Eine dreiprozentige Erhöhung des Bruttolohns allein kann den PTA-Beruf nicht attraktiver machen. © filmfoto / iStock / Getty Images Plus

Interview

DER BERUF MUSS ATTRAKTIVER WERDEN

PTA werden händeringend gesucht. Ein besseres Gehalt ist nur ein möglicher Anreiz, den Beruf zu ergreifen. Wir haben die Bundesvorsitzende des BVpta, Sabine Pfeiffer van Rijswijk, gefragt, ob drei Prozent mehr Gehalt ausreichen oder mehr geschehen muss.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE: Ab dem 01. September wurde eine Tariferhöhung um 3,0 Prozent ausgehandelt. Sind Sie mit dem Konsens zufrieden oder haben Sie sich mehr erhofft?

Sabine Pfeiffer van Rijswijk: Der alte Gewerkschaftsspruch „Wir wollen mehr!“ gilt hier natürlich auch. Ob dieses Mal aber wirklich viel mehr drin war, darf man aufgrund der unsicheren Situation, in der sich viele Apothekenleiter derzeit befinden, aber bezweifeln. Mir ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Arbeitgeber das Verständ-nis der Angestellten in Bezug auf die wirtschaftliche Situation auch nicht überstrapazieren dürfen. Da ist irgendwann die Geduld zu Ende. Die Arbeitgeberseite muss sich auch selbst die Frage stellen, was ein Tarifvertrag eigentlich noch wert ist, wenn viele Apotheken seit Jahren deutlich über Tarif bezahlen (müssen), damit sie gutes Personal von sich überzeugen können. Vielleicht kann man sich dann einmal auf einen guten Weg einigen.

Glauben Sie, dass durch diese Erhöhung der Ausbildungsberuf der PTA wieder attraktiver geworden ist?

Auf keinen Fall. Wir hinken damit immer noch gleichwertig ausgebildeten Fachkräften deutlich hinterher. Daher bezweifle ich, dass diese Erhöhung um drei Prozent diejenigen überzeugt, die bei der Wahl ihrer Ausbildung primär auf das spätere Gehalt schauen. Die meisten künftigen Kolleginnen achten auf andere Dinge: das Ansehen in der Gesellschaft, die Möglichkeiten guter Weiter- und Fortbildungen sowie die Karrierechancen. Es bleibt dabei: Um den Beruf attraktiver zu machen brauchen wir dringend ein neues Berufsbild, das den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung trägt und eine darauf angepasste dreijährige Ausbildung, die nach dem Versprechen der Regierung dann auch die künftigen PTA kein Schulgeld kosten darf!

Könnte dadurch der Fachkräftemangel schneller behoben werden?

Ehrlich gesagt, nein. Man muss sich doch nur die Situation in Deutschland anschauen. Ob es Behörden, das Dienstleistungsgewerbe, die Industrie oder das Handwerk sind: Alle buhlen um qualifizierte Auszubildende. Sie werben mit Ihrer Zukunftsfähigkeit, während die Apotheken permanent sinkende Zahlen von Offizinen und damit auch schwindende Arbeitsmöglichkeiten veröffentlichen.

Neben den teilweise deutlich höheren Verdienstchancen (auch nach dem dreiprozentigen Plus) locken die anderen potenziellen Arbeitgeber mit hohen Ausbildungsvergütungen und/oder der Möglichkeit, dass sich Auszubildende später auf Kosten des Unternehmens auch an Fachhochschulen weiterbilden. Da-von sind wir im Apothekenbereich meilenweit entfernt. Viele künftige PTA sind Überzeugungstäterinnen, die unbedingt mit und für Menschen arbeiten wollen. Die Unentschlossenen kann man mit einem Abschluss, der sogar noch leicht unterhalb des Durchschnitts anderer Branchen liegt, wohl kaum gewinnen.

Würde die Ausbildung zur PTA mehr Zulauf bekommen, wenn neben der Tariferhöhung auch eine Übernahme des Schulgeldes tariflich geregelt werden würde?

Das ist keine Angelegenheit für Tarifverträge. Der Anachronismus, dass das sehr teure Pharmaziestudium komplett vom Staat bezahlt wird, wir aber für unsere Ausbildung zahlen müssen, während andere Auszubildende sogar eine Vergütung bekommen, gehört weg. Die hat die Regierung auch in ihrer Koalitionsvereinbarung beschlossen. Inzwischen gibt es zwei Bundesländer, in denen Schulgeldfreiheit an-gekündigt worden ist, aber das Wann und Wie ist da noch nicht geregelt. Die Schulgeldfreiheit ist eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit. Sie muss aus Steuermitteln finanziert werden.

Was könnte man außer einem besseren Gehalt noch tun, um den Beruf attraktiver zu machen?

Der Realität auch im Berufsbild und in der Ausbildungsordnung folgen. Schon heute geben wir PTA mehr Arzneimittel ab, als die ApothekerInnen. Wir tragen also entscheidend zum positiven Gesamtbild der Apotheken bei. Wir wollen die Apotheker nicht ersetzen. Wir wollen Rahmenbedingungen, die dem gerecht werden, was wir tagtäglich leisten. Eine höhere gesellschaftliche Anerkennung (auch durch die Apotheker), bessere Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung und natürlich auch für besonders enga-gierte und qualifizierte KollegInnen die Option, innerhalb der Apotheken Karriere machen zu können. Kein Apotheker muss vor ambitionierten MitarbeiterInnen Angst haben. Uns bewusst klein zu halten, verschärft aber das Problem und löst es auf gar keinen Fall.

Das Gespräch für DIE PTA IN DER APOTHEKE führte Nadine Hofmann

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