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Marketing

BERATUNG IST TOLL!

Immer wieder hört und liest man, wie wichtig die ausführliche Beratung in der Apotheke ist. Sehe ich auch so! Aber bitte erst zuhören, bevor Sie loslegen und Kunden mit Ihrem Engagement „überfrachten“.

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In einem späten Freitagnachmittag klingt die Arbeitswoche aus mit Hausarbeit und Heimwerkerarbeit. Plötzlich ein lautes Fluchen aus dem Keller: Mein Mann hat sich bei seiner Tätigkeit geschnitten. Nichts Bedrohliches, aber es blutet und die Pflaster, die sich in der Hausapotheke finden, passen nicht.

Hilfe bei Verletzung? Also radele ich rasch zur Apotheke um die Ecke . „Mein Mann hat sich in den Daumen geschnitten, ich brauche Pflaster, etwa sooo groß“.

„Ah, da habe ich was tolles Neues für Sie, einen Moment“ – die Mitarbeiterin verschwindet nach hinten und lässt mich etwas verdutzt zurück. Auf heißen Kohlen stehe ich in der Offizin, den blutenden Daumen meines Mannes immer deutlich vor dem geistigen Auge.

Produktshow Sie kommt dynamisch zurück an den HV-Tisch und präsentiert mir eine recht umfangreiche Produktpalette: „Hier gibt es jetzt ein Pflaster, das kann xy – und dies hier kann yx – und dieser Hersteller bietet jetzt yxc an und schauen Sie mal hier, das kann es auch noch, jetzt sogar mit hübschen kindgerecht bunten Motiven.“

Meine Signale „Ich brauche jetzt rasch ein Pflaster in passender Größe, mein Mann blutet!“ müssen erst energisch werden, ehe ich die Standardware in richtiger Größe erhalte und bezahlen darf. Leicht genervt verlasse ich die Apotheke und fahre nach Hause, meinen Mann „verpflastern“.

Was war falsch gelaufen? Dabei kreisen meine Gedanken noch um das gerade Erlebte: Das war eine typische Situation, in der der Beratungswille des Apothekenteams beim Kunden als „unbedingt-was-Teures-verkaufen-wollen“ ankommt. Aber bestimmt nicht, weil die PTA mir wirklich unbedingt etwas Teures verkaufen wollte. Ich hatte – mit etwas Abstand betrachtet – eher das Gefühl, sie freute sich über die Gelegenheit, einmal ihr ganzes Angebotsspektrum an Pflasterneuigkeiten demonstrieren zu können und ihr Wissen rund um Wundversorgung an die Frau zu bringen.

Darüber war ihr ganz entgangen, dass ich einen akuten Anwendungsfall geschildert hatte und rasche Hilfe, keine umfangreiche Produktinformation benötigte. Sie schoss mit ihrer Beratung über das Ziel hinaus.

Beratung braucht Aufmerksamkeit Das Beispiel hat mir wieder gezeigt, wie wichtig richtiges Zuhören ist und auch aufmerksames Hinschauen. Denn nicht nur meine Formulierung „Mein Mann hat sich geschnitten, ich brauche …“ mit direktem Bezug zu einem aktuellen Fall, war der PTA entgangen. Auch meine unruhige Körpersprache hätte ihr verraten können, dass es ein ungünstiger Zeitpunkt für eine ausführliche Produktpräsentation war.

Beratung blickt auf Problemlösung Letztlich komme ich in die Apotheke weder wegen guter Ratschläge (… sind auch Schläge …), noch um eine tolle Produktshow zu bekommen. In letzter Konsequenz möchte ich ein Problem gelöst bekommen. Ihre Herausforderung als PTA ist es, zu ergründen, wie dieses Problem genau lautet.

Nicht immer äußern sich Kunden präzise. Dann fragen Sie doch ruhig erstmal nach, ob beispielsweise die Frage nach einem Pflaster abzielt auf ‚Passendes Pflaster für aktuellen Fall‘ oder ‚Auffüllen der Hausapotheke, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein‘. Dann gelingt es Ihnen ganz sicher und leicht, den Kundenwunsch zu erfüllen und sein Problem überzeugend zu lösen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/14 auf Seite 30.

Verena Gertz, Marketingfachfrau

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