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Geschlechtskrankheiten

DIE ANGST VOR DER ANSTECKUNG

Seit 1988 ist der 1. Dezember Welt-AIDS-Tag. Bisher sind weltweit schätzungsweise rund 39 Millionen Menschen an den Folgen der Erkrankung gestorben. Jedes Jahr kommen etwas über eine Million hinzu.

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Anfang der 1980er Jahre forderte eine mysteriöse Krankheit immer mehr Todesopfer. Was angeblich als „Sex-Seuche“ unter Homosexuellen in den USA begann, wurde bald zum Schreckgespenst einer ganzen Generation, unabhängig von der sexuellen Orientierung. Denn die Infektion und damit die Aussicht, an der Immunschwäche AIDS zu sterben, verbreitete sich bald weltweit und machte vor niemandem halt. Aus der „freien Liebe“ der 1970er Jahre wurde so der „safer sex“ der 1980er.

Von HIV zu AIDS Als Erreger wurde 1983 ein Retrovirus identifiziert, das den Namen HIV (Humanes Immundefizienz- Virus) erhielt. Es dringt in die CD4-Helferzellen des Immunsystems ein, die es dazu umprogrammiert, neue HI-Viren zu produzieren, die wiederum andere CD4-Zellen befallen können. Bei der Vermehrung der Viren werden die CD4-Zellen zerstört. Zwar werden auch ständig neue produziert, aber dies reicht irgendwann nicht mehr aus, um die Zahl der zerstörten Helferzellen auszugleichen. Ist ihre Menge so weit abgesunken, dass eindringende Krankheitserreger nicht mehr bekämpft werden können, spricht man von AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome oder Erworbenes Abwehrschwäche-Syndrom). Für gesunde Menschen meist ungefährliche Infektionen können bei Menschen mit AIDS tödlich enden. Gefürchtet sind vor allem Lungenentzündungen und Tuberkulose. Häufig entstehen auch bestimmte Krebsarten wie das sonst seltene Kaposi- Sarkom oder Lymphome.

Dreifach hält besser Früher führte eine HIV-Infektion über AIDS in den meisten Fällen relativ rasch zum Tod. Das änderte sich Mitte der 1990er Jahre, als man in der Therapie erstmals drei Wirkstoffe kombinierte, welche die Vermehrung der Viren in den Zellen gleichzeitig an mehreren Stellen des Prozesses hemmten. Hierdurch konnte ihre Verbreitung im Körper gestoppt werden und auch die Zahl der Helferzellen stieg wieder an, sodass es kaum noch zum AIDS-Stadium kam. Durch die Kombination mehrerer Wirkstoffe sank zudem das Risiko, dass sich Viren entwickelten, die gegen die Therapie resistent wurden. Obwohl sie das Virus nur in Schach halten, aber nicht eliminieren kann, haben viele Betroffene durch diese hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) heute eine fast normale Lebensspanne.

Vom Affen zum Menschen Seinen Ursprung hat das Virus in Afrika: Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gaben infizierte Schimpansen ihre Form des Virus an den Menschen weiter, wo es zum HI-Virus mutierte. Wahrscheinlich aßen Jäger infiziertes Fleisch der Tiere. 1967 gelangte das HIVirus nach Haiti und von dort Anfang der 1970er Jahre in die USA. Doch erst 1981, mit Beginn der Pandemie, rückte das Krankheitsbild in den Fokus der Weltöffentlichkeit.

Entwicklung über lange Zeit Das HI-Virus wird über Körperflüssigkeiten wie Sperma, Blut, Vaginalsekret, Muttermilch und Rückenmarksflüssigkeit weitergegeben und dringt über Wunden in den Schleimhäuten in den Körper ein. Sexualverkehr ist daher Übertragungsweg Nummer eins, wobei vor allem aggressive Sexualpraktiken ein hohes Risiko bergen. Anal- und Vaginalverkehr sind hierbei gefährlicher als Oralverkehr, da die Mundschleimhaut widerstandsfähiger ist. Wie hoch das Ansteckungsrisiko ist, hängt von der Virenmenge ab. Sie ist in den ersten Wochen nach der Infektion sehr hoch, fällt dann ab und steigt in den nächsten Jahren wieder an.

Etwa einen Monat nach der Ansteckung kommt es zur akuten Phase mit Nachtschweiß, Fieber, Gelenkschmerzen und Hautausschlägen. Nach einem weiteren Monat ist die Akutphase überwunden. Die folgende Latenzphase kann mehrere Jahre dauern, ehe es zu den ersten, durch die beginnende Immunschwäche hervorgerufenen Krankheiten kommt. Von AIDS spricht man jedoch erst, wenn die Zahl der CD4-Helferzellen auf ein so niedriges Niveau gesunken ist, dass eigentlich harmlose Krankheiten tödlich sein können.

Test kommt meist zu spät Da die Symptome in der Akutphase denen einer Grippe ähneln, wird eine HIV-Infektion häufig nicht erkannt. Der HIVTest erfolgt in zwei Schritten, im ersten Schritt werden Antikörper, im zweiten Schritt Antigene nachgewiesen. Nur, wenn beide Tests positiv sind, kann man sicher von einer HIV-Infektion ausgehen. Antikörper sind ab drei Wochen (sicher nach drei Monaten), Antigene sechs Wochen nach der Infektion nachweisbar.

Prävention nach wie vor geboten Nach über 30 Jahren Forschung ist nicht absehbar, ob es möglich sein wird, das Virus jemals auszurotten, da es einfach zu wandelbar ist. Aus diesem Grunde ist es beispielweise bis heute nicht gelungen, eine Impfung gegen HIV zu entwickeln und auch viele weitere Ansätze scheiterten. Zwar kann die Erkrankung heute in Schach gehalten werden, doch ist man lebenslang auf die Medikamente angewiesen. Umso wichtiger bleibt es, sich und andere durch den Gebrauch von Kondomen vor einer HIV-Infektion zu schützen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 56.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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