen Schmerzen an den Füßen gar nicht oder nur eingeschränkt wahr.

Die Folgen können Fehlhaltungen des Fußes mit Störungen im Bewegungsablauf oder eine verstärkte Hornhautbildung mit Schwielen sein. Brechen diese Schwielen auf, können kleine Wunden entstehen, die sich mit Bakterien infizieren und zu Geschwüren auswachsen. Aufgrund der Nervenschädigung vermindert sich außerdem die Schweißproduktion, in der Folge weiten sich die Hautgefäße und die Haut wird trocken und rissig – ebenfalls ein Nährboden für offene Wunden. Die zweite Gruppe, etwa ein weiteres Fünftel der Betroffenen, leidet an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK). Ein typisches Symptom für eine Durchblutungsstörung ist die sogenannte Schaufensterkrankheit, die Waden schmerzen oder krampfen beim Gehen. Bleibt man stehen, hören die Schmerzen auf. Sind die Füße schlecht durchblutet, ist auch die körpereigene Abwehr vermindert, kleine Fußwunden können sich leichter bakteriell entzünden. Die restlichen etwa 40 Prozent der Diabetiker mit diabetischem Fußsyndrom leiden unter beiden Schädigungen, der Nerven wie auch der Gefäße, sie sind besonders gefährdet.

Arzneistoffe, die diabetogen wirken
Einige Arzneistoffe können den Blutzucker erhöhen:
+ Systemische Glukokortikoide in längerer Anwendung
+ Betarezeptoren-Blocker (unselektive Betablocker mehr als selektive)
+ Thiazid-Diuretika
+ Antidepressiva/Antipsychotika (durch Gewichtszunahme, Zunahme Insulinresistenz)
+ Immunsupressiva

Schwangerschaftsdiabetes Als Schwangerschaftsdiabetes oder Gestationsdiabetes bezeichnet man eine Glukosetoleranzstörung, die während der Schwangerschaft diagnostiziert wird. In Deutschland sind etwa 4,5 Prozent aller Schwangerschaften betroffen. 2012 wurde ein generelles Diabetes-Screeningverfahren aller schwangeren Frauen eingeführt, die Krankenkassen übernehmen hierfür die Kosten. In der Regel verläuft die Stoffwechselerkrankung symptomarm, die typischen Anzeichen von Diabetes mellitus wie starker Durst und verstärkter Harndrang fehlen meist. Die erhöhten Blutzuckerwerte während der Schwangerschaft gefährden allerdings sowohl die Schwangere als auch vor allem das Kind.

So erkranken mehr als 50 Prozent der Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes innerhalb von acht Jahren nach der Entbindung an Typ-2-Diabetes. Bei den Kindern kann es zum einen zu Frühgeburten kommen, zum anderen kommen die Kinder häufiger mit einem erhöhten Geburtsgewicht zur Welt, was zu Geburtskomplikationen führen kann. Das hohe Geburtsgewicht lässt sich dadurch erklären, dass das Ungeborene zu viel Insulin produziert, um den Mangel in der mütterlichen Insulinversorgung auszugleichen. Dadurch gelangt zu viel Glukose in die kindlichen Zellen. Es besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Kinder auch im späteren Leben übergewichtig sind und Typ-2-Diabetes entwickeln.

Diabetische Retinopathie Nach einer Studie aus dem Jahr 2014 hat in Deutschland rund jeder zehnte Typ-2-Diabetiker eine Retinopathie, bei Typ-1-​Diabetikern ist es etwa jeder vierte. Die Retina oder Netzhaut ist durchzogen von zahlreichen kleinen Äderchen, die die Zellen mit Nährstoffen versorgen. Das macht sie anfällig für Gefäßschädigungen, die unter anderem infolge eines Diabetes auftreten können. Die Folgeerkrankung eines schlecht eingestellten Blutzuckers verläuft anfangs meist völlig unbemerkt. Weder Sehstörungen noch andere Beschwerden treten auf. Typischerweise bemerken Diabetiker die Netzhautschädigung erst spät.

Erste Symptome sind meist verschwommenes und unscharfes Sehen. Werden plötzlich schwarze Punkte im Gesichtsfeld wahrgenommen (sogenannter Rußregen), dann kann es zu Einblutungen in den Glaskörper gekommen sein. Wenn sich die Netzhaut plötzlich von ihrer Unterlage ablöst, kann das zu Lichtblitzen führen. Rußregen und Blitze sehen sind Notfälle, die sofort einem Augenarzt vorgestellt werden müssen. Die Netzhautablösung kann bis zur kompletten Erblindung führen. Die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung ist Pflicht für jeden Diabetiker. Mit Hilfe einer Augenspiegelung kann der Augenarzt schon früh Anzeichen für eine Retinopathie erkennen.

Diabetische Nephropathie Für die Filtervorgänge in den Nieren sind die Nierenkörperchen, kleine Knäuel aus Blutgefäßen zuständig. Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte beschädigen die Innenwände der Blutgefäße. Auf Dauer lässt die Filterfunktion der Nieren nach. Der Nierenschaden wird von den weiteren typischen Begleiterscheinungen des Diabetes wie Bluthochdruck begünstigt. Wird die Nephropathie zu spät oder nicht behandelt, versagen im schlimmsten Fall irgendwann die Nieren ganz ihren Dienst. Im fortgeschrittenen Stadium hilft nur noch eine lebenslange Dialyse oder eine Spenderniere. Dass diabetesbedingte Nierenschäden relativ häufig sind, liegt auch daran, dass sie bereits in einem frühen Stadium des Diabetes auftreten und lange keine Beschwerden machen. Symptome wie Wassereinlagerungen in den Beinen oder nachlassende Leistungsfähigkeit zeigen sich in der Regel erst, wenn die Nieren schon stark geschädigt sind.

Blutzuckermessung Moderne Messgeräte und Stechhilfen machen die Blutzuckerkontrolle im Prinzip sehr einfach. Trotzdem passieren dabei oft Fehler – viele werden unbewusst gemacht. Zum Beispiel kann es das Messergebnis verfälschen, wenn die Teststreifen beschädigt sind, weil sie nicht in der Originalpackung aufbewahrt, sondern lose in der Hemd-, Hosen- oder Handtasche transportiert wurden. Oder man hat vergessen, sich vor dem Blutzuckermessen die Hände zu waschen. Langjährigen Diabetikern zu erklären, wie sie richtig den Blutzucker messen, ist in der Regel nicht nötig. Wenn aber Fragen aufkommen oder bei neu an Diabetes Erkrankten, sollten Sie die Blutzuckermessung genau erklären und auf mögliche Fehler hinweisen können. Viele Apotheken bieten die Messung als Serviceleistung an. Hier müssen Sie über die einzelnen Schritte ohnehin Bescheid wissen.

Hände waschen: Vor der Messung müssen die Hände sauber sein. Es könnten Verschmutzungen oder auch Essensreste an der Haut kleben, die den Wert verfälschen. Am besten mit warmem Wasser waschen, denn das regt die Durchblutung an. Danach gut abtrocknen, weil Wasserreste den Blutstropfen verdünnen könnten. Tipp für unterwegs: Finger mit etwas Wasser aus der Trinkflasche reinigen und mit einem Taschentuch abtrocknen.

Lanzette einsetzen: Die Verschlusskappe der Stechhilfe wird abgenommen und eine neue Lanzette eingesetzt. Nun wird die Schutzkappe der Lanzette abgenommen und die Verschlusskappe wieder aufgesetzt. Je nach Gerät muss die Stechhilfe vor dem Einstich mit einer Spannvorrichtung gespannt werden.

Teststreifen einführen Ein Teststreifen wird aus der Packung entnommen und ins Messgerät gesteckt. Dadurch schaltet es sich automatisch ein. Bei einigen Modellen muss das Gerät bei Verwendung einer neuen Teststreifenpackung codiert werden. Die Infos dazu findet man in der Gebrauchsanleitung.

Stechen Die Stechhilfe wird seitlich an die Fingerkuppe gesetzt. Dort tut es am wenigstens weh. Dann den Auslöser betätigen. Daumen und Zeigefinger sollten nicht angepikst werden, weil diese im Alltag am häufigsten gebraucht werden. Wichtig ist auch, auf warme Finger zu achten. Kommt trotzdem nicht genug Blut, kann man die Fingerkuppe sanft drücken oder den Finger mit leichtem Druck zur Kuppe hin ausstreichen.

Blut auftragen Der Blutstropfen wird vorsichtig an den Streifen gehalten, sodass Blut angesaugt wird. Tipp: Wurde der Tropfen mit dem Streifen verwischt, kann dieser nicht genug ansaugen. Bei einigen Geräten (in der Gebrauchsanleitung nachsehen) kann man Blut auf denselben Streifen nachdosieren, bis die Menge reicht.

Ergebnis notieren Der gemessene Wert soll mit Datum und Uhrzeit im Blutzucker-Tagebuch aufgeschrieben werden. Es ist auch sinnvoll, dazuzuschreiben, was den Blutzuckerwert vielleicht beeinflusst haben könnte – beispielsweise Essen, Sport oder eine Infektion.

Tipps rundum Diabetes mellitus Durch die häufigen Kontakte des Diabetikers mit den PTA und Apotheker ist die Apotheke eine wichtige Anlaufstelle neben dem Arzt. Die Vorort-Apotheke kann im Gegensatz zu den Versandapotheken mit patientenorientierten Angeboten punkten, zum Beispiel mit Vorträgen bei Selbsthilfegruppen, Aktionen für Diabetiker, Kontrolle und Wartung der Messgeräte, Bereitstellung von Broschüren und Diabetiker-Tagebüchern oder Unterstützung bei Gewichtsabnahme und Raucherentwöhnung. Da Typ-2 Diabetiker oftmals Patienten mit Polymedikation sind, ist eine Medikationsanalyse ein sinnvolles Angebot. Bei dieser Patientengruppe gibt es erklärungsbedürftige Arzneimittel, deren Anwendung gesichert sein sollte. Außerdem hilft ein aktueller und übersichtlicher Medikationsplan die Kommunikation zwischen Hausarzt, Apotheke und diabetischer Schwerpunktpraxis.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/17 ab Seite 34.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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