Johannes Paul II. © papstfoto.com / Christoph Hurnaus
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Krankheiten berühmter Persönlichkeiten

DIE LEIDEN DES PAPSTES

Über ein Viertel Jahrhundert war Johannes Paul II. Oberhaupt der katholischen Kirche. Jung, gesund, voller Lebenskraft begann er das Amt. Wie gebrechlich er es beendete, ist vielen noch in Erinnerung.

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Als der 58 Jahre junge, sportliche und bis dato sehr gesunde Kardinal Karol Józef Wojtyla am 16. Oktober 1978 zum Papst gewählt wurde, ahnten weder er noch die Welt, wie lange er das Pontifikat letztlich innehaben und welchen Leidensweg er auch öffentlich sichtbar hinter sich bringen würde.

Zielstrebig zu „höheren Weihen“ Am 18. Mai 1920 in Wadowice, einer Kleinstadt bei Krakau in Polen, geboren, besuchte der strebsame Schüler das Gymnasium und studierte anschließend zunächst Philosophie und Polnische Literatur an der Jagiellonen-Universität Krakau. Sport, insbesondere Fußball, wo er sich als Torwart hervortat, sowie Theaterspiel waren seine Hobbies. Literarische Texte und sogar ein Mysterienspiel „Im Laden des Goldschmieds“ verfasste er in dieser Zeit.

Als nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Universität von der deutschen Besatzungsmacht geschlossen wurde, studierte er zunächst an der Untergrunduniversität fort, wurde dann allerdings zur Zwangsarbeit in einem Steinbruch sowie in einer Chemiefabrik verpflichtet. Im Oktober 1942 trat er ins geheime Priesterseminar der Erzdiözese Krakau ein, empfing im Oktober 1946 die Priesterweihe und promovierte anschließend in Philosophie und Theologie.

VORSCHAU
In unserer Serie „Krankheiten berühmter Persönlichkeiten“ stellen wir Ihnen demnächst folgende Menschen vor:
+ Sven Hannavald (Burnout/psychologische Krankheiten)
+ Evita (Gebärmutterkrebs)
+ Sigmund Freud (Gaumenkrebs)
+ Ludwig II (Hirnhautentzündung und Folgen)
+ Friedrich Nietzsche (paranoide Schizophrenie)

1953 habilitierte er an der Katholischen Universität von Lublin. 1958 Weihbischof von Krakau, 1964 Erz bischof von Krakau, 1967 Kardinalpriester – sein Aufstieg zum Bischof und Kardinal setzte sich fort. Wobei er stets die freie Religionsausübung für alle Polen forderte und sich als unerschrockener Antikommunist hervortat. 1978 wurde Wojtyla von der Konklave der versammelten Kardinäle zum ersten nicht-italienischen Papst seit Hadrian VI. (1459 bis 1523) und sogar ersten slawischen Papst der Kirchengeschichte gewählt.

Eine ausgiebige Reisetätigkeit (Der „Eilige Vater“, so einer seiner Spitznamen, besuchte über 127 Länder), ausgeprägte Öffentlichkeitsauftritte (Medienpapst), Beharren auf Religionsfreiheit und Konfrontation mit den kommunistischen Regimes Osteuropas, was ihn sogar mit zum Symbol des polnischen Widerstands machte, prägen seine Amtszeit.

Abwärtsspirale Drei Jahre nach Amtsantritt, am 13. Mai 1981 um 17.17 Uhr, verübte ein türkischer Rechtsextremist auf dem Petersplatz in Rom ein Attentat auf ihn. Schwere Schussverletzungen führten dazu, dass nur eine fünfstündige Operation im römischen Gemelli-Krankenhaus, bei der ein Stück des verletzten Darms entfernt wurde, das Leben Papst Johannes Paul II. retten konnte. Gegen den Rat der Ärzte kehrte er nach dem Attentat auch schon sehr schnell, am 3. Juni, in den Vatikan zurück. Eine schwere postoperative Virusinfektion zwang ihn jedoch dazu, sich am 20. Juni erneut für 24 Tage in die Klinik zu begeben.

»Anfang 2005 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des mittlerweile 84-Jährigen dramatisch.«

In den 1990er-Jahren wurden bei Johannes Paul II. zahlreiche Operationen durchgeführt. Am 15. Juli 1992 wurde ein gutartiger Darmtumor herausoperiert. Der Papst hatte zuvor die Gläubigen auf dem Petersplatz über den Eingriff informiert. Seine dabei zitternden Hände, Symptom der ihn erfassenden Parkinson-Krankheit, wurden damals noch als Attentatsfolge oder Folge einer gewissen Anspannung vor dem OP-Eingriff interpretiert. Im November 1993 musste aufgrund eines Sturzes während einer Audienz die ausgerenkte Schulter behandelt werden.

Am 29. April 1994 folgte aufgrund eines weiteren Sturzes im Badezimmer ein Oberschenkelhalsbruch rechts. Die Folge: Ein künstliches Hüftgelenk wurde eingesetzt, Papst Johannes Paul II. war seitdem gehbehindert. 1995 wurden Millionen Fernsehzuschauer Zeuge, als er einen Schwächeanfall erlitt und den Weihnachtssegen abbrechen musste. Ein grippaler Infekt oder eine Grippe sollen Ursache gewesen sein und im Frühjahr 1996 folgte eine weitere Grippe. Wegen einer Blinddarmoperation im Oktober 1996 war Johannes Paul II. zum sechsten Mal seit Amtsantritt zu einem Aufenthalt in der Gemelli-Klinik gezwungen.

In den folgenden Jahren litt er zunehmend unter seiner Gehbehinderung und der offiziell unbestätigten Parkinson-Krankheit. 2002 musste er wegen starker Knieschmerzen sogar auf verschiedene Osterzeremonien verzichten und im September 2003 aufgrund von Darmproblemen eine Gerneralaudienz in Rom absagen lassen.

Albtraum für den Vatikan Das Bild des Papstes in der Öffentlichkeit wurde in seinen letzten Lebensjahren vor allem von seiner mit großer Geduld ertragenen Parkinson- Krankheit bestimmt. Die Lähmungserscheinungen und Schwierigkeiten beim Sprechen wurden immer schlimmer. Kaum ein anderer Mensch der Welt wurde dabei medizinisch derart gut versorgt und von den besten Spezialisten Tag und Nacht umhegt. Dies kann allerdings, so wissen die Mediziner nur zu gut, auch zu einem Dilemma führen: Die Trennungslinie zwischen Leben und Tod wird in der modernen Hochtechnologiemedizin unscharf und verwischt.

Für den Vatikan – und auch die katholische Welt – wurde in den letzten Lebensjahren Johannes Paul II. die Befürchtung offensichtlich, ihn als Langzeitpatienten, der gar künstlich am Leben gehalten wird, zu haben. Nicht von ungefähr schrieb ein amerikanischer Vatikanexperte in der angesehenen US-Zeitung „International Herald Tribune“ einen Artikel über das Tabuthema: „Es gibt keinen Mechanismus, um einen Papst zu ersetzen, wenn er chronisch verwirrt, senil oder im Koma liegt.“ Und Johannes Paul II. hatte klar kommuniziert, dass er seinen Auftrag, seine Bürde, sein Los „Stellvertreter Gottes auf Erden“ zu sein, bis zuletzt tragen werde.

Anfang 2005 verschlechterte sich allerdings der Gesundheitszustand des mittlerweile 84-Jährigen dramatisch. Am 1. Februar wurde der an einer Grippe erkrankte Papst wegen akuter Atemnot erneut für zehn Tage in das Gemelli-Krankenhaus eingeliefert. Am 24. Februar folgt ein Rückfall, es wurde im Krankenhaus sogar ein Luftröhrenschnitt gesetzt. Zwar kehrte er am 13. März in den Vatikan zurück, zeigte sich den Gläubigern auf dem Petersplatz am 20. und 23. März sogar noch am Fenster seines Arbeitszimmers, spendete dort am Ostersonntag, 27. März, stumm seinen letzten Segen „Urbi et Orbi“. Doch er starb am 2. April 2005, abends um 21.37 Uhr – eine Erlösung von seinen Leiden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/14 ab Seite 88.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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