Keine Luft zum Atmen

COPD

Die Volkskrankheit bedeutet für die Betroffenen eine dramatische Einschränkung der Lebensqualität. Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Raucherentwöhnung.

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Unter der Abkürzung COPD verbergen sich die chronisch obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem. Weltweit sollen etwa 44 Millionen Menschen unter diesen obstruktiven Lungenerkrankungen leiden. Die WHO schätzt sogar, dass die COPD im Jahr 2020 die Krankheit mit der dritthöchsten Mortalität sein wird. In Deutschland sind etwa 15 Prozent der über 40-Jährigen und etwa 30 Prozent der über 70-Jährigen betroffen.

Merkmale Der typische COPD-Patient ist älter als 40 Jahre und langjähriger Raucher. Auch Nichtraucher können erkranken, aber etwa 90 Prozent aller COPD-Patienten rauchen oder sind ehemalige Raucher. Entscheidend für den Schweregrad der Erkrankung ist wie viel und wie lange der Patient geraucht hat. Da in den vergangenen Jahrzehnten die Frauen erheblich in den Raucherstatistiken aufgeholt haben, erkranken diese mittlerweile ähnlich häufig wie Männer.

Andere Risikofaktoren sind ständige Staubbelastungen der Lungen, zum Beispiel im Bergbau oder in der Landwirtschaft. Auch ein genetischer Enzymdefekt des alpha-Antitrypsins kann das Risiko erhöhen.

In der Regel bahnen sich die Beschwerden erst langsam an. Zunächst wird der ständige Husten als „normaler” Raucherhusten bezeichnet. Mit den Jahren verstärkt sich dann die so genannte AHA-Symptomatik: Auswurf – Husten – Atemnot. Durch das ständige Rauchen wird das für die Reinigung der Bronchien so wichtige Flimmerepithel nachhaltig geschädigt. Die Schadstoffe können nur noch schwer abtransportiert werden und reizen dauerhaft die Bronchien.

Die Reaktion der Lunge auf diese Belastung zeigt sich in Husten – vermehrter Schleimbildung, die den Auswurf verstärkt und einer Verkrampfung der Bronchialmuskulatur. Die Gesamtheit der Symptome führt zu einer Verengung der Bronchien. Anders als bei Asthma bronchiale ist diese Obstruktion irgendwann irreversibel und ständig fortschreitend, so lange das Rauchen nicht beendet wird.

ALPHA 1-ANTITRYPSINMANGEL
Ein seltener genetisch bedingter Defekt des Enzyms alpha 1-Antitrypsin erhöht das Risiko für eine COPD. Etwa 0,2 Promille der Mitteleuropäer sind davon betroffen. Der Mangel sorgt dafür, dass ein Ungleichgewicht in Richtung eiweißabbauender Enzyme entsteht und das Lungengewebe geschädigt wird. Häufig entwickeln die Betroffenen schon vor dem 40. Lebensjahr ein Lungenemphysem.

Teufelskreis Patienten mit einer COPD klagen darüber, dass sie nicht genug Luft bekommen. Tatsächlich bewirkt die Obstruktion der Bronchien, dass die Luft nicht vollständig ausgeatmet und weniger sauerstoffreiche Luft eingeatmet werden kann. Die Person spürt dabei Luftnot, besonders unter Anstrengung. Kompensatorisch verfallen viele Patienten in eine Taktik der Bewegungsvermeidung. Verminderte Muskelarbeit führt zur Beeinträchtigung der Herztätigkeit und zum Abbau von Muskeln. So verschlechtert sich die allgemeine Belastbarkeit und der Betroffene erfährt nach und nach mehr und mehr Einschränkungen bei der Bewältigung des normalen Alltags.

Exazerbationen Plötzliche Verschlechterungen der Lungenfunktion im Rahmen einer COPD werden als „Exazerbationen” bezeichnet. Der Patient spürt kurzfristig mehr Atemnot, Enge im Brustkorb, hustet häufiger und hat häufig einen verfärbten Auswurf. Exazerbationen treten oftmals infektbedingt auf oder sind die Reaktion auf extreme Temperaturschwankungen, Abgase oder Stäube. Zur Prophylaxe von Exazerbationen gilt eine Pneumokokken- und Grippeschutzimpfung als sinnvolle Maßnahme. Außerdem können in diesen Phasen Antibiotika und Glukokortikoide den Verlauf günstig beeinflussen.

Therapie Die COPD ist eine fortschreitende Lungenerkrankung, die bis heute noch nicht ursächlich mit Medikamenten behandelt werden kann. Die einzige Maßnahme, die wirklich die Erkrankung stoppen kann, ist die Raucherentwöhnung. Ansonsten verfolgt die medikamentöse Therapie die folgenden Ziele:

  • Fortschreiten der Erkrankung reduzieren
  • Vermeidung von Exazerbationen und Komplikationen, Folgeerkrankungen
  • Verbesserung der allgemeinen Belastbarkeit und des allgemeinen Gesundheitszustands
  • Linderung der Beschwerden, um die Lebensqualität zu verbessern.

Bronchien weiten Grundprinzip der Arzneitherapie ist die Verbesserung der Atmung durch den Einsatz von inhalativen Bronchodilatatoren. Sie sorgen für eine Erschlaffung der Bronchialmuskulatur und weiten so die Atemwege. Anders als bei Asthma ist dieser Effekt bei einer fortgeschrittenen COPD jedoch begrenzt. Sowohl lang und kurz wirkende Betasympathomimetika als auch Anticholinergika werden meistens in Form von Dosieraerosolen oder Pulverinhalatoren inhalativ eingesetzt.

Eine weitere Therapieoption zur Erweiterung der Bronchien bei COPD ist Theophyllin. Es wird in der Regel als retardierte Tablette eingenommen. Ein Nachteil dieses Wirkstoffs ist die geringe therapeutische Breite und das relativ hohe Wechselwirkungspotential mit anderen Arzneistoffen. Zum Beispiel Makrolide, Gyrasehemmer und Allopurinol erhöhen bei gleichzeitiger Einnahme die Theophyllinplasmaspiegel, die sich beim Patienten in unerwünschten Wirkungen, zum Beispiel als Unruhe, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen oder Beschwerden des Magen-Darm-Traktes, äußern können. Deshalb gilt Theophyllin als Wirkstoff der zweiten Wahl, wenn mit anderen Bronchodilatatoren nicht ausreichend behandelt werden kann.

Kortikoide Während bei Asthma bronchiale Glukokortikoide die Wirkstoffe der Wahl sind, um das entzündliche Geschehen in den Bronchien zu reduzieren, werden sie bei COPD wegen der geringeren Wirksamkeit nur bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung (Schweregrad III) und einer erhöhten Rate an Exazerbationen eingesetzt. Sinnvoll sind inhalative Glukokortikoide auch bei Patienten, die unter einer COPD mit einer asthmatischen Komponente leiden. Nachweislich senken diese Arzneistoffe dann auch das Risiko für Exazerbationen beziehungsweise verkürzen diese.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/12 ab Seite 50.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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