© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Repetitorium

BETÄUBUNGSMITTEL – TEIL 3

Natürlich muss jedes Rezept vor Abgabe der verordneten Arzneimittel aufmerksam geprüft werden. Dennoch schauen viele bei BtM lieber noch ein zweites Mal hin, denn es gibt einige Besonderheiten zu beachten.

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Die Überwachung des BtM-Verkehrs in Deutschland übernimmt die Bundesopiumstelle im BfArM. Bei Unklarheiten oder (wissentlich) fehlerhafter Abgabe eines Betäubungsmittels kann daher unter Umständen nicht nur eine Retaxation durch die Krankenkasse, sondern auch eine Verfolgung des Hergangs durch die zuständige Behörde erfolgen. Es handelt sich bei BtM eben um besondere Arzneimittel, die ein großes Risiko für missbräuchliche Anwendung oder Suchtverhalten mit sich bringen.

Doch der Puls muss trotzdem nicht hochschnellen, wenn statt eines rosa Rezeptes ein gelbes Formular in die Apotheke kommt oder gerade niemand anderes Zeit hat, die BtM-Großhandelslieferung anzunehmen als man selbst. Letztlich sind all diese Vorgänge lediglich Routine im Apothekenalltag und früher oder später verinnerlicht. Das kann jedoch zu Leichtsinnigkeitsfehler führen – Stress und Zeitmangel gehören schließlich auch zur Apothekenroutine. Dieser letzte Repetitoriumsteil widmet sich daher praxisrelevanten Aspekten rund um den Betäubungsmittelverkehr innerhalb der öffentlichen Apotheke.

Das Abgabebelegverfahren Bevor ein BtM abgegeben werden kann, muss es erst einmal seinen Weg in die Apotheke finden. In der Regel werden die Präparate beim Großhandel bestellt. Sie kommen aber nicht gemeinsam mit den anderen Waren in einer verschlossenen Wanne, sondern separat, in einer Plastiktüte oder einem Kuvert; die Annahme muss persönlich erfolgen. Deswegen wird ein BtM auch nicht in der Nachtlieferung zu finden sein. Annehmen darf die Lieferung übrigens jedes Mitglied des Apothekenpersonals, es handelt sich um kein Privileg, das Apothekern oder Apothekeninhabern vorenthalten ist – diese Vollmacht kann auch vorab schriftlich fixiert werden. Das korrekte Vorgehen wird durch die BtM-Binnenhandelsverordnung (BtMBinHV) bestimmt und in diesem Fall durch ein vierteiliges Abgabebelegverfahren praktisch geregelt. Alle vier Teile werden durch den Großhändler gleichermaßen ausgefüllt. Die Formblätter enthalten:

  • die BtM-Nummer des Abgebenden sowie dessen Name und Anschrift (also des Großhandels),
  • die BtM-Nummer des Erwerbers sowie dessen Name und Anschrift (also der Apotheke),
  • PZN und Bezeichnung des Betäubungsmittels, Anzahl der Packungseinheiten des Betäubungsmittels sowie Darreichungsform und Gewicht des enthaltenen reinen Stoffes sowie das
  • Abgabedatum mit Unterschrift des Abgebenden.

Das Formblatt teilt sich auf in:

  • Teil I, die Abgabemeldung: muss innerhalb von sieben Tagen vom Großhandel an das BfArM zurückgeschickt werden. Hiermit wird die Abgabe eines BtM gemeldet.
  • Teil II, die Empfangsbestätigung: mit der Unterschrift bestätigt die Apotheke den Erhalt des BtM; wird spätestens zum nächsten Werktag zurück an den Großhandel geschickt.
  • Teil III, der Lieferschein: verbleibt in der Apotheke und dokumentiert den Erhalt des BtM.
  • Teil IV, das Lieferscheindoppel: behält der Großhändler bis die Empfangsbestätigung zurückgesendet wurde. Sollten Änderungen vorgenommen sein, können diese nachgetragen werden. Falls nicht, wird Teil IV verworfen und Teil II für drei Jahre aufbewahrt.

Das bedeutet, lediglich Teil II und III werden in der Apotheke zur Unterschrift vorgelegt und nur Teil III verbleibt zur Aufbewahrung für drei Jahre in der Apotheke. Und was passiert, wenn die Ware beschädigt ankommt, beispielsweise eine Morphinampulle beim Transport zerbrochen ist? Abweichungen müssen auf Teil II und III vermerkt werden, es muss kein Vernichtungsprotokoll angefertigt werden, das BtM ist ja noch gar nicht in der Apotheke angekommen. Mit Hilfe des korrigierten zurückgeschickten Teil II aktualisiert der Großhändler die Abgabemenge und meldet es an das BfArM.

Da Betäubungsmittel nicht nur auf Anforderung, also Kundenbestellung per Rezept, geordert werden können, sondern auch um Bestände zu pflegen, stellt sich die Frage der korrekten Lagerung in der Apotheke. Das Betäubungsmittelgesetz sagt hierzu: „Wer am Betäubungsmittelverkehr teilnimmt, hat die Betäubungsmittel, die sich in seinem Besitz befinden, gesondert aufzubewahren und gegen unbefugte Entnahme zu sichern.“ Ein Tresor hat sich hierfür etabliert, wiegt dieser unter einer Tonne, muss er in einer geeigneten Wand verankert werden. Kühlpflichtige BtM können in einem abschließfähigen Kühlschrank gelagert werden, wobei dieser dann ebenfalls in der Wand verankert sein muss. In der Praxis sind BtM in einem verschlossenen Kommissionierautomaten sicherlich vor dem Zugang durch Dritte sicher, doch entsprechen sie offiziell nicht der Definition laut Betäubungsmittelgesetz, da BtM damit weder gesondert gelagert werden, noch Kommissionierer Wertschutzräume darstellen.

Doku, Doku, Doku Mit dem Bestellvorgang hört der Papierkram allerdings noch nicht auf. Jede Apotheke – also auch Filialapotheke – muss für jedes Betäubungsmittel fortlaufende Aufzeichnungen über jeden Zugang und jeden Abgang sowie den aktuellen Bestand des BtM führen. Das kann mit Hilfe von Karteikarten, einem Betäubungsmittelbuch oder heutzutage natürlich auch digital erfolgen. Egal für welche Form sich Ihre Apotheke entschieden hat, es müssen immer folgende Angaben lückenlos und in chronologischer Reihenfolge dokumentiert sein:

  • Datum des Zu- oder Abgangs,
  • Bezeichnung des Stoffes oder des Arzneimittels,
  • Zugegangene beziehungsweise abgegangenen Menge und der sich daraus ergebende Bestand (bei abgeteilten Fertigarzneimitteln Stückzahl, bei Rezeptursubstanzen Gramm/Milligramm, bei flüssigen Zubereitungen Millilitern),
  • bei Zugang: Name oder Firma und Anschrift des Lieferers oder sonstige Herkunft,
  • bei Abgang: Name und Anschrift des Empfängers oder der sonstige Verbleib (z. B. Vernichtung),
  • bei Verschreibungen Name und Anschrift des Arztes plus Nummer des BtM-Rezeptes.

Empfehlenswert ist die Dokumentation im laufenden Betrieb, da Fehler oder Fragen früher bekannt werden, doch spätestens am Ende jedes Monats muss der Apothekenleiter die Eintragungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüfen und alles mit Datum und Unterschrift bestätigen. Die Nachweisführung sowie die Ein- und Ausfuhr-Dokumentation – eigentlich alles, was in der Apotheke mit BtM zu tun hat – werden wie die Formblätter für drei Jahre aufbewahrt.

Retoure und Weitergabe Auch bei BtM kann es vorkommen, dass ein Präparat falsch bestellt wurde oder nicht mehr gebraucht wird. Zunächst kann die Annahme in der Apotheke schlicht verweigert werden – zum Beispiel wenn das Arzneimittel nicht mehr benötigt wird. Auf der Empfangsbestätigung muss dann vermerkt sein, dass das BtM nicht angenommen wurde und die Lieferung unverzüglich wieder zurückgesendet werden soll. Ist das betroffene Präparat bereits im Besitz der Apotheke, muss bei der Retoure das Abgabebelegverfahren in umgekehrter Zuständigkeit erfolgen: Die Apotheke wird dann zum Lieferant und der Großhandel zum Empfänger.

Dabei darf die Rückgabe nur an den ursprünglichen Lieferanten erfolgen. Gleiches gilt für das Vorgehen bei dem Austausch von BtM zwischen Haupt- und Filialapotheke, dies ist nicht verboten. Doch da beide Betriebsstätten im BtM-Verkehr als separat zu betrachten sind (obwohl sie laut Apothekengesetz als eine Betriebsstätte mit nur einer Betriebserlaubnis gelten), muss auch hier das Abgabebelegverfahren und die entsprechende Dokumentation durchgeführt werden. Nicht erlaubt ist der Austausch zwischen Fremdapotheken, außer beide Apotheken verfügen über eine sogenannte Großhandelserlaubnis. Bei dieser Ausnahme ist auch dieser Transfer gestattet, wiederum unter Einhaltung des Abgabebelegverfahrens.

Reisen mit BtM

Innerhalb der Staaten des Schengener Abkommens ist die Mitnahme von BtM möglich, für jedes BtM muss aber eine vom Arzt ausgefüllte und von der obersten Landesbehörde beglaubigte Bescheinigung mitgeführt werden. Bei Reisen in andere Länder müssen die nationalen Bedingungen des jeweiligen Ziel- und Durchreiselandes berücksichtigt werden. Manche verbieten die Einfuhr sogar komplett – das Auswärtige Amt gibt dazu Auskunft.

Falls die Mitnahme ausgeschlossen ist, sollte geklärt werden, ob das BtM vor Ort in vergleichbarer Qualität beschafft beziehungsweise verordnet werden kann. Wollen Substitutionspatienten verreisen, ist das immer ein Sonderfall, denn häufig sind die Arzneimittel in anderen Ländern nicht erlaubt oder die Einfuhr aufgrund extremer Hürden schwer realisierbar. INDRO e.V. bietet auf ihrer Homepage Informationen zu weltweiten Reisebestimmung für Substitutionspatienten an.

Das BtM-Rezept Egal ob es sich um ein Tier, einen Patienten oder um Praxisbedarf handelt – ein Betäubungsmittel darf nur auf einem amtlichen dreiteiligen BtM-Rezept verordnet werden. Die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) regelt das Abgabeverfahren. Bei dem gelben, gut sichtbaren Deckblatt handelt es sich um Teil II der Verordnung, die zur Abrechnung mit der Krankenkasse in der Apotheke verbleibt. Handelt es sich um ein Privatrezept, bekommt der Kunde diesen Teil bedruckt und abgestempelt wieder mit. Blättert man weiter, stößt man hoffentlich nicht auf Teil III, denn dieser sollte sich zur Dokumentation beim Arzt befinden. Falls nicht, sollten Sie unverzüglich Kontakt mit dem verschreibenden Arzt aufnehmen und den Durchschlag nicht bedrucken.

Sie sollten eigentlich beim Umblättern auf Teil I stoßen. Ebenso wie Teil II wird Teil I mit allen Informationen zu dem abgegebenen Arzneimittel bedruckt und nach dessen Abgabe für drei Jahre zur Dokumentation aufgehoben. Seit März 2013 sind neue BtM-Rezepte mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen zum Schutz vor Fälschung im Umlauf. Ähnlich wie bei Geldscheinen können die Verordnungen unter der UV-Lampe auf Echtheit überprüft werden: Die gelbliche Farbe verändert sich und die schwarz eingedruckte Seriennummer erscheint grünlich-fluoreszierend. Bei genauem Blick mit der Lupe erkennt man ein feines geschwungenes Linienmuster, das sogenannte Guillochendesign.

Es handelt sich um randscharfe Linien, Fälschungen können hier viele kleine Punkte durch Laser- oder Tintenstrahldrucker aufzeigen. Neben den formalen Angaben, auf die Sie auch bei rosa Rezepten achten (Name und Anschrift des Patienten, Angaben zum Kostenträger, Name/Berufsbezeichnung/Adresse und Telefonnummer sowie Unterschrift des verschreibenden Arztes, eindeutige Angaben zum Arzneimittel), gibt es zusätzliche Merkmale, die überprüft werden sollten. Anders als andere Verordnungen ist ein BtM-Rezept nur sieben Tage nach Ausstellungsdatum (7+1-Regel) gültig. Bei der Angabe zum Arzneimittel ist zudem größere Genauigkeit gefragt: Es muss eindeutig erkennbar sein, welcher Arzneistoff, in welcher Menge (Milligramm oder Milliliter) beziehungsweise genauer Stückzahl (Angabe der N-Größe ist nicht ausreichend) und in welcher Darreichungsform abgebeben werden soll.

Bei transdermalen Systemen muss auch immer die Beladungsmenge und die Freisetzungsrate angegeben werden, sofern diese nicht aus dem Firmennamen hervorgehen. Bei Nasensprays muss die Wirkstoffmenge pro Hub festgelegt sein, sowie die Gesamtmenge des Sprays. All diese Angaben sind auch wichtig zur Einhaltung geltender Rabattverträge, es darf keine durch Rabattverträge bedingte Abweichung geben, die Verschreibung muss eingehalten werden. Zusätzlich sollte eine Zulassung für das gleiche Indikationsgebiet vorliegen und bei Retardformulierungen die Applikationshäufigkeit (z. B. kein Austausch von 1 x/Tag gegen 2 x/Tag) berücksichtigt werden.

Die Wirkstoffe Buprenorphin (als Transdermales Pflaster), Hydromorphon (als Retardtabletten) und Oxycodon (als Retardtabletten) stehen auf der Substitutionsausschlussliste und sind dementsprechend vom Austausch ausgeschlossen. Eine Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesdosen ist obligatorisch, bei Angabe von „gemäß schriftlicher Anweisung“ sollte der Kunde auch über eine solche verfügen. Die Angabe „Bei Bedarf“ oder „alle drei Tage“ genügt nicht. Ansonsten können auf BtM-Rezepten bis zu drei Positionen vergeben werden, dabei darf ein BtM auch mit einem Nicht-BtM verordnet werden. Gerade bei Opioiden, deren Einnahme mit Obstipation einhergehen kann, ist es gängige Praxis, als Comedikation Lactulose oder Macrogole gemeinsam mit dem BtM zu verordnen. Es gibt aber hierfür keine festen Regelungen – Bisoprolol könnte an dieser Stelle genauso stehen. Wichtig ist nur, dass dies gemeinsam mit einem BtM geschieht.

Buchstabensalat Nicht, dass ein BtM-Rezept per se schon etwas Besonderes wäre, es gibt innerhalb dieser Rezeptsorte noch weitere Besonderheiten. So können sich zusätzlich zu den erforderlichen Angaben noch die Buchstaben A, S, N, Z und K auf dem Formular befinden: A wie Ausnahme: Laut BtMVV darf ein Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt innerhalb von 30 Tagen für jeden Stoff nur eine bestimmte Menge verordnen. Überschreitet ein Arzt oder Tierarzt, nicht jedoch ein Zahnarzt, diese festgelegte Menge, ist dies nicht verboten, es muss aber zwingend mit einem „A“ gekennzeichnet werden. Dies muss auch beachtet werden, wenn ein zweites Rezept innerhalb der 30 Tage abgegeben wird, die Regelung bezieht sich nicht nur auf die Angabe auf einer Verordnung.

S wie Substitution: Im Rahmen einer Substitutionstherapie muss ein „S“ auf das Rezept aufgebracht sein. SZ wie Sichtbezug: Wird das Rezept von einem Patienten persönlich eingelöst, der seine Substitutionstherapie normalerweise unter Sichtbezug einnimmt, beispielsweise weil er den Bedarf für ein Wochenende oder über Feiertage braucht (max. 5 Tage), wird zusätzlich ein „Z“ auf dem Rezept vermerkt. ST wie Substitution Take-home: Ein Substitutionspatient, der als stabil in der Therapie gilt, bekommt seine Medikamente zur eigenverantwortlichen Einnahme mit nach Hause, für Urlaube bis zu maximal 30 Tage. N wie nachgereicht: Haben Sie schon einmal eine Notfallverschreibung in Händen gehalten? Der Arzt musste rasch ein BtM für einen Patienten verschreiben, hatte aber kein BtM-Rezept zur Hand.

In diesem Fall darf er ein normales Rezept verwenden, dies als Notfallverordnung kennzeichnen und muss ein entsprechendes BtM-Rezept schnellstmöglich bei Ihnen nachreichen. Dieses nachgereichte Rezept trägt dann ein „N“. Das bedeutet, die Verordnung darf nicht beliefert werden, sie wird gemeinsam mit der Notfallverschreibung abgelegt. K wie Kauffahrtschiff: Ja, auch ein Passagier oder Matrose an Bord braucht vielleicht einmal ein BtM. Falls kein Arzt an Bord ist, darf das BtM übrigens durch den Kapitän verabreicht werden. Die Belieferung ohne die entsprechende Bemerkung, sollte diese erforderlich sein, ist nicht erlaubt und kann zu Retaxationen führen, aber zum Glück darf man in gewissem Umfang auch bei BtM-Rezepten „heilen“.

Ohne Rücksprache dürfen in der Apotheke alle Angaben zum Patienten und zum Kostenträger korrigiert beziehungsweise ergänzt werden. Alle anderen Änderungen bedürfen einer vorherigen Rücksprache. Dies ist auch aus einem weiteren Grund wichtig: Der Arzt muss alle falschen oder fehlenden Angaben auch auf seinem Teil (Teil III der Verordnung) ergänzen und mit Datum und Unterschrift abzeichnen. Dazu zählen beispielsweise eine fehlende oder unvollständige Gebrauchsanweisung oder auch ein fehlendes „A“ bei Höchstmengenüberschreitung.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/19 ab Seite 92.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

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