© targovcom / iStock / Getty Images

Wellness

BADEKULTUR WIE AUS 1001 NACHT

Entspannen und sich nach orientalischer Zeremonie von Kopf bis Fuß reinigen und massieren lassen: Ein Besuch im türkischen Dampfbad ist ein luxuriöses Vergnügen – ein Hauch von 1001 Nacht inbegriffen.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Hamam – das klingt ein wenig mystisch und märchenhaft. Und für viele Westeuropäer ist es in der Tat ein kleines Wellness-Abenteuer, sich auf die orientalische Badezeremonie einzulassen. Doch Hamam-Baden auszuprobieren, ist in mehrfacher Hinsicht ein spannendes Erlebnis: Man bekommt einen guten Einblick in die traditionelle morgenländische Badekultur und wird zudem mit blitzblanker Haut und einem herrlich-entspannten Körpergefühl belohnt. Die Kombination aus Dampfbad, sinnlichen Düften, reinigender Rubbelkur und üppiger Schaummassage spült den Alltagsstress ab, lockert die Muskulatur, regt die Durchblutung an und sorgt für einen freien Kopf.

Kein Ort der Stille Dampfbaden wie in 1001 Nacht ist weit mehr als ein moderner Wellness-Trend. Schließlich hat sich die orientalische Bade- und Körperkultur über viele Jahrhunderte entwickelt. Hamams erfreuten sich schon bei den Osmanen größter Beliebtheit. Einige der ältesten und schönsten Badehäuser befinden sich in Istanbul und Anatolien. Aufgrund des strengen Reinlichkeitsgebotes des Islam diente der Hamam-Besuch den Muslimen ursprünglich zur Reinigung von Körper und Seele vor dem Gebet.

Auch wenn Badezimmer in der eigenen Wohnung den öffentlichen Badehäusern längst den Rang abgelaufen haben, so wird das Ritual in der Türkei und in vielen Ländern der arabischen Welt dennoch bis heute gepflegt. Dabei dient Hamam-Baden nicht nur der Körperpflege. Vielmehr ist das Badehaus im Orient seit jeher auch ein beliebter Kommunikationstreffpunkt. Hier kommen Männer und Frauen – im klassischen Dampfbad immer strikt nach Geschlechtern getrennt – zusammen, um sich in entspannter Atmosphäre auszutauschen und zu sinnieren. Ganz klar: Im Gegensatz zur Sauna, die ein Ort der Stille ist, darf im Hamam geschwatzt, getratscht und politisiert werden.

Orientalisches Flair inklusive Mittlerweile haben sich Hamams auch bei uns etabliert. Klassischerweise sind die Wellness-Tempel authentisch im arabisch-orientalischen Stil gebaut und eingerichtet: Ornamentale Mosaike, bunte Fliesen und bezaubernde Marmorbecken sorgen für ein morgenländisches Flair. Geschätzt wird Hamam-Baden von westlichen Wellness-Freunden zur Entspannung, Entschleunigung und nicht zuletzt auch, um der Schönheit auf die Sprünge zu helfen. Denn so manche Anwendung gleicht einer kleinen Verjüngungskur. Der Hamam-Besuch beginnt im Umkleideraum, dem Camekan. Hier wickeln sich die Gäste das typische Hamam-Tuch, Pestemal genannt, um den Körper – Männer bedecken damit die Lenden, Frauen den Rumpf.

Im Vergleich zum herkömmlichen Badetuch ist das karierte Baumwoll- oder Leinentuch wesentlich leichter und deshalb gut geeignet für den Aufenthalt im feucht-warmen Schwitzraum. Weiter geht es ins Hararet, das eigentliche Dampfzimmer. Nach der rituellen Waschung, bei der der Besucher mit einer Kupferschale (Tas) Wasser aus einem Becken schöpft und sich damit von Kopf bis Fuß übergießt, ist Abschalten auf einem warmen Steinpodest angesagt. Wer sich auf den heißen Nabelstein legt, spürt schon bald, wie die Muskeln entspannen, der Geist zur Ruhe kommt und die Wärme die Hautporen öffnet. So werden ideale Voraussetzungen für die folgenden Anwendungen geschaffen.

Wolke aus Schaum Jetzt ist es an der Zeit, das erste Highlight des Hamam-Besuchs zu genießen: ein Körperpeeling mit einem Massage-Handschuh (Kese) aus Seide oder Ziegenhaar. Während sich der Gast behaglich auf der warmen Steinliege entspannt, wird die Haut von fachkundigen Händen von abgestorbenen Hautschüppchen befreit, porentief gereinigt und die Durchblutung angekurbelt. Aufs Peeling folgt gleich das nächste Wellness-Erlebnis: die traditionelle Schaummassage.

Mit Seife und großen Stofftüchern schlägt der Hamam-​Meister himmlisch duftende Schaumberge auf, in denen die Besucher förmlich versinken. Und dann beginnt die Massage. Gut zu wissen: Männer werden im Herren-Hamam von einem Bademeister (Tellak) gereinigt und massiert, bei Frauen übernimmt die Badefrau (Natir) diese Aufgaben. Mit blitzblanker Haut und gründlich durchgekneteten, lockeren Muskeln geht es schließlich zur Regeneration in einen kühleren Ruheraum. Hier werden die Gäste mit türkischem Tee, Wasser oder Ayran, einem salzigen Joghurtgetränk, verwöhnt.

Entspannendes Erlebnis Nach einem Hamam-Besuch – mit Wärme, Dampf, Beauty-​Programm und durchblutungsfördernden Anwendungen – fühlen sich viele Wellness-Fans wie neugeboren. Und da im Vergleich zur finnischen Sauna, in der es mit etwa 90 Grad Celsius sehr heiß zugeht, im Hamam eher milde Temperaturen herrschen, gilt das türkische Dampfbad als kreislaufschonender. Trotzdem sollten unter anderem chronisch kranke Menschen und Schwangere mit ihrem Arzt klären, ob ein Hamam-Besuch erlaubt ist.

Bei Fieber, akuten Infektionen und bestimmten Hauterkrankungen, bei denen Peelings tabu sind, kommt der Aufenthalt im orientalischen Badehaus nicht infrage. Wer selbst einmal Lust auf einen Wellness-Tag im Hamam hat, sollte sich im Internet über geeignete Wellness-Tempel in Wohnortnähe informieren. Der Anbieter sollte auf seiner Homepage möglichst detailliert erklären und zeigen, was genau den Besucher erwartet. Denn jedes „westliche Hamam“ hat natürlich auch ganz individuelle Räumlichkeiten, Baderituale und Wohlfühl-Angebote.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/19 ab Seite 68.

Andrea Neuen, Freie Journalistin

×